Wenn Eltern lügen, kann das verschiedene Gründe haben. Oft ist es aus Bequemlichkeit, manchmal zum Zweck der Manipulation oder auch, um das Kind vor Schaden zu bewahren. Ob Lügen das richtige Mittel sind, ist jedoch fraglich.


Verunsicherung


Wie Erwachsene fühlen sich Kinder durch Lügen enttäuscht und betrogen. Lügen können zudem den kindlichen Sinn für Realität, für Richtig und Falsch nachhaltig beeinträchtigen und im Extremfall kann eine Beziehung, die auf Unwahrheiten aufgebaut ist, Vertrauen und Nähe verunmöglichen. Kinder, die realisieren, dass sie von ihren Eltern angelogen werden, sind in ihrem Urvertrauen zu den Eltern verunsichert. Sie werden überdies auch das Gebot, nicht zu lügen nicht mehr ganz so ernst nehmen, lügen die Eltern doch auch.


Grundsätzlich sollte deshalb so wenig wie möglich gelogen werden. Besser ist, stattdessen dem Kind altersgerechte Erklärungen zu bieten für schwierige Situationen und sich notfalls einer Diskussion zu stellen.

Verschweigen ist vielfach auch keine Alternative, zumal es oft mit Lügen kaschiert werden muss. Auch wenn es gut gemeint ist, und zum Wohle des Kindes gedacht ist. Dies ist oft der Fall, wenn es um schwierige Themen geht, wie etwa eine tödliche Krankheit in der Familie, einen Todesfall, eine Trennung oder auch ernsthafte Geldsorgen.


Verantwortung


Besser als zu lügen ist, einen günstigen Zeitpunkt zu wählen und das Kind in altersgerechten Worten über den wahren Sachverhalt zu informieren. Dabei sollten die Fakten nicht isoliert ausgesprochen, sondern das Geschehen so in Zusammenhänge gebettet werden, dass das Kind nachvollziehen kann, worum es geht. Es soll kein Raum für Fantasien bleiben. Was nicht heisst, dass dem Kind alles erzählt werden muss. Wichtig ist, dass generell über jene Ereignisse gesprochen wird, die für die Eltern eine starke emotionale Wirkung haben. Denn Kinder spüren, wenn ihre Eltern emotional nicht im Lot sind, und es besteht die Gefahr, dass sie sich für die unguten Gefühle der Mutter oder des Vaters verantwortlich fühlen. 

zi


Aus: Schweigen, schummeln, lügen, was ist erlaubt? Andrea Haefely, Beobachter edition