Für einmal können die Erntehelfer an diesem Maitag auf die Regenkleidung verzichten. Sogar der Himmel ist ausnahmsweise blau. Das freut auch das Dutzend Journalisten, die sich von Gemüseproduzent Pascal Gutknecht seine Felder erklären lassen.

Der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) und der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) hatten zu einem Medientag zum Thema Gemüseproduktion geladen.

Wo wäre es passender als im Seeland, dem Gemüsegarten der Schweiz? Auf 3300 Hektaren bauen 469 Produzenten hier diverseste Gemüsesorten ein - die Fläche ist eineinhalb Mal grösser als der nahe Murtensee. Pro Betrieb arbeiten im Schnitt 4,5 Personen. Jeder Betrieb ist im Mittel 1,8 Mio Franken wert.

Betrieb mit 
50 Angestellten

Einer der grossen Betriebe ist «Gutknecht Gemüse» in Ried bei Kerzers. 2003 haben sich Pascal Gutknecht, Bruno Gutknecht und Thomas Etter zusammengesschlossen. «Schlagkraft und Effizienz sind heute entscheidend», erklärt Pascal Gutknecht. Thomas Etter führt mittlerweile einen Bio-Betrieb.

Gemeinsam haben die drei Gemüseproduzenten rund 50 Angestellte. Auf 40 ha im Freiland werden Kopfsalat, Batavia, Eisberg, Endivien, Kopfsalat, Nüssler, Zuckerhut, Broccoli, Fenchel, Karotten, Kartoffeln, Lauch und Sellerie angebaut. 12 ha sind Biofläche. Vor drei Wochen haben die drei Gemüsebauern einen schmucken, bedienten Hofladen eingeweiht - mit Sicht in ein Gewächshaus.

Die riesigen Gewächshäuser sind beeindruckend: Auf 4,2 ha werden im Substrat-Anbau Rispen- und Cherrytomaten sowie Gurken angebaut.

Roboterzug fährt Tomaten durchs Gewächshaus

Pascal Gutknecht redet lieber von «Sustratanbau» statt von «Hors-Sol»: «Dieser Begriff hat einen schlechten Ruf, aber zu unrecht.» Beim Substrat hat Kokosrinde die umstrittene Steinwolle abgelöst. «Kokos-Rinde ist ein organisches Material, das auf die Felder ausgebracht wird», betont Gutknecht. Tests hätten ausserdem gezeigt, dass sich Hors-sol-Tomaten geschmacklich nicht von solchen aus dem Freiland unterscheiden würden.

Gutknechts Ausführungen werden von einem Roboter-Elektrozug unterbrochen, der auf leisen Rädern jede Menge Tomatenkisten heranrollt. «Robocar» heisst das Isebähnli passenderweise, dass volle Kisten automatisch in den Verarbeitungsraum bringt.

Nun aber stehen ihm jede Menge Journalisten im Weg. «Ist das Ding intelligent?», fragt einer davon. «Wir werden es gleich sehen», meint Pascal Gutknecht. Tatsächlich hält der Roboterzug inne, bis alle zur Seite gegangen sind. Nach etwas Anschubhilfe fährt er weiter.

Frühling sorgt für 
Preiszerfall

Auch wenn es die letzten Wochen regnerisch war, zuvor war der Frühling unüblich warm und sonnig. Das freut die Gemüseproduzenten nicht nur: Zwar waren die Bedingungen für die Arbeit auf dem Feld optimal. Aber die Kulturen sprossen wie wild. Einerseits gibt es deshalb ein Überangebot.

Beim Kopfsalat fielen die Erträge im März stolze 43 Prozent höher aus als im Vorjahr. Für einen Kopfsalat zahlten die Konsumenten im März im Detailhandel im Schnitt 2,09 Franken pro Stück - 24 Rappen weniger als im März 2013. Die Preise lagen damit rund zehn Prozent tiefer, wie das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) im am Montag veröffentlichten «Marktbericht Früchte und Gemüse» schreibt. Mitte April ging Kopfsalat sogar um 22 Prozent billiger über den Ladentisch.

«Bei offenen Grenzen 
haben wir keine Chance»

Dazu kommt, dass die Kulturen heuer wegen des warmen Wetter früh dran waren. Grosse Mengen kommen bereits jetzt auf den Markt während noch kein Grenzschutz besteht. Das Schweizer Gemüse muss somit mit solchem aus Europa konkurrenzieren. Das wirkt sich negativ auf die Produzentenpreise aus. Bei den Rispen-Cherry-Tomaten zum Beispiel gehen die Grenzen erst am 13. Juni zu.

Pascal Gutknecht achtet normalerweise darauf, dass seine Cherry-Tomaten erst Mitte Juni reif sind, wenn der Grenzschutz in Kraft ist: «Bei offenen Grenzen haben wir keine Chance. Wir können mit Tomaten aus Spanien oder Marokko preislich nicht konkurrenzieren.» Argumente für Schweizer Gemüse gibt es aber genug: Frische, Nachhaltigkeit und kurze Transportwege.

Erfreulich für die Gemüseproduzenten ist, dass Herr und Frau Schweizer immer mehr Gemüse essen.   

Jeanne Woodtli