BauernZeitung: Seit Anfang dieses Jahres sind Sie Geschäftsführer der Brachenorganisation Milch (BOM). Was macht diese Aufgabe für Sie besonders interessant?
Stefan Kohler: Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht die Optimierung der Rahmenbedingungen für die Mitglieder der BOM. Dies ist eine grosse Verantwortung und gefällt mir sehr. Und dann darf ich den Hauptzweck der BOM nicht aus den Augen verlieren: Wir wollen die Wirtschaftlichkeit unserer Mitglieder aus der Schweizer Milchwirtschaft stärken durch Erhalt und Förderung der Wertschöpfung und der Marktanteile in den in- und ausländischen Märkten.
Wie haben Sie den Wechsel vom Chefredaktor des Fachmagazins «die grüne» zum Geschäftsführer der BOM erlebt?
Beim Wechsel von der Arbeit als Journalist zum Geschäftsführer der BOM musste ich unter anderem lernen, äusserst exakt zu arbeiten. Als Journalist darf man manchmal auch etwas spekulieren. Bei der Geschäftsführung der BOM liegt das nicht mehr drin. Im Übrigen bin ich immer noch dabei, ständig zu lernen.
Wie muss man sich das vorstellen?
kohler: Die Milchbranche war mir bereits durch meine frühere Tätigkeit bekannt. Wenn man sich aber in die Details der Milchwirtschaft vertieft, wird es schnell kompliziert. Ich gebe Ihnen dazu ein Beispiel: Wenn ein Milchverarbeiter Milchmischgetränke für den Export herstellt, so muss er gemäss Reglement A-Milch verwenden. Wenn der Verarbeiter das gleiche Milchmischgetränk für den Inlandmarkt herstellt, so darf er aber günstigere B-Milch verwenden. Das ist auf den ersten Blick unlogisch, die Erklärung liegt aber in der Tatsache, dass für Exporte Stützungsgelder aus dem Schoggigesetz verwendet werden dürfen. Im Inland dagegen ist der Markt frei. Solche Zusammenhänge muss ich nun erklären können.
Besteht dafür Gewähr, dass Milch, die zum B- oder C-Preis gekauft wird, nicht plötzlich als A-Milch weiterverkauft wird?
Alles, was die Verarbeiter aus B- oder C-Milch herstellen, wird von der TSM Treuhand GmbH überprüft und kontrolliert. Der Milchverarbeiter muss also anhand von Exportdokumenten oder Verarbeitungsrapporten lückenlos belegen können, dass die B- und C-Milch korrekt verwendet wurde. Wenn die TSM Treuhand Fehler feststellt, erfolgt eine Meldung an die BOM.
Welche Konsequenzen hätte denn eine missbräuliche Verwendung von B- oder C-Milch auf der Stufe Milchverarbeitung?
Wenn ein Milchverarbeiter mehr B- oder C-Milch kauft, als er in den dafür bestimmten Produkten verarbeitet, so ist das ein klarer Verstoss gegen die Reglemente und wird entsprechend sanktioniert. In Streitfällen kommt die Sanktionskommission der BOM zum Zug.
Wo liegen die wichtigsten Herausforderungen, mit denen sich die Branchenorganisation Milch in den kommenden Monaten befassen muss?
Dazu muss ich etwas ausholen. Die Mitglieder der BOM kann man grob in vier Gruppen unterteilen: Die Milchproduzenten und deren Handelsorganisationen, die industriellen Milchverarbeiter, die gewerblichen Käser und den Detailhandel. Die BOM vereinigt somit die ganze Milchbranche. Dabei vertreten die einzelnen Mitglieder naturgemäss unterschiedliche Interessen. In der nächsten Zeit befasst sich die BOM unter anderem mit der Optimierung der Marktsegmentierung sowie mit dem Bericht des Bundesrats zur Öffnung der weissen Linie. Für die Mitglieder der BOM geht es darum, bei den anstehenden Fragen einen gemeinsamen Nenner zu finden.
Wie ist die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Branchenorganisation Milch?
Ich bin sehr erfreut zu sehen, wie konstruktiv innerhalb der BOM zusammengearbeitet wird.
Haben Sie bei der Arbeit auch Kontakte mit Milchproduzenten?
Bei meiner täglichen Arbeit habe ich ausschliesslich Kontakte zu den Mitgliedern der BOM. Im Vorstand sind dabei auch Milchproduzenten vertreten. Dazu kommen telefonische Anfragen von Produzenten. In meiner Freizeit pflege ich auch Kontakte zu Milchbauern, die weder in einem Verband noch sonst irgendwie in eine Organisation eingebunden sind. Die Meinung von solch «normalen» Milchproduzenten holt mich dann oft wieder auf den Boden, weil sie mir mit einfachen Fragen einen Spiegel vorhalten. Da wird mir jeweils bewusst, wie undurchschaubar und stark reguliert der Schweizer Milchmarkt nach wie vor ist.
Welchen Nutzen haben die Milchproduzenten von der BOM?
In der Schweizer Milchbranche nimmt die BOM die Funktion eines Schiedsrichters wahr. Wir tragen also dazu bei, dass es im Milchmarkt für alle mehr Verlässlichkeit und mehr Ordnung gibt. Ohne BOM wären die Zustände eher wie im Wilden Westen. Die wichtigste Spielregel ist heute die Marktsegmentierung. Ich bin davon überzeugt, dass im A-Segment dank der Segmentierung bessere Preise bezahlt werden. Davon können nicht zuletzt auch die Milchproduzenten profitieren.
Interview Anton Haas
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