Rund vier Millionen Menschen in der Schweiz gehen für ihre Arbeit oder Ausbildung regelmässig ausser Haus. Arbeitswege zwischen 30 bis 90 Minuten pro Weg sind für viele Pendlerinnen und Pendler an der Tagesordnung. Ein grosser Teil der berufstätigen Bevölkerung und junger Menschen in Ausbildung verpflegt sich im Laufe des Tages auswärts, häufig auch unterwegs. Hat es gesunde und frische Produkte im Angebot, wird gerne zugegriffen; sofern die Produkte praktisch zum Mitnehmen sind und attraktiv präsentiert werden.
Spannendes Kundensegment
Die Preissensibilität der Kundengruppe «Pendler» ist sehr unterschiedlich, es gibt aber auf jeden Fall ein Kundensegment, das für gute Qualität einen guten Preis bezahlt. Vor allem dann, wenn das Angebot zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar ist. Diese Menschen unterwegs können für die Direktvermarktung interessant sein, wenn das Angebot den Lebens- und Einkaufsgewohnheiten der Menschen unterwegs angepasst werden kann.
Um Zeit zu sparen, wird der Einkauf mit dem Arbeitsweg verbunden, vielleicht auch schnell über Mittag oder online mit Lieferung erledigt. Ausserdem leben in der Schweiz immer mehr Menschen in Ein- und Zweipersonenhaushalten. Zudem verlagert sich die Hauptmahlzeit zu Hause vom Mittag auf den Abend. Nach einem langen Tag unterwegs muss der Zeitaufwand für die Zubereitung der Mahlzeit kurz sein, damit auch noch Zeit für etwas anderes bleibt. Aufwendiges Kochen, selber zubereiten von A bis Z und feines Essen geniessen verlagert sich, für Menschen die viel unterwegs sind, eher auf das Wochenende. Oder man begnügt sich mit dem Konsum der vielen Kochsendungen.
Wissen, wie Pendler ticken
Die Lebensmittelbranche hat die Trends Mobilität und kleine Haushalte schon lange aufgegriffen: Verlängerte Öffnungszeiten, Verkaufsstandorte am Bahnhof, an der Autobahnraststätte, kleinere Verpackungseinheiten, gerüstete und geschnittene Früchte im Becher, Smoothies für die gesunde Zwischenverpflegung, Minigemüse, fertige Salatkreationen aufgeschichtet in der Einwegpackung, Feierabendbrot, Convenience-Produkte und vieles mehr wird bereits erfolgreich umgesetzt.
Direktvermarkter können sich von den «Grossen» inspirieren lassen, damit auch ihre Produkte schnell, einfach und praktisch zugänglich sind. Nach dem Motto «Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler», ist es wichtig herauszufinden, wie das angestrebte (neue) Zielpublikum tickt – auch wenn dessen Lebensform und die Alltagsgestaltung von den eigenen Lebensgewohnheiten stark abweichen.
Welche Idee passt?
Nicht jeder Betrieb kann am Bahnhof einen Verkaufsstand einrichten – das muss aber auch nicht sein. Jeder Direktvermarkter hat jedoch die Gelegenheit, mit potenziellen Kunden und Geschäftspartnerinnen ins Gespräch zu kommen, erste Ideen aufzuwerfen. Mit den Rückmeldungen können verfeinerte Ideen für die Vermarktung abgeleitet und angepasste Produkte entwickelt werden.
Vielleicht gibt es in Ihrer Region Firmen, die ihren Mitarbeitenden gerne ermöglichen, die bestellten Bauernhof-Produkte am Abend direkt vor dem Haus zu beziehen und dabei gleichzeitig die Bestellung für nächste Woche an die Bäuerin abzugeben. Das altbewährte «Znüni vo de Püüri» kommt bei erwerbstätigen Menschen mindestens so gut an wie bei Schülerinnen – die Kaufkraft ist aber oft um einiges höher.
Nehmen Sie sich Zeit – während vier Millionen Menschen weiterhin auf dem Arbeitsweg sind – darüber nachzudenken, wie Ihre Produkte diese Pendlerinnen und Pendler erreichen können. Eine klassische Win-win-Situation.
Lisa Vogt Altermatt Hauswirtschaft, Landwirtschaftliches Zentrum Liebegg