Die Anbaufläche macht weniger als drei Prozent der Körnerfruchtfläche aus. Verglichen mit Kanada, wo 12 bis 20% Körnerleguminosen in der Fruchtfolge stehen, ist das wenig.
Ein Körnerleguminosenanteil von 10 bis 12% der offenen Ackerfläche scheint fruchfolgemässig erstrebenswert. Dass Soja ebenfalls nur auf einem Prozent der offenen Ackerfläche angebaut wird, obwohl die Nachfrage nach Schweizer Soja vorhanden wäre, lässt sich mit den hohen (Wärme-) Ansprüchen dieser Kultur erklären.
Wertvolle Kulturen mit wenig Wertschätzung
Warum werden diese Ackerkulturen immer noch so selten angebaut? Diese Frage bewegt nicht nur Experten in der Schweiz, sondern Forscher in ganz Europa. Vor zwölf Jahren versuchte die Forschungsanstalt Agroscope im Rahmen des europäischen Projekts GL-Pro Antworten auf diese Frage zu finden. 111 Landwirte aus der Schweiz, vor allem aus dem Kanton Freiburg, haben dabei einen Fragebogen ausgefüllt. In Spanien, Frankreich, Belgien, Deutschland und Dänemark beantworteten die Bauern dieselben Fragen.
Allgemein scheint der Stellenwert dieser Kulturen in der Fruchtfolge anerkannt zu sein. Ihr Beitrag zur Bodenfruchtbarkeit wird als gut beurteilt, die meisten Bauern konnten auch eine Ertragssteigerung beim nachgebauten Getreide feststellen, welche in der Schweiz auf 650 kg/ha geschätzt wurde. Nur ein knappes Drittel der Befragten urteilte weniger positiv.
Die Bauern nannten sowohl wirtschaftliche, als auch anbautechnische Gründe, die sie vom Anbau von Körnerleguminosen abhielten. In erster Linie wurde die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln und Zuckerrüben ins Feld geführt.
Eine höhere Bruttomarge, höhere Direktzahlungen oder ein höherer Verkaufspreis würde ihrer Meinung nach Anbau den Körnerleguminosen attraktiver machen. Allerdings war 80% der befragten Landwirte nicht bewusst, dass der Futterwert von Hülsenfrüchten in hofeigenen Mischungen in der Regel weit höher ist als ihr Marktpreis.
Nahezu alle Befragten fanden, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Körnerleguminosen verbessert werden könnte, wenn die Ernte direkt verwertet, kurze Handelskreisläufe geschaffen und Nischenmärkte entwickelt würden.
Beinahe 70% der Produzenten waren der Auffassung, dass die Körnerleguminosenerträge zu gering und zu ungleichmässig ausfallen. Als ein grosses bis sehr grosses Problem wurde der Drusch betrachtet. Eine Mehrheit der Landwirte fand zwar, dass es genügend Sorten gibt, die auf die schweizerischen Boden- und Klimaverhältnisse abgestimmt sind.
Ein Drittel unter ihnen dachte aber auch, dass die Körnerleguminosen nicht oder nur schlecht mit dem lokalen Klima zurecht kommen. Der Schädlingsdruck wurde als potentielles Risiko für den erfolgreichen Anbau betrachtet, wobei der Schädlingsdruck regional unterschiedlich ist. Im Gegensatz zu den europäischen Kollegen sind für Schweizer Bauern körnerfressende Tauben kein Problem - in Europa scheint das, vor allem in der Nähe grösserer Städte, etwas anders zu sein.
Die Verunkrautung wurde überall als problematisch angesehen und rund ein Fünftel der Landwirte wies auch auf das Risiko der Nitratauswaschung hin. Alles in allem würden vier von fünf befragten Bauern den Anbau von Körnerleguminosen in Betracht ziehen, wenn die Ernte einfacher zu bewerkstelligen wäre. Die mangelnde Standfestigkeit schränkt die Ernte bei regnerischen Bedingungen kurz vor der Erntezeit ein - genau dieses Wetter ist aber für die Schweiz typisch.
Das Eiweiss machts
Die vergleichsweise schlechte Wirtschaftlichkeit der Körnerleguminosen begründet sich mit der Eiweissmenge, die pro Fläche geerntet werden kann. Der Eiweissgehalt ist ein wichtiger Anhaltspunkt für den potenziellen Futterwert einer Körnerleguminose. Der Eiweissgehalt wird aber nicht nur von der Sorte, sondern auch von der Witterung und den standortspezifischen Gegebenheiten mitbeeinflusst, er liegt zwischen 24 und 28%.
Der Ertrag an Futtereiweiss berechnet sich aus dem Kornertrag mal dem Eiweissgehalt, er kann folglich durch einen hohen Eiweissgehalt und/oder durch einen hohen Kornertrag erzielt werden.
Bei den Eiweisserbsen liegen die Erträge in der Schweiz häufig nur zwischen 3'500 und 4'000 kg/ha, was vor allem auf die ungünstigen Klimabedingungen zurückzuführen ist (späte Aussaat, Hitze bei der Blütezeit, oder Trockenheit). Theoretisch sollten Erträge bis 5'000 oder sogar 5'500 kg/ha möglich sein.
Bei Ackerbohnen werden in anderen Ländern 6'000 kg/ha und mehr geerntet - in der Schweiz liegen die Erträge nur wenig über 4'000 kg/ha.
Im Bioanbau gefragter
Seit einigen Jahren laufen bei Agroscope Forschungsarbeiten mit dem Ziel, verschiedene Arten von Leguminosen hinsichtlich ihrer Eignung als Gründüngung zwischen zwei Hauptkulturen zu prüfen. Hier scheint Potential vorhanden.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, Leguminosen zusammen mit einer anderen Kultur anzubauen. Der Mischanbau von Erbsen mit Gerste oder Ackerbohnen mit Hafer zur Produktion von Ganzpflanzensilage wird bereits erfolgreich praktiziert. Der Anbau von Mischkulturen zur Körnergewinnung befindet sich dagegen noch in der Testphase.
Der Einsatz von Körnerleguminosen in der Fütterung ist für Biobetriebe interessanter als für ÖLN-Betriebe. Biologisches Eiweissfutter ist teuer, entsprechend besser rechnet sich der Anbau für die Verwertung auf dem eigenen Betrieb oder die Vermarktung. Die Versorgung mit Eiweiss aus inländischem Anbau ist in der Biofütterung nach wie vor ein Problem.
Meistens wird ausländisches Biosoja eingesetzt. Alternativen wie Kartoffelprotein gibt es nicht in Bioqualität und Bio-Magermilchpulver ist zu teuer. Schweizer Biosoja wird ausschliesslich für die Tofuproduktion angebaut, der Anbau zu Futterzwecken wäre viel zu teuer. Damit Körnerleguminosen vermehrt angebaut werden, fördert Bio Suisse den Anbau mit einem Zuschlag von zehn Franken pro 100 Kilo. Das ist vor allem für Umsteller interessant, da diese Kulturen auch aus Umstellung gesucht sind.
Eiweisserbsen lassen sich gut verarbeiten und sind vielseitig einsetzbar. Der Anbau von Sommer-Eiweisserbsen ist bis auf 700 m.ü.M. möglich. Der Anbau von Winter-Eiweisserbsen nimmt an Bedeutung zu, da die modernen Sorten eine sehr gute Winterfestigkeit haben - dafür sind sie allerdings weniger standfest.
Ackerbohnen sind etwas robuster, sie stellen ähnliche Ansprüche an den Boden wie Eiweisserbsen, kommen aber auch noch mit einem höheren pH-Wert über 7 klar und eignen sich auch für niederschlagsreichere Gegenden. Sie ertragen sogar Spätfröste bis minus 4 Grad.
Gemeinsam stärker
Ein Knackpunkt ist nach wie vor die mangelhafte Standfestigkeit. Deshalb werden diese Kulturen vermehrt in Mischkultur mit einer Stützfrucht angebaut. Praxisversuche des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (Fibl) zeigten, dass der Anbau von Körnerleguminosen in Mischkultur mit Getreide Vor- und Nachteile hat.
Zu den Vorteilen zählen:
• Höhere Ertragsstabilität dank besserer Standfestigkeit
• Bessere Unkrautunterdrückung
• Keine Stickstoffdüngung für das Getreide nötig
• Vermutlich geringeres Schädlings-befallsrisiko
• Höherer absoluter Ertrag als bei Reinsaat
Die Nachteile sind:
• Geringerer Proteinertrag als bei Reinsaat
• Einschränkungen in der Fruchtfolge-gestaltung
• Zusätzliche Kosten für die Separierung
Winterhärte, Wuchshöhe, Standfestigkeit, Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern und der Abreifezeitpunkt sind stark sortenabhängig, deshalb ist das Finden der idealen Mischung nicht besonders einfach. Häufig werden Eiweisserbsen und Gerste gemischt. Die Gerste dient dabei als Stützfrucht und zur Unkrautunterdrückung.
Unter normalen Bedingungen ist ein Mischungsverhältnis von 80% der üblichen Eiweisserbsensaatmenge und 40% Gerstesaatmenge üblich. Auf guten Böden mit geringem Unkrautdruck bringt eine Reduktion der Saatmenge der Gerste auf 20% und eine Erhöhung der Eiweisserbsenmenge auf 100% der Reinsaatmenge höhere Proteinerträge. Dabei sollten kurzstrohigen Sorte verwendet werden.
Eine traditionelle Mischung sind auch 80% Ackerbohnen mit 40% Hafer. Der Hafer dient dabei zusätzlich als Risikoversicherung für den Fall, dass die Ackerbohnen ausfallen. Bei Lupinen wird derzeit noch geforscht, welche Kulturen sich optimal ergänzen. Am Strickhof ist man derzeit daran auch mit Mischkulturen mit Mais zu testen.
Zu schade für Vieh
Zu den Körnerleguminosen, die für die menschliche Ernährung genutzt und in der Schweiz angebaut werden, gehören neben Soja zur Tofuproduktion in geringem Umfang auch Linsen und Süsslupinen. Sojabohnen brauchen viel Wärme um auszureifen, die Bohnen können nicht vor Anfang Mai gesägt werden und bei schlechter Witterung verlängert sich die Kulturdauer deutlich.
Daher sind die in Frage kommenden Anbauflächen in der Schweiz begrenzt. Meistens wird Soja verfüttert, zur Humanernährung wird derzeit nur Biosoja für Biotofu in der Schweiz angebaut. Linsen und Lupinen sind derzeit noch Nischenprodukte, die allerdings recht interessant sein könnten.
Lupine als Trendpflanze
Die aus dem Mittelmeerraum stammende Lupine wurde bereits in der Antike angebaut. In den 1930er Jahren wurden erste bitterstoffarme Pflanzen der Gelben, Weissen und Blauen Lupine selektiert. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts stehen Sorten für Süsslupinen zur Verfügung.
Damals erlebte der Anbau der Weissen Süsslupine in der Schweiz einen kleinen Aufschwung. Doch bereits wenige Jahre später gab es einen Dämpfer: Die Pilzkrankheit Anthraknose liess die Erträge einbrechen. Die Anbaufläche sank beinahe auf Null, die Züchtung musste wieder ganz von vorne beginnen. Seit 2005 stehen nun Sorten der Blauen Süsslupine zur Verfügung, die weniger anfällig auf Anthraknose sind.
Seither hat sich die Anbaufläche wieder etwas ausgedehnt, zumal auch der Handel eingestiegen ist. Die Fenaco garantiert die Abnahme der Lupinen zu einem festgelegten Richtpreis, auch Bio Partner setzt sich für Schweizer Lupinen ein. Neben der Verwendung in der Fütterung von Nutztieren (wofür sich Lupinen sehr gut eignen) sollen vermehrt auch Produkte für die menschliche Ernährung aus Lupinen hergestellt werden.
Die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten lässt Lupinen für die Lebensmittelindustrie in einem attraktiven Licht erscheinen. Vegan ist schliesslich in. Bereits wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem den Samen die unangenehmen Geschmacksstoffe entzogen werden können.
In Deutschland produziert ein Startup-Unternehmen auf Basis der so gewonnenen geschmacksneutralen Lupinenproteine und -fasern unter anderem Lupinennudeln, vegane Milchgetränke, Joghurt und Lupinen-Glace. Hergestellt wird auch Lupinenmehl das glutenfreien Backwaren, Fertigpizzas und normalen Broten beigemischt wird. Dadurch werden diese ballaststoffreicher und länger haltbar. Lupinenmehl hat weniger Kohlenhydrate als jede Getreidesorte.
Die Lupine gilt als das "Soja des Nordens". Süsslupinen sind besser an das hiesige Klima angepasst als Soja. Der Anbau ist auch in höheren Lagen möglich, einzig ein hoher Gehalt an freiem Kalk kann problematisch sein. Je saurer der Boden ist, desto geringer ist das Risiko für Kalkchlorosen. Da die Bakterien, mit denen die Lupinenwurzel eine Symbiose eingehen, in der Schweiz kaum vorkommen muss das Saatgut mit den entsprechenden Knöllchenbakterien geimpft werden.
Lupinen lassen sich gut ernten, weil sie standfest sind, ein gutes Abtrocknungsverhalten haben und ihre platzfesten Hülsen hoch am Stängel ansetzen. Der Vorfruchtwert von Süsslupinen ist hoch, sie durchwurzeln den Boden tief und liefern etwa 40 bis 60 kg Stickstoff pro Hektar für die nachfolgende Kultur.
Die grösste Herausforderung im Anbau der Blauen und damit schmalblättrigen Lupine ist die Unkrautunterdrückung. Die Pflanzen mit den schmalen Blättern decken den Boden nur schlecht, Spätverunkrautung kann deshalb zu Ernteproblemen führen. Der Anbau in Mischkultur soll helfen, dieses Problem zu lösen.
Linsen als Retrofood
Bis zum zweiten Weltkrieg wurden in der Schweiz Linsen angebaut. Danach verschwand der Anbau von den Äckern und mit ihm das Know-How. 1995 startete eine Familie in Genf einen ersten Anbauversuch. Heute werden von mehreren Betrieben in der Westschweiz wieder einige Hektar Linsen angebaut und gesamtschweizerisch vermarktet.
Linsen ertragen Trockenheit gut, ihr Proteingehalt ist hoch. Wie bei den meisten Körnerleguminosen sollten man bei ihrem Anbau einen grossen Abstand in der Fruchtfolge einhalten - idealerweise sollte die Anbaupause acht Jahre betragen.
Das Hauptproblem im Linsenanbau sind Verunreinigungen. Einerseits durch Unkraut, andererseits aber auch durch Steine. Nach der Blüte fällt die Linse zusammen, deshalb muss sie tief geschnitten werden - ohne dass dabei Steine und Erde in den Drescher wandern. Erschwerend kommt dazu, dass Linsen nicht gleichzeitig ausreifen. Entscheidend für den Anbauerfolg ist die erfolgreiche Unkrautregulierung von Linsen-Reinkulturen. Besser sind Linsen-Mischkulturen, wobei diverse Mischungspartner in Frage kommen. Die Aufbereitung des Erntegutes ist anspruchsvoll, da wirklich alle, auch noch so kleinen Steine, entfernt werden müssen.
Die Rückkehr des Linsenanbaus in die Schweiz ist zwar eine Erfolgsgeschichte. Dennoch wird ihr Anbau vom Bund nicht speziell gefördert, Einzelkulturbeiträge gibt es dafür nicht. Der Bund hat lediglich die Vermarktung der Linsen über die Verordnung zur Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft (QuNaV) mit einem einmaligen Betrag finanziell unterstützt. Umso schöner, dass Linsenbauer Courtois letztes Jahr für sein Engagement mit dem Schweizer Agropreis ausgezeichnet wurde.
Eveline Dudda, lid