Der Klimawandel wird die Schweiz ganz schön mitnehmen. Der Blick in die mögliche Zukunft des Landes war noch nie so genau wie in der dritten Auflage der Klimaszenarien Schweiz, die Forschende von MeteoSchweiz, der ETH Zürich und vom Oeschger-Zentrum der Universität Bern erarbeitet und am Dienstag in Zürich präsentiert haben.

Die Trends sind bekannt: Ohne ambitionierten Klimaschutz durch die Nationen der Welt wird die Schweiz deutlich trockener, heisser, schneeärmer und wird häufiger mit heftigen Niederschlägen zu kämpfen haben. Neu am Bericht "Klimaszenarien CH2018" ist jedoch, dass die Forschenden dank modernster Klimamodelle und Simulationen genauere Zahlen liefern können, die manche bisher nur qualitativ bekannte Trends mit Grössenordnungen versehen.

Trockenheit dauert länger an

Die Berechnungen der Forschenden zeigen zum Beispiel, dass die längste Trockenperiode im Sommer bis Mitte des Jahrhunderts bis rund eine Woche länger dauern wird. Extreme Trockenheit, wie sie bisher ein- bis zweimal pro Jahrzehnt auftrat, könnte im Schnitt jedes zweite Jahr vorkommen. Weil die Temperaturen steigen, verdunstet ausserdem mehr Bodenfeuchte. Die Böden werden trockener, was besonders Landwirte zu spüren bekommen.

Wenn es regnet, dann häufiger sehr heftig, was Kellerräume unter Wasser setzt, und Erdrutsche und Überschwemmungen zur Folge hat. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts hat die Niederschlagsmenge einzelner Starkniederschläge bereits um zwölf Prozent zugenommen. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts könnten noch einmal zehn Prozent dazukommen. Jahrhundertniederschläge könnten sogar bis zu 20 Prozent mehr Regen bringen, wie es im Bericht heisst. Hochwasserschutzbauten und Kanalisation müssen künftig dementsprechend ausreichend dimensioniert sein.

Hitzestress wie 2018 bald die Regel

Der Sommer 2018 bedeutete Hitzestress für Mensch und Tier, mit dem die Bevölkerung deutlich häufiger rechnen muss: Bis Mitte des Jahrhunderts könnten die Sommer in einem durchschnittlichen Jahr bis 4,5 Grad wärmer werden als heute.

Noch extremer steigen die Höchsttemperaturen: 2060 könnte das Thermometer südlich der Alpen um bis zu 4,5 Grad, nördlich der Alpen sogar um bis zu 6 Grad Celsius höher klettern als heute. In einem durchschnittlichen Jahr würde das Thermometer in Genf am heissesten Tag 40 Grad anzeigen. Die Anzahl sehr heisser Tage könnte von heute rund einem Tag pro Sommer auf bis zu 18 steigen.

Den trockenen, heissen Sommern stehen verregnete, warme Winter gegenüber: Schnee wird besonders in tieferen Lagen der Schweiz Seltenheitswert bekommen. Mitte des Jahrhunderts könnte die winterliche Nullgradgrenze von heute 850 Meter auf bis zu 1500 Meter über Meer steigen. Unter 1000 Metern wird die Schneebedeckung um die Hälfte, bis Ende des Jahrhunderts sogar um mehr als 80 Prozent zurückgehen.

Schlechte Nachrichten für Gletscher

Aber auch in höheren Lagen wird Schneefall seltener, besonders im Frühjahr. Das sind schlechte Nachrichten, nicht nur für den Schneesport-Tourismus, sondern auch für die Schweizer Gletscher: Geringere Schneemengen bedeuten auch weniger Futter für die Gletscher und ein schnelleres Abschmelzen. Seit 1850 haben die Alpengletscher bereits rund 60 Prozent ihres Volumens verloren.

Der Bericht macht aber auch Hoffnung: Auch wenn sich diese Entwicklungen nicht komplett abwenden lassen, so könnte eine Begrenzung der weltweiten Klimaerwärmung auf zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit doch einiges bewirken. "Mit konsequentem Klimaschutz liessen sich bis Mitte des 21. Jahrhunderts etwa die Hälfte, bis Ende Jahrhundert zwei Drittel der möglichen Klimaveränderungen in der Schweiz vermeiden", sagte Klimaforscher Reto Knutti gemäss einer Mitteilung der Hochschule gemeinsam mit MeteoSchweiz.

Die Klimaszenarien 2018 sind nach 2007 und 2011 bereits der dritte Ausblick in die Klimazukunft der Schweiz, mit dem der Bundesrat MeteoSchweiz beauftragt hat. Der Bericht liefert eine wichtige Grundlage für die Strategie, wie sich die Schweiz an den Klimawandel anpassen sollte.

sda