Sie strecken ihre zierlichen Wipfel aktuell noch draussen in der Kälte gegen den Himmel. In Reih und Glied stehen sie mit ihrem bescheidenen, grünen Nadelkleid geschmückt zu hunderten auf dem Feld. Bald aber schon zieren farbige Kugeln und Kerzen ihre Äste und verströmen damit eine festliche Stimmung in unseren Stuben: die Weihnachtsbäume auf dem Luderhof in Bütikofen bei Kirchberg BE.
Auf dem Betrieb sind alle 8 Mitarbeiter emsig bei der Arbeit. Von Kopf bis Fuss dick eingekleidet und geschützt gegen die klirrende Kälte. Eine Bestellung für den Weihnachtsmarkt Huttwil muss sofort raus.
Da packt auch der Chef mit an: Hans-Peter Luder, der den Betrieb von seinem Vater übernommen hat und diesen seit 31 Jahren führt. Er spitzt den Stumpf der Bäume mit der Motorsäge an, dann werden sie in weisse Netze gepackt und landen schwungvoll auf dem Anhänger eines Traktors. Ab geht's.
Schnaps hilft gegen die Kälte
Jetzt Ende November ist Hochsaison. Die Zeit für einen Kaffee im Pausenraum muss trotzdem reichen. Kurz die Hände aufwärmen, für die innere Wärme sorgt ein Schluck "Luder-Geist", hausgemachter Schnaps aus Quitten und Birnen. "Heute ist es zwar kalt, aber trocken", meint Hans-Peter Luder scheinbar erleichtert. Er äussert Mitgefühl für seine Mitarbeiter, die auch bei grösstem Regen oder Schneefall draussen im Einsatz sind.
Der Bauer übernahm den Betrieb 1984 als vor allem Rottannen populär waren. Sein Grossvater pflanzte die Weihnachtsbäume damals noch im Wald an. Ein Fressen für die Rehe. Grund weshalb Hans-Peter Luder dann auch auf dem Feld anzupflanzen begann und auf die heute so beliebte Nordmannstanne setzte. Ohne jegliche Erfahrung.
Das führte mitunter zu schmerzlichen Verlusten. Er erlebte, dass von 1'000 gesetzten Bäumen nur 20 zu schönen Bäumen wuchsen. "Heute ist das anders", meint er, "heute gibt es Fachausbildungen bei der IG Suisse Christbaum dafür".
Keine Bundesgelder mehr
Hans-Peter Luder ist Mitglied der erwähnten IG Suisse Christbaum, der Interessengemeinschaft der Christbaumproduzenten in der Schweiz. Die 230 Mitglieder der IG haben sich zum Ziel gesetzt, den Anbau eines marktgerechten und qualitativ hoch stehenden Christbaumsortiments zu fördern. Zudem kämpfte die Interessensgemeinschaft um die Wiedereinführung der im Jahr 2014 gestrichenen Subventionen für Christbaumplantagen in der Schweiz. Vergeblich, sagt IG-Präsident Philipp Gut.
Mit der neuen Agrarpolitik wurden die Christbaumplantagen von der Liste der Zahlungsempfänger gestrichen, weil sie nicht der Versorgung dienen. Konkret fallen damit laut Gut jährlich 900 Franken pro Hektare an Unterstützung für die Bauern weg. Ein einschneidender Entscheid vor allem für diejenigen Landwirte, die voll auf den Anbau von Weihnachtsbäumen gesetzt haben. Der Mut der Landwirte zu Innovation, zu neuen Ertragsmöglichkeiten werde damit bestraft, meint Philipp Gut.
Hans-Peter Luder vom Luder-Hof in Bütikofen trifft dieser Entscheid des Bundes auch, aber weniger hart. Er hat mehrere Standbeine. Neben der Weihnachtsbaumplantage betreibt er Munimast, Waldwirtschaft, verkauft Zubehör für Christbaumplantagen und bietet einen Eventraum für Familien- und Firmenessen an.
Schweizer Bäume sind ökologischer
Rund 1,2 Millionen Weihnachtsbäume werden in der Schweiz jährlich verkauft. 40-45 Prozent beträgt der Anteil aus Schweizer Produktion. Eine rotgelbe Banderole mit der Aufschrift IG Suisse garantiert für die Herkunft und Qualität des Baumes. Der Vorteil eines Schweizer Baumes ist für den Weihnachtsbaumproduzenten Luder klar: Dank kurzen Transportwegen komme er so frisch wie kein anderer zum Kunden und halte deshalb auch länger. Die aus dem Norden importierten Bäume müssen in Kühlhäusern zwischengelagert werden.
Zudem sei ein Baum, der in unseren Gefilden heimisch ist, weniger anfällig auf Krankheiten oder hohe Temperaturen, sagt Luder. Die Nordmannstanne ist nach wie vor der Spitzenreiter unter den Weihnachtsbäumen. Erhältlich zum Meterpreis von 30.- Franken. Sie bleibt lange frisch und besonders der dichte Nadelwuchs ist bei den Kunden sehr beliebt.
Ab aufs Feld
Auf dem 7 Hektar grossen Feld und auf der 5 Hektar grossen Waldfläche des Luderhofs wachsen nebst der Nordmannstanne noch andere Tannen prächtig heran. Weisstannen, Rottannen, Blautannen, Korktannen, Korea-Tannen oder serbische Fichten. Eine Tanne in einem oliven Grünton mit ganz stacheligen Nadeln.
Der Sohn von Hans-Peter Luder, Thomas Luder, geht zwischen den Bäumen hindurch. Kleine, grosse, dünne, buschige. Die Plantage bietet auch Hasen und Vögeln Unterschlupf. Jeder 10. Baum beherbergt ein Vogelnest. Vogelstäbe direkt neben dem Baum angebracht verhindern, dass die Vögel die Wipfel von jungen Sprösslingen beschädigen. Die grössten Risiken der Weihnachtsbaum-Plantage sind aber Hagel, Frost oder zu grosse Hitze, wie eben die Temperaturen im letzten Sommer. Da kann es schon passieren, dass die grünen Nadeln gelb werden.
Esther Burri, die Lebenspartnerin von Hans-Peter Luder, hegt und pflegt die Bäume unter dem Jahr. Sie stutzt die Bäume so zurecht, dass sie schön in die Form wachsen. Sie mag das schöne Naturprodukt in seiner perfekten Form. Ihre grösste Freude ist aber, wenn Kunden einen Baum kaufen, der nicht makellos herangewachsen ist und nach einem fragen, der noch kein Plätzchen in einer warmen Stube gefunden hat. Dies geschieht vor allem bei Verkäufen ab Hof und bei IKEA in Lyssach. Die Engros Kunden wie Coop, Wyss Gartencenter haben klare Richtlinien und Wünsche, die es zu erfüllen gilt.
Weihnachtsbaummärit
Der Höhepunkt auf dem Luderhof ist der Weihnachtsbaummärit. Rund um das Wochenende vom Freitag, 18. Dezember bis Sonntag, 20. Dezember müssen auf dem Hof alle Kräfte mobilisiert werden. Denn an diesem Wochenende wechseln rund 1'500 Christbäume den Besitzer. Diesen Event bewältigt Hans-Peter Luder nur mit einer Erweiterung seiner Equipe.
Ihn freut's, dass jedes Jahr ehemalige Lehrlinge samt ihren Freundinnen anpacken helfen. Das Team quillt für den Anlass auf 30 Personen an. Vor dem Hof entsteht dann eine richtige Gasse mit bereitliegenden Bäumen. Es gibt eine Festwirtschaft samt Bar, Bratwürste landen auf dem Grill. Die Gelegenheit den hausgebrannten Schnaps, den Luder-Geist zu verkaufen. Aber auch andere Produkte wie Honig, Moderschmuck, Holzspielsachen, Glismets oder Kosmetikprodukte werden an Ständen angeboten. Und dann weihnachtet es schon sehr…
Lis Eymann, lid