Eidechsen, Schmetterlinge oder Bienen: Um die Existenz vieler Tier- und Pflanzenarten steht es schlecht in der Schweiz. Doch alle können zu einer Förderung der Biodiversität beitragen, sogar mitten in der Stadt.
Als ein Paradebeispiel dafür, wie Biodiversität auch im Siedlungsraum verbessert werden kann, gilt die Gärtnerei am Bundesrain in Bern. Mitten im Stadtzentrum schafft der Hang gleich unterhalb des Bundeshauses Raum für diverse Tier- und Pflanzenarten - eine Oase nahe dem Stadtzentrum.
"Bei unseren Trockensteinmauern hat es sehr viele Eidechsen, aber auch Wildbienen, Käfer, Spinnen, Ameisen sowie verschiedene Schmetterlinge und Vogelarten leben auf dem Gelände", sagt der Leiter der Bundesgärtnerei, Peter Gabi, über die dortige Vielfalt. Siedlungen könnten wichtige Unterschlüpfe für Arten bieten, die ihren natürlichen Lebensraum verloren haben.
Zum Internationalen Tag der Biodiversität vom (morgigen) Dienstag ermuntert der Bund die Bevölkerung, einen Beitrag zur biologischen Vielfalt zu leisten. "Wer über einen Garten verfügt, kann mit einer naturnahen Gestaltung und schonenden Pflege Platz für Pflanzen und Tiere schaffen", schreibt das das Bundesamt für Umwelt (BAFU).
Wildblumen statt Wembley-Rasen
Rasenflächen kann man durch Wildblumenwiesen ergänzt oder ersetzen. Anstatt gebietsfremde Arten sollte einheimisches Gehölz gepflanzt werden. Um den Tieren im Herbst gute Voraussetzungen für die Überwinterung zu schaffen, empfiehlt das BAFU, das Laub an einigen ungestörten Orten im Garten liegen zu lassen. So fänden Igel und andere Kleintiere während der kalten Monate Unterschlupf.
Auch Nisthilfen für Brutvögel und Wildbienen oder Stein- und Holzhaufen schaffen gute Möglichkeiten zur Förderung der Artenvielfalt. Einen grossen Garten braucht man übrigens nicht, um für die Natur etwas Gutes zu tun. Auf jedem noch so kleinen Balkon können blühende Pflanzen Nahrung für Wildbienen und Schmetterlinge bieten.
Schweiz im Rückstand
Doch gerade im Frühling täuschten die blühenden Bäume und saftig grünen Rasenflächen leicht darüber hinweg, wie schlecht es in Wirklichkeit um die biologische Vielfalt in der Schweiz bestellt sei, gibt das BAFU zu bedenken. 25 Jahre nach Inkrafttreten der UNO-Konvention zur Biodiversität zieht das Bundesamt eine düstere Bilanz.
"Wir sind heute leider an einem Punkt, wo wir uns um den Fortbestand eines Grossteils aller Arten der Schweiz Sorgen machen müssen", sagt Hans Romang, Leiter der Abteilung Arten, Ökosysteme und Landschaften des BAFU. "Ganze Lebensräume verschwinden von der Landkarte."
Keinen Grund zum Feiern sehen daher die Umweltverbände. Die Schweiz liege bei der Erfüllung der internationalen Ziele weit zurück, warnt Pro Natura. "Nur 6,2 Prozent der Landesfläche stehen in der Schweiz unter Schutz. Damit ist unser Land weit entfernt vom internationalen Ziel, 17 Prozent der Landesfläche bis 2020 zu schützen", kritisiert die Umweltorganisation.
Bedrohter Hase
Zahlreiche Tierarten sind durch den Verlust von Lebensraum bedroht. So ist etwa der Bestand des einst überall gegenwärtige Feldhasen - um nur ein Beispiel von vielen zu nennen - laut Pro Natura in den letzten 25 Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen. Meister Lampe steht heute auf der Roten Liste der gefährdeten Säugetiere der Schweiz.
Um die internationalen und die nationalen Biodiversitätsziele wenigstens noch teilweise zu erreichen, müssten die im bundesrätlichen Aktionsplan Biodiversität von 2017 enthaltenen Massnahmen rasch umgesetzt werden, fordert die Umweltorganisation.
Doch sei es damit nicht getan. Wie aus ihrer Sicht ein umfassender Schutz der Biodiversität aussehen müsste, zeigten Pro Natura, Birdlife Schweiz und WWF im Herbst in einem eigenen Aktionsplan auf.
Den Hebel ansetzen wollen sie insbesondere bei der Raumplanung. So verlangen sie unter anderem Vorrangflächen für die Biodiversität, eine Vernetzung ökologisch wertvoller Lebensräume und sowie ausreichende Grün- und Freiflächen im Siedlungsraum.
Zudem soll die Landwirtschaft "grüner" werden. Zu den Forderungen gehören auch mehr ökologisch wertvolle Landwirtschaftsfläche und weniger Pestizid- und Düngereinsatz.
sda