Jährlich werden in der Schweiz mehr als 500 000 Legehennen ausrangiert, ein Drittel wandert in Biogasanlagen, zwei Drittel jedoch in die Verarbeitung. Daneben werden jedes Jahr rund 6.4 Millionen Masthühner gehalten, die zu einem Viertel bis zu einem Fünftel aus Pouletbrust bestehen. Dabei handelt es sich um Hybridrassen, die entweder für die Eierproduktion oder die Fleischproduktion geeignet sind. 

Vor gut zwanzig Jahren hat darum KAGfreiland, die Nutztierschutz-Organisation, das Zweinutzungshuhn als mögliche Lösung vorgeschlagen. Dieses produziert zuerst Eier und kann am Ende noch mit einem vernünftigen Ertrag zu Fleisch verarbeitet werden.

Eier einer Zweinutzungsrasse müssten 30 bis 40 Prozent teurer verkauft werden

"Eigentlich ist das nichts anderes, als die Rückbesinnung auf die ursprünglichen Fähigkeiten", erklärt darum Tanja Kutzer. Sie ist Tierärztin bei KAGfreiland und für die Pouletmast zuständig. "Doch mittlerweile ist klar, dass die Futterverwertung deutlich schlechter ist. In der Folge müssten Eier von Zweinutzungshühnern um 30 bis 40% teurer verkauft werden" fährt sie fort. Da ausserdem die Legeleistung um etwa ein Drittel tiefer ausfalle und die Gewichtszunahme im Vergleich deutlich schlechter sei, stelle sich die Frage, ob die Produktion wirklich vertretbar sei.

Eier-Sexing ist noch zu teuer

Für KAGfreiland kommt es damit zu einem Kurswechsel bei der Frage, wie die Poulet- und Eierproduktion gestaltet werden soll. Für Tanja Kutzer ist klar, dass das Eier-Sexing dereinst die Massnahme der ersten Wahl sein wird, um Legehennen zu züchten. Dabei werden nach 10 Tagen die bebrüteten Eier angebort und die Embryonen auf ihr Geschlecht geprüft. Die männlichen Embryonen werden dann aus dem Prozess entfernt und zu Biogas oder Wärme umgewandelt, die weiblichen Embryos fertig ausgebrütet. "Doch die Technik ist noch zu teuer, kostet pro Ei 12 Eurocent", sagt Kutzer weiter. Ausserdem dauere die Analyse etwa vier Stunden pro Ei. "Das ist eindeutig zu lange für die heutigen Zuchtbetriebe", sagt die Spezialistin weiter. Bis das Eier-Sexing praxisreif sein wird, dauert es also noch eine Weile.

KAGfreiland will bis auf weiteres Junghahnmast fördern

Bis dahin will KAGfreiland aber die Junghahnmast fördern. "Das ist aus ökologischer Sicht die bessere Lösung", fährt Tanja Kutzer fort. Zwar ist die Mastdauer mit 90 bis 100 Tagen etwa dreimal so lange wie bei einem konventionellen Mastbroiler, die Futterverwertung sei aber besser. Zudem fehlt bei den Junghähnen die bei den Konsumenten begehrte Pouletbrust. "Dafür hat der Junghahn deutlich mehr Schenkel", betont Kutzer. Damit sich die Junghahnmast rechne, müsse man zudem mit dem Erlös der Eier die Junghähne querfinanzieren, fügt Kutzer an. Letztlich sei aber auch der Absatz eine Herausforderung, weil das Nischenprodukt bisher lediglich von Kennern gekauft und geschätzt werde.

KAGfreiland hat heute am Olma-Forum zur Veranstaltung "Von Suppenhühnern, Hochleistungsrassen und Eintagsküken" geladen. Tanja Kutzer beleuchtete darin in einem Vortrag die Auswirkungen und Problemfelder der Hochleistungszucht und der industriellen landwirtschaft beim Huhn auf. Die Besucher hatten im Anschluss an das Referat Zeit, sich über mobile Hühnerställe, Zweinutzungshühner und alte Rassen zu informieren.

hja