Ungewohnt harsch kommt sie daher, die Stellungnahme des Regierungsrats des Kantons Bern zum landwirtschaftlichen Verordnungspaket 2017. «Neue Regelungen haben einer ganzheitlichen und transparenten Problemanalyse und Kosten-Nutzen-Betrachtung standzuhalten. Die vorliegenden Vorschläge des Bundes zur Änderung der Strukturverbesserungsverordnung vermögen in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen», schreibt der Regierungsrat im Begleitschreiben zu seiner AP-Stellungnahme. Wiederholt kritisiert der grösste Agrarkanton den weiterhin steigenden Vollzugsaufwand. Entgegen den immer wieder gemachten Versprechen nehme dieser laufend zu. «Als Folge der immer differenzierteren Ausgestaltung des Direktzahlungssystems, stossen alle Beteiligten an die Belastungsgrenzen», schreibt der Regierungsrat weiter.

Kein adäquater Nutzen

Zudem werde es immer schwieriger, ein klares agrarpolitisches Zielsystem mit darauf abgestimmten Instrumenten und Massnahmen zu erkennen, schreibt der Kanton Bern in seiner Stellungnahmen weiter. Die jährlich umfassenden Verordnungspakete, welches aktuell 300 Seiten umfasst, lade geradezu dazu ein, das Instrumentarium laufend auszubauen und fein zu justieren. «Dieser Änderungsrhythmus mit der einhergehenden Änderungsphilosophie führt bei den Betroffenen zu anhaltender Verunsicherung und bewirkt grosse Transaktionskosten, denen kein adäquater Nutzen gegenübersteht», spricht wohl der Regierungsrat des Kantons Bern der gesamten Landwirtschaft aus dem Herzen.

Der Kanton Bern stelle den Vollzug der Agrarpolitik des Bundes für mehr als einen Fünftel der Ganzjahresbetriebe als auch Sömmerungsbetriebe sicher. Entsprechend fordert der Regierungsrat den Bund dazu auf, diese Vollzugserfahrung und die Vernehmlassung angemessen zu gewichten. «Im weiteren bedauern wir, dass die Kantone im Vorfeld nicht angemessen in die Ausarbeitung der vorliegenden Anpassungsvorschläge einbezogen wurden», schliesst der Begleitbrief des Kantons zu seiner detaillierten, 37-seitigen Stellungnahme.

Keine klare Linie

Ganz besonders störend findet der Kanton Bern die Massnahmen zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass der Bund diese einführen wolle ohne sie zuvor auf ihre Wirksamkeit und Vollzugstauglichkeit zu prüfen. Der gleiche Bund verlange aber beim Berner Pflanzenschutzprojekt eine wissenschaftliche Begleitung und ein Wirkungsmonitoring, um die Wirksamkeit der Massnahmen auf-
zuzeigen. «Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn ähnliche Massnahmen als Ressourceneffizienzbeitrags-Massnahmen eingeführt werden, ohne die Ergebnisse der verlangten wissenschaftlichen Begleitung abzuwarten», schreibt der Kanton. Dies sei nicht kohärent zu den BLW-Auflagen zum Berner Pflanzenschutzprojekt. Die Einführung in den Bereichen Rebbau und Zuckerrübenbau verkompliziere die Direktzahlungsverordnung unnötig. Eine klare Linie sei nicht ersichtlich und ein gesamtheitlicher Ansatz im Pflanzenbau fehle. Eine Einführung von weiteren Ressourceneffizienzbeiträgen lehnt der Kanton Bern darum ab. Die Harmonisierung der Einzelkulturbeiträge hingegen begrüsst der Kanton Bern.

Strukturverbesserungsverordnung: Der Kanton Bern erachtet es nicht als zielführend, wenn der Bund mit ständig neuen Regelungen die unternehmerischen Möglichkeiten in der Landwirtschaft einschränkt. Auch der damit steigende administrative Aufwand lehnt er ab. Ausdrücklich lehnt er in diesem Zusammenhang den Zwang zur Weiterbildung für Betriebsleiter ab. Dies fördere «Pseudo-Generationengemeinschaften». Ebenfalls lehnt er eine Erhöhung der Anforderungen für Investitionshilfen ab und will das heutige System mit Ermessensspielraum für die Vollzugsbehörden beibehalten.

Absatzförderungsverordnung: Lobend äussert sich der Kanton Bern über die Revision der Landwirtschaftlichen Absatzförderung. Diese komme übersichtlicher und klarer daher. Besonders zu begrüssen seien die Anpassungen zur Verbesserung der strategischen Steuerung und der Absatzförderung. Doch auch hier betont der Kanton Bern, dass er auf eine administrativ einfache und transparente Umsetzung und Gesuchsbeurteilung beim Bund hofft.

Investitionshilfen und soziale Begleitmassnahmen: Hier verweist der Kanton Bern auf die Bemerkungen zur Strukturverbesserungsmassnahmen. In diesem Zusammenhang spricht er sich vehement gegen eine Aufblähung der Verordnung aus. Die Vollzugsbehörden überprüften bereits heute die Verhältnisse auf den Betrieben umfassend. Die vorgeschlagenen Ergänzungen des Bundes führten daher lediglich zu einer Aufblähung der Verordnung ohne adäquaten Nutzen. Vorgaben zur Tilgung seien gar «nicht vollzugsrealistisch» und stünden gar in gewissem Widerspruch zu Vorgaben der Finanzmarktaufsicht. Ausserdem will der Kanton Bern die pauschalen Ansätze für Investitionshilfen erhöhen. Seit der letzten Anpassung 1999 beziehungsweise 2008 seien die Anforderungen und Ansprüche an Ökonomiegebäude deutlich gestiegen. Die Gründe dafür seien zusätzliche Anliegen und Vorschriften von Natur- und Heimatschutz, Umweltschutz, Gewässerschutz sowie von Raumplanung und Tierschutz, Tierwohl. Auch die Kosten für Betriebseinrichtungen durch anspruchsvollere Gebäudetechnik und die generellen Baukosten seien gestiegen. Dies alles sei für den Landwirten nur bedingt oder nicht steuerbar, gibt der Regierungsrat zu bedenken.

Daniela Joder

Weitere Informationen und die gesamte Stellungnahme unter: www.rr.be.ch / Regierungsratsbeschlüsse