Es herrscht emsiger Betrieb vor und im Hofladen des Gemüsebaubetriebs Gutknecht in Ried bei Kerzers an diesem Donnerstagmorgen. Ein aufgestellter und wortgewandter Pascal Gutknecht führt durch den Laden. Er ist einer der drei Betriebsleiter der Gemüse-Betriebsgemeinschaft. Es wird Gemüse im Freiland und im Gewächshaus produziert –konventionell wie auch in Bioqualität (siehe Betriebsspiegel). Tomaten und Gurken aller Art sind die Spezialität. Jeder der Betriebsleiter hat sein Schwerpunktgebiet. Pascal Gutknecht ist zuständig für Verkauf und Marketing, Bruno Gutknecht ist Gewächshausspezialist und Thomas Etter kümmert sich um Bio- und Freilandanbau. Auf den ersten Blick ist die Besonderheit des Hofladens, der Verkauf von 2. Klassware, nicht erkennbar. Ein grosses Sortiment an Tomaten fällt vielleicht auf, da ein überdimensionales, aus Tomaten
geformtes Herz zentral in der Gemüseauslage prangt.
Zeigen wie Gemüse wächst
Das Verkaufspersonal ist freundlich und mit Herzblut bei der Sache. Man passiert eine Gewächshausfassade, Maschinen und Traktoren in allen Grössen und Ausführungen, bevor man beim Ladeneingang ist. Vor dem Eingang und im Laden, wird mit Regionalität und Saisonalität geworben. Den Kundinnen und Kunden wird so gezeigt, wie und wo das Gemüse wirklich wächst. Über 50 Firmen, Vereine und Schulen besuchen den Betrieb Gutknecht Gemüse pro Jahr. Regelmässig komme auch eine Hauswirtschaftslehrerin aus der Region mit ihren Schülerinnen und Schülern in den Hofladen. Sie zeigt vor Ort, was regionales und saisonales Gemüse ist.
Prägendes Erlebnis
2007 hatte Pascal Gutknecht ein Erlebnis, das ihn und die Betriebsstrategie nachhaltig geprägt hat. Er bekam bei einem Gemüsezwischenhändler mit, wie eine ganze Ladung in Plastik eingeschweisste Gurken aus Spanien dem Endkunden nicht genügte. Ein paar Gurkenexemplare erfüllten das gewünschte Endgewicht von 400 bis 500 Gramm knapp nicht. Die Gurken wurden in die Kehrrichtverbrennungsanlage gefahren. «Ein absoluter Stumpfsinn, da so 97 Prozent Wasser verbrannt werden», meint Gutknecht. Pascal Gutknecht wollte da etwas ändern und hatte die Idee mit der Direktvermarktung von nicht ganz einwandfreiem Gemüse. 2. Klassware erfüllt die Normen des Handels nicht. Dieser beruft sich darauf, dass der Kunde solches Gemüse und Obst nicht will. Doch die Kunden können fast nicht wählen, da beinahe keine Möglichkeiten bestehen, solches zu kaufen. «Der Vertrieb von 2. Klassware hat wie ein kleiner ‚türkischer Basar’ bei uns gestartet. Zuerst kamen nur ein paar Freunde und Nachbarn, dann hat es sich herumgesprochen», meint der Gemüseproduzent. Preis und Leistung würden bei solchen Produkten stimmen. Auch Händler haben von Gutknechts Engagement gehört und melden sich bei Falschlieferungen wegen Kalibrierungsfehlern oder Falsch-Etikettierungen. Das ist eine Win-win-win-Situation: Guter Preis für Gutknecht, guter Preis für den Kunden und einen kleineren Verlust für den Händler. Auch auf dem eigenen Betrieb fällt 2. Klass-Gemüse an. Krumme Gurken etwa, die an der Pflanze entfernt werden müssen, da sonst zu viel Energie in das unvollkommene Produkt fliesst. Anstatt die krumme Gurke zu ernten und zu kompostieren, kann sie auch gleich in den Verkauf gebracht werden – denn in die Hand genommen wird sie sowieso.
Basar professionalisieren
So entschied sich der Betrieb Gutknecht, den «Basar» zu professionalisieren. Im April 2014 wurde der 200 m2 Hofladen eröffnet. Seite an Seite werden erstklassige Ware und zweite Qualität von Obst und Gemüse verkauft. Wie viel Tonnen vom Umsatz im Laden 2. Klassware ist, konnte Pascal Gutknecht nicht nennen.
Die Vermeidung von Food Waste, auf Deutsch Lebensmittelverluste oder –verschwendung, ist kein reines Gutmenschentum. Sie generiert Aufmerksamkeit in den Medien und kann auf den eigenen Kommunikationskanälen wie Facebook und Instagram verbreitet werden. Ganz im Sinne: «Tue Gutes und sprich darüber». «Vermarktung von 2. Klass-Gemüse ist cool und hat Potenzial», ist Pascal Gutknecht überzeugt.
Esther Thalmann
Weitere Informationen:
www.gutknecht-gemuese.ch
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