Schindellegi liegt an der alten Pilgerroute vom Zürichsee nach Einsiedeln. Die Sihl zwängt sich durch ein enges Tal; Ingenieurbauten aus mehreren Generationen machten es möglich, via Südostbahn oder mit dem Auto das Hochtal ganzjährig gut und bequem zu erreichen. Für Wanderer bleiben Spürsinn und Kartenkenntnisse, um auf Schusters Rappen vorwärts zu kommen.
Da die Starttafel vor Zeiten abmontiert worden war, vermuten wir: Der "Bauernlehrpfad am Etzel" führt entlang eines regulären Wanderwegs entlang der Böschung zur Sihl bergwärts bis zu einer Fussgängerbrücke auf der Höhe "Geissboden", die einen Blick auf den einst wilden und heute durch Kraftwerke gezähmten Bergfluss erlaubt. Nach der Querung ist eine Steigung zu überwinden und Wanderern wird im Restaurant Büel eine erste Rast geboten. Anschliessend geht es entlang eines Waldsaums eine steile Wiese empor.
Klare Wanderweg-Markierungen verweisen auf das Fernziel Etzel (1098 m.ü.M). Rasengittersteine helfen, gut Tritt zu fassen. Man durchquert ein Stück Wald und passiert längst verlassene Bunker und von Pflanzen umwucherte Panzersperren. Nach der Flur Änzenau führt der Weg entlang des Südhangs zur Passhöhe St. Meinrad mit Kapelle und Pilger-Gasthaus. Über den Weiler Jureten geht es hinunter zur Ortschaft Egg, wo die Sihl ein zweites Mal überquert wird. Über die Auenlandschaft Allmig kommt man zum Sihlsee, die zwei Türme der Klosterkirche Einsiedeln sind als Fernziel schon sichtbar. Die Badeanstalt an einer stark befahrenen Strasse markiert auch schon die äusserste Grenze der zunehmend verstädterten Siedlung Einsiedeln.
Nicht der einzige Themenweg
Der vor zwanzig Jahren erstellte Lehrpfad will die Besucher für die Themen Braunvieh und Grünlandbewirtschaftung sensibilisieren. Dies gelingt nur teilweise. Dies hat mehrere Gründe. Die vom Tourismusbüro Einsiedeln angegebenen 4 Stunden sind ein allzu sportliche Messlatte für Touristen, welche zu Fuss Etappe um Etappe erkunden wollen.
Ein weitere Herausforderung: Der Bauernlehrpfad ist nicht der einzige Themenweg. Und mehrere Organisationen in der Wanderregion Etzel buhlen um Aufmerksamkeit. Beispiele zuhauf: Die erste Schautafel des Bauern-Lehrpfades gleich nach der Geissboden-Brücke unterrichtet uns über die Artenvielfalt eines Amphibien-Laichgebiets in der Nähe. Am unteren Tafelende ist zu lesen, dass die Landwirte den Lebensraum der Amphibien erhalten wollen und dies unterstützen, indem sie beispielsweise die Teichufer auslichten. An derselben Stelle des Fussweges nach einer Kehrtwende um 180 Grad: Eine weitere Tafel jüngeren Datums erzählt Interessantes zur dreistufigen und fischgängigen Staustufe Dreiwässern. Zum Projekt eines neuen künstlich errichteten Umgehungsbachs, welchen Fischen das Auf- und Absteigen erleichtert, machen sich WWF und das Kraftwerk Feusisberg als Urheber bemerkbar.
90 Minuten später auf der Flur Änzenau entdecken Wanderer eine weitere in Holz eingerahmte Tafel: Der Leser lernt Details zum ökologischen Nutzen eines strukturreichen, abgestuften Waldrands.
Die meisten Wanderfreunde drängt es zum Berggasthaus Etzel, da der knurrende Magen lenkt. Denn dort bieten sich den Tapferen erhabene Blicke auf zwei Seiten, links zum Zürichsee und rechts ins Hochtal von Einsiedeln, in der Ferne die beiden Mythen. Erst in der nachträglichen Manöverbesprechung mit dem Geschäftsführer des Schwyzer Bauernverband stellte sich heraus: Diese schöne Etappe steil hinauf und über alte Steinplatten hinunter zur Passhöhe ist kein Teil des Lehrpfades!
Und auch auf dem Etzel-Kulm wimmelt es nur so von Hinweistafeln, die wahlweise von der Korporation Pfäffikon, den Gemeinden Feusisberg und Einsiedeln und vom Verkehrsverein Euthal erstellt worden sind. Nach dem Etzelpass gelingt es – dank geringerer Tafelkonkurrenz –, die restlichen Schautafeln des Bauernlehrpfads ausfindig zu machen. Kleingedrucktes zur Bedeutung von Extensivwiesen, zur Braunviehrasse, zur Vielfalt des Naturschutzgebiets Roblosen. Im Anmarsch zum Ziel begrüsst uns die Konkurrenz wieder. Das Dorfmarketing von Einsiedeln stellte eine Tafel zu „Moorlandschaft – zerstückelt und umgenutzt” auf.
Erlebnisse sind erwünscht
Es sei hier betont: Naturfreunde wollen – abseits von Termindruck und urbanem Dichtestress – einfach mal losmarschieren und sich dem Erlebnis des Augenblicks hingeben. Schön, wenn man noch etwas beiläufig dazulernen und auch erleben kann. Überraschungen gibt es auf dem Pfad durchaus zu entdecken. Eine ehemalige Käserei und ein leerer Schweinestall zeugen vom Strukturwandel der Milchwirtschaft in Hügelzonen. Nutztiere, die für etwas Unterhaltung während des Marschierens sorgen, sind Zeugen landwirtschaftlicher Tätigkeit im Wandel. In einem Gehege schubsen sich ein paar aufgeweckte Ziegen gegenseitig von einem Holzsteg. Wenige hundert Meter weiter hält ein Züchter Alpakas, gewinnt von ihnen Wolle und holt offenbar Preise an nationalen Zucht-Wettbewerben. Die gelehrige Tafel zu den Neuwelt-Kameliden fehlt nicht.
In der lieblichen Moorlandschaft Allmig sind entlang des Weges kleine Kartoffel- und Gemüsefelder eingehegt worden. Selbstversorger am Werk, verstädterte Einsiedler mit grünem Daumen? Viele Fragen gehen einem während des Wanderns durch den Kopf. Wo ist die Gelegenheit, diese Rätsel im direkten Kontakt zu Landwirten mit Hang zum Gastgewerbe ein wenig aufzulösen?
Erneuerung ist angedacht
Franz Philip, Geschäftsführer der Bauernvereinigung des Kantons Schwyz, weiss um die Mängel und will den Lehrpfad, der in die Jahre gekommen sei, rundum erneuern: „Wir wollen ihn noch dieses Jahr auffrischen. Es sollen auch neue Themen wie Obstbau oder Mutterkuhhaltung zur Sprache kommen.” Man will daran festhalten und die Gelder sind bereits gesprochen. „Immerhin. Vor 25 Jahren waren wir die ersten, die in der Region einen Themenpfad bauten."
Manuel Fischer, lid