Was ist der grösste Unterschied zwischen der bürokratischen Geschäftswelt und der Landwirtschaft? Und ich meine nicht die Hochglanz-Fenacogebäudlichkeiten, ein steriles Saatgutlabor oder ein netter Bio-Märitstand in Bern. Wir vergleichen hier einen «hundsgewöhnlichen» Bauer (ich darf das sagen, weil ich dieser Gattung selber angehöre) mit einem «hundsgewöhnlichen» Geschäftsmann (das darf ich wahrscheinlich nicht sagen, aber man muss ja immer Gleiches mit Gleichem vergleichen). 

Ich nehme es vorne weg: der Umgangston. 

In der Geschäftswelt muss alles formell sein, damit es korrekt ist. «Guten Tag Herr X, gerne möchte ich mich erkundigen…» et cetera, et cetera. Beim «Bure» kann es auch einmal informell werden (wenn Sie wissen, was ich meine) und die Sache ist dennoch korrekt. «Sälü Fridu! Hesch du dr Kipper scho bracht? No nid? Auso steusch mir ne när no häre? Iu, tiptop merci». Beispielsweise. Sie sehen, was ich meine. 

Direkt und ehrlich

Der Umgang zwischen Bauern ist auch direkter und dadurch ehrlicher, wage ich einmal zu behaupten. Ist einer «e Dumme Löu», weil er einem Fahrzeug eine Delle eingefahren hat, dann kann man das sagen, und trotzdem miteinander Znüni nehmen und alles ist vergessen und verziehen. Da sieht es in der virtuellen Email-Welt schon etwas anders aus. Dort ist die Unterhaltung sehr schnell durch einen dezent vorwurfsvollen Unterton gefärbt: «Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass…», oder «vermutlich ist es Ihnen entgangen, dass…». Diese Dynamik entsteht, weil man den Empfänger oder Absender dieser Nachrichten in den meisten Fällen nie persönlich getroffen hat - der «Senden»-Knopf, ist die einzige Verbindung zum Gegenüber, der sich hinter einer abstrakten E-Mailadresse verbirgt. 

Das Buchstaben-Drama ist entfacht

Wenn man nicht rechtzeitig daraus aussteigt, entstehen regelrechte Buchstaben-Kriege. Aber alles, was man über sein virtuelles Gegenüber weiss, ist seine E-Mailadresse - und seine Telefonnummer. 

Deshalb rufe ich meinen E-mailern und E-mailerinnen manchmal lieber an, statt wunderbare Sätze zu basteln, die meine Bitte oder meine Antwort eigentlich so stark verschleiern, dass ich manchmal selber nicht mehr weiss, worum es eigentlich ging. 

Und plötzlich versteht man sich

Während einem Telefonat scheint dann meistens alles klar und gesittet zu sein. Keine Dramas, keine unterschwelligen Vorwürfe oder provozierenden Sätze mehr. Man versteht sich plötzlich. 

Einmal mehr zeigt es sich, was alles möglich ist, wenn man miteinander spricht, statt seinen Fingern im Zehnfingersystem freien Lauf zu lassen. 

Das ist etwas, dass die Bauern schon längst begriffen haben. 

Darum: «Schöne Hinech u heit Sorg». Oder für die Welt der E-mails: Freundliche Grüsse, Sera Jane. 

Sera ist im Hinterland von Schwarzenburg aufgewachsen, wohnt in Bern und arbeitet als Redaktorin bei der BauernZeitung. In ihrer Serie erzählt die Agronomin von den Unterschieden zwischen der bodenständigen Lebensart, die sie beim «Bure» erlebt und dem ganz anderen Leben in der Stadt.

Dieses Spannungsfeld und die Gegensätze zeigt sie auch in ihrem Instagram-Profil auf. Schauen Sie rein.