Die «grüne» wird 150 Jahre alt. Ein stolzes Alter. In diesen anderthalb Jahrhunderten hat sich die Welt unzählige Male verändert – und mit ihr auch 
die Schweizer Agrarpresselandschaft.

Als «die grüne» vor 150 Jahren entstand, war diese noch sehr überschaubar. Damals gab es nur den «Schweizer Bauer», die Zeitung der Oekonomischen und Gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Bern (OGG).

Kaum landwirtschaftliche Organisationen


Der Schweizer Bauernverband existierte noch genauso wenig wie der Zentralverband Schweizerischer Milchproduzenten (ZVSM), heute bekannt als Schweizer Milchproduzenten (SMP). Auch kantonale Organisationen waren noch rar, der Bauernverband des Kantons Aargau (BVA) existierte schon, damals noch unter dem Namen Aargauische Landwirtschaftliche Gesellschaft (ALG).

«Landwirtschaftliche ­Organisationen mit ihrem Informationsbedürfnis existierten damals noch kaum», schreibt Ruedi Hagmann, Publizistischer Leiter der Schweizer Agrarmedien GmbH, in seiner Würdigung «der grünen» (zu lesen im Jubiläumsheft, das kommenden Donnnerstag herauskommt). Die Schweizer Agrarmedien geben «die grüne», die «BauernZeitung» und «Frauenland» heraus.


Wissenschaften wurden immer wichtiger


Im 19. Jahrhundert erlebten die Wissenschaften einen Aufschwung. Überall entstand neues Wissen – an den Universitäten, in Labors, an den reihum entstehenden landwirtschaftlichen Schulen und durch Tüftler, die einfach einmal etwas ausprobierten.

Dieses Wissen versuchte man zu verbreiten, wie Agrarhistoriker Peter Moser in einem Beitrag für das Jubiläumsheft schildert: «Lehrer, Pfarrer, liberale Politiker und Agronomen versuchten, dieses neue Wissen über Tierzucht, die Milchverwertung, den Pflanzen- und Maschinenbau, Drainage oder das Führen einer Buchhaltung in der Öffentlichkeit und unter den Bauern bekannt zu machen.» Eine mögliche Methode dazu war eben die Presse.


Via Presse wurde gerne auch gestritten


Das neu entstandene Wissen war aber vielfach umstritten. Befürworter und Gegner stritten sich herzhaft in der Öffentlichkeit – dazu nutzten sie auch die Presse: «Über die Frage, wie man nasse Böden drainieren konnte, lieferten sich der Kulturtechniker, Gutsbesitzer und Redaktor der ersten ‹Bauernzeitung›, Fritz Rödiger, und der Schaffhauser Staatsschreiber, Landwirt und Herausgeber des ‹Wohlerfahrenen Bauern›, Heinrich Erzinger, jahrelange Debatten in der landwirtschaftlichen Presse. Dies sogar mit eigenständigen Publikationen und Klagen vor Gericht», schreibt Peter Moser. Aufregende Zeiten scheinen das für Agrarjournalisten gewesen zu sein.


Informationen liessen sich aber nicht nur via Presse ver­breiten. Mit der Verbreitung der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts gelangten Landwirte leichter an Vorträge, ­Maschinendemonstrationen oder Viehausstellungen, wo häufig auch auswärtige Referenten auftraten.


Jahrzehntelang wurden Zeichnungen gedruckt


Wenig änderte sich dafür über Jahrzehnte am Erscheinungsbild der landwirtschaftlichen Presse. Bis in die 1920er-Jahre wurden vor allem Zeichnungen verwendet – sogar Fotos wurden oft abgezeichnet. Das war nicht nur billiger im Druck, sondern man erkannte darauf auch wichtige Details besser. «Erst in der Zwischenkriegszeit ermöglichte es die Drucktechnik, Bilder in grösserer Zahl und guter Qualität einzusetzen», so Peter Moser.


In der «grünen» wurden ab den 1930er-Jahren vermehrt ­Fotos gedruckt, 30 Jahre später dann zunehmend auch Farb­bilder.  


«Starker und kräftiger Baum im Agrarpressewald»


150 Jahre nach dem ersten Erscheinen ist die Vielzahl in der Schweizer Agrarpresse gross. «In der Agrarpresselandschaft hat der Strukturwandel in der Landwirtschaft nicht jene Spuren hinterlassen, die zu erwarten gewesen wären. Noch, wird man einschränkend beifügen müssen», so «BauernZeitung»-Chefredaktor Ruedi Hagmann im Jubiläumsheft. Die Zielgruppe der Agrarpresse wird immer kleiner. Das Internet wird zur Informationsbeschaffung immer wichtiger: «Schnell, bequem und, zumindest vorläufig, erst noch gratis», so Hagmann.


Auch für «die grüne» eine Herausforderung


Diese Entwicklungen spüre auch «die grüne». Aber sie ist laut Ruedi Hagmann ein «starker und kräftiger Baum im Agrarpressewald geblieben, und, diese Vorhersage sei gewagt, sie wird ihren Platz behalten.»

Dies dank glaubwürdigen Inhalten und weil sie ihre Existenzberechtigung nicht erst zu beweisen habe, diese sei gleich geblieben wie vor 150 Jahren: «‹die grüne› hilft mit ihren Informationen den Bäuerinnen und Bauern, beruflich auf der Höhe ihrer Aufgabe zu sein, um die Herausforderungen in der Betriebsführung meistern zu können. Diese sind nicht kleiner geworden.»


Jeanne Woodtli