Nach den Änderungen bei der KEV kam es 2017 zu einem Markteinbruch bei den grossen und mittleren Solaranlagen. Lohnt sich für einen interessierten Landwirtschaftsbetrieb aktuell noch, in eine Photovoltaik-Anlage zu investieren?
Priska Stierli, AgroCleanTech (ACT): Ja, die Investition in eine PV-Anlage kann sich für stromintensive Betriebe (z.B. in der Schweine- und Geflügelhaltung) nach wie vor lohnen. Wichtig ist, dass eine PV-Anlage auf den Eigenverbrauch ausgerichtet ist. Auf diese Weise spart der Betrieb Stromkosten.
Wie sieht es beim Biogas aus?
Andy Kollegger, Ökostrom Schweiz (ÖS): Diesbezüglich sieht es etwas anders aus. Da es keine Einmalvergütung für Biogasanlagen gibt und keine neuen Anlagen mehr in die KEV aufgenommen werden, zeichnet sich ein Projektstau ab, denn baureife Projekte gäbe es eigentlich genug. Mangels Rechts- und Investitionssicherheit rät Ökostrom Schweiz (Branchenverband der landwirtschaftlichen Biogasanlagen) bis auf weiteres von Investitionsentscheiden ab. Das ist eine überaus schlechte Entwicklung, denn das Potenzial ist enorm gross.
Das Potenzial für erneuerbare Energie aus der Landwirtschaft ist bekanntlich gross. Was sind die grössten Hürden, dass nicht mehr darin investiert wird. Ist es der zu tiefe Erdölpreis oder doch die politischen Rahmenbedingungen?
ÖS: Ja, das Potenzial ist tatsächlich sehr gross, werden doch aktuell nur gerade 4% des anfallenden Mists und der Gülle energetisch genutzt, doch es fehlt zurzeit klar an den politischen Rahmenbedingungen. Die KEV läuft aus und eine Nachfolgelösung ist noch nicht in Sicht. Eine solche wäre insbesondere für das Multitalent Biogasanlage dringend nötig. Auch ist unklar, wie ernst es der Schweiz mit dem Klimaschutz ist. Die Erneuerbaren im Allgemeinen und namentlich die Biogasanlagen tragen nämlich einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz bei. Man darf auf das Ergebnis der politischen Beratungen des totalrevidierten CO2-Gesetzes gespannt sein.
Wann erwarten Sie die grosse Energiewende?
ÖS: Eine Umsetzung des vom Schweizer Volk klar geäusserten Willens zugunsten der Energiewende ist dringend angezeigt, denn zurzeit investieren Schweizer Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien vor allem im Ausland. Dieser Trend steht in klarem Widerspruch zu den im Abstimmungskampf zur Energiestrategie 2050 im Mai 2017 abgegebenen Versprechen. Damals hiess es auf Plakaten und Flyern grossspurig: Geld bleibt hier. Tatsache aber ist, das Geld wandert ab.
Ansetzen kann ein Bauer ja auch bei der Energieeffizienz auf dem eigenen Betrieb. Wo schlummern hier die grössten (finanziellen) Potenziale (Treibstoff etc.)?
ACT: Die Potenziale sind sehr betriebsspezifisch. Besonders Betriebe mit einem überdurchschnittlich hohen Energieverbrauch wie Schweinezucht, Geflügelmastställe, Gewächshäuser aber auch Milchviehhaltung haben hohe Energiesparpotenziale. Manchmal kann bereits mit einfachen Massnahmen, wie dem Wechsel von herkömmlichen Leuchtmitteln auf LED, Energie gespart werden.
Angenommen, ein Bauer, eine Bäuerin will den eigenen Betrieb fitter machen in Sachen Energieeffizienz, was ist der beste erste Schritt?
ACT: Unter www.energie-klimacheck.ch kann er kostenlos in 10 bis 15 Minuten herausfinden, wo auf seinem Betrieb Potenzial besteht, energieeffizienter und klimafreundlicher zu produzieren. Als nächsten Schritt kann er eine Energieberatung in Anspruch nehmen, wo die betroffenen Betriebsbereiche dann gezielt betrachtet werden. In den Kantonen Aargau und St. Gallen wird die kantonale landwirtschaftliche Energieberatung günstiger oder sogar kostenlos angeboten. Im Kanton Bern und in der Westschweiz laufen Bestrebungen, um auch dort zukünftig den Landwirten eine spezifische Energieberatung anbieten zu können.
Es gibt verschiedene Förderprogramme für Bauern (siehe Kasten). Warum lohnen sich diese für einen Bauern?
ACT: Mit einer Wärmerückgewinnung aus der Milchkühlung kann rund ein Drittel des Stroms für die Erwärmung von Reinigungs- und Brauchwasser gespart werden. Mit dem Frequenzumformer für Melkmaschinen lässt sich der Energiebedarf fürs Melken um rund zwei Drittel reduzieren. AgroCleanTech unterstützt die Nachrüstung mit Beiträgen von 1100 bis 2500 Franken für die Wärmerückgewinnung und 300 bis 750 Franken für den Frequenzumformer. Diese beiden Förderprogramme laufen 2019 aus. Seit Ende 2017 werden auch «energieeffiziente Ferkelnester» unterstützt. Gut isolierte Kisten mit einem ferkelgängigen Vorhang brauchen bis zu 70% weniger Strom als herkömmliche Kisten. Die Beiträge liegen hier im Bereich zwischen 15% bis 25% der Kosten für den Ersatz von alten, elektrisch beheizten Kisten. 40% gibt es zusätzlich an die Ausstattung mit einem speziell isolierenden Vorhang.
Interview (schriftlich geführt) jw