Gegenwärtig investiert die Hochdorf-Gruppe in Sulgen TG (siehe Kasten). Ein neues Hochregallager befindet sich im Bau. Es wird im letzten Quartal des kommenden Jahres in Betrieb genommen. Ein Vierteljahr später, im ersten Quartal 2018, steht die Inbetriebnahme einer neuen Dosenlinie auf dem Programm. Sie soll in der Lage sein, im 24-Stundenbetrieb täglich 250'000 Dosen mit 400 Gramm Babynahrung zu füllen. Um Babynahrung in diesem Umfang herzustellen, braucht es in Sulgen eine neue Sprühturmlinie.
Der Spatenstich zur «Sprühturmlinie 9» erfolgte am Montag dieser Woche. Diese soll ab dem 1. Quartal 2018 fünf Tonnen Babynahrung pro Stunde herstellen. Ab dem Jahr 2020 soll
die neue Linie es ermöglichen, dass die Hochdorfgruppe an ihren beiden Standorten in der Schweiz rund 50'000 Tonnen
Babynahrung im Jahr herstellt.
Der Milchbedarf für die Sprühturmlinie 9 beläuft sich auf 7,5 Millionen Liter pro Jahr. Auf die Milchannahme hat die neue Linie keinen Einfluss: Die in Sulgen vorhandenen Kapazitäten zur Annahme und Aufbereitung der zusätzlich anfallenden Milch pro Tag reichen aus.
Christoph Hug, zur Auslastung der neuen Linie braucht es 7,5 Millionen Kilogramm Milch pro Jahr. Woher soll diese Milch kommen?
Christoph Hug: 7,5 Millionen Kilogramm tönen nach viel. Teilt man die Menge aber auf die einzelnen Tage auf, entspricht dies nur etwa 21'000 Kilogramm Milch pro Tag, das ist in etwa eine LKW-Lieferung pro Tag. Falls notwendig werden wir das Produktionssortiment anpassen. Zur Herstellung von Babynahrung braucht es Magermilch. Wir können entscheiden, ob wir mit Magermilch Babynahrung oder Magermilchpulver herstellen wollen. Wir gehen aber davon aus, dass wir für das Qualitätsprodukt Babynahrung die Milch erhalten. Ausserdem steckt in Babynahrung nicht so viel Frischmilch drin, wie man
gemeinhin annimmt. Eine
Anfangsnahrung enthält nur etwa 15 Prozent Magermilch.
Klassische Milchprodukte sind ja Käse, Butter, Jogurts und eine ganze Reihe von weiteren Molkereiprodukten. Welche Rolle spielt dieses klassische Segment bei Hochdorf?
Die Hochdorf-Gruppe war in der Schweiz nie in den erwähnten Bereichen aktiv. Im Ausland halten wir an der ostdeutschen Uckermärker Milch GmbH eine Mehrheit. Dort stellen wir Butter und Quark her.
Welche Rolle spielt das Segment Babynahrung bei Hochdorf?
Eine sehr grosse. Mit der hohen Wertschöpfung ist es strategisch der wichtigste Bereich. Unsere Kunden verkaufen unsere Babynahrung in etwa 60 bis 70 Länder. Wir liefern in europäische Märkte, mehrheitlich aber nach Vietnam, China, Asien, in den Nahen Osten, Afrika. Das sind die Hauptabsatzgebiete. Einen kleinen Anteil haben wir in Lateinamerika.
Wie wichtig ist der Aspekt «Swissness» bei der Vermarktung von Babynahrung?
Viele unserer Produkte werden unter dem Label «Swissness» vermarktet. Letztlich entscheiden aber unsere Kunden, ob sie die Babynahrung unter «Swissness» vermarkten. Babynahrung, die wir in der Schweiz produzieren, ist aber ein Schweizer Produkt. Wir haben die Bewilligung bekommen, um Laktose- und Molkenprotein-Produkte, die es für die Babynahrung braucht, einzuführen. Für diese Produkte braucht es eine sehr hohe Qualität. Und sie werden in der Schweiz nicht hergestellt, oder nicht in ausreichender Menge.
Mit Babynahrung bewegt sich die Hochdorf-Gruppe in einem internationalen Markt. Wie passt dies zusammen mit den Bemühungen der Branchenorganisation (BO) Milch und der Landwirtschaftspolitiker für mehr Transparenz und Berechenbarkeit bei der Festlegung der Produzentenpreise?
Das passt extrem gut zusammen. Babynahrung ist ein wenig preissensitives Produkt und deshalb in deutlich geringerem Ausmass als beispielsweise Magermilchpulver vom Milchpreis abhängig. Die Preisschwankungen sind bei Magermilchpulver deutlich grösser. Klar werden die Preise für Babynahrung auch den Preisschwankungen angepasst – jedoch deutlich weniger oft. Für unsere Premiumprodukte ist es aber wichtig, dass wir uns preislich innerhalb einer gewissen Bandbreite im Vergleich mit der Konkurrenz bewegen.
Interview Christian Weber
Christoph Hug ist Kommunikationschef der Hochdorf-Gruppe