Bereits ein halbes Jahr werden die Zollkontingentsimporte bei Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden nach der Zahl der geschlachteten Tiere zugeteilt. Zeit, um ein Fazit zu ziehen.
Für Stefan Seiler von der Bell AG hat das neue System den Vorteil, dass Importe besser planbar seien. Heute habe er die Gewissheit, dass er 40 Prozent der Importe nach der Zahl der Schlachtungen erhalte, die Bell getätigt habe, und nur bei den 50 Prozent, die er steigern müsse, bestehe eine Ungewissheit.
Für Samuel Graber, Präsident des Schweizer Kälbermäster-Verbands, ist es noch zu früh, um ein Fazit zu ziehen. Graber sieht im neuen Importsystem einen Vorteil, um nicht zur Mast geeignete, 50-tägige Kälber zu schlachten. «Es gibt je geschlachtetes Kalb gleich viel Importanteile wie für eine Kuh», weiss er.
Diskussion um Kalbfleischfarbe schadete
Hans Rösti ist Präsident der Interessengemeinschaft für öffentliche Märkte. Er beurteilt das neue Importsystem als positiv, aber auch das kleine Viehangebot verhelfe zu guten Preisen. Beim Kalbfleisch hätten sich die Diskussionen um die Kalbfleischfarbe leider negativ auf den Kälbermarkt ausgewirkt, analysiert er.
Martin Rufer vom Schweizer Bauernverband stimmt Rösti zu. Die tiefen Kälberpreise seien das Resultat des andauernden Streits über die Kalbfleischfarbe, und deshalb komme die positive Wirkung des neuen Importsystems bei den Kälberpreisen zu wenig zum Tragen, bedauert er. Leider hätten die gegenseitigen Schuldzuweisungen das Klima zwischen Verwertern, Bauern und Tierschutz das Klima so sehr verschlechtert, dass der Handel keine Lust mehr verspüre, das Kalbfleisch offensiv zu bewerben.
«Dazu kommt noch die Umstellung der IP-Suisse-Kälber auf RAUS mit dem Resultat, dass die Micarna IPS-Kälber sucht, während die Bankkälber, die nicht mehr ins IPS-Programm passen, den QM-Markt belasten», bilanziert Rufer. Um den Kälbermarkt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, werde die Branchenorganisation Proviande einen runden Tisch einberufen, der neue Lösungen für den Kalbfleischmarkt suchen und finden müsse. Bei Rind und Lamm ist Rufer zufrieden dank neuem Importsystem, bescheidenem Angebot und dem Vertrauen der Konsumenten ins Schweizer Fleisch.
Laut BLW ist der Markt entscheidend
Niklaus Neuenschwander, Leiter Fachbereiche Tierische Produkte und Tierzucht beim Bundesamt für Landwirtschaft, meint zum neuen Importsystem: «Produzentenpreise hängen von einer optimalen Ausrichtung des Angebots auf die Nachfrage ab. Das war 2015 beim grossen Schlachtvieh und bei den Schafen der Fall, und entsprechend gut sind die Produzentenpreise. Die Art der Verteilung der Zollkontingente ist für das Marktgeschehen eher sekundär.»
Hans Rüssli