«Da milde Winter immer häufiger werden, wachsen auch die Wildschweinpopulationen exponentiell», erklärte der Wildtierbiologe Sebastian Vetter . Ein Grund dafür sei die Thermoregulation der Tiere. Bei sehr niedrigen Temperaturen müssten sie viel Energie aufwenden, um ihre Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Deshalb könnten sie im Folgejahr weniger Energie in die Reproduktion und die Aufzucht des Nachwuchses investieren. Darüber hinaus kosteten harte Winter zahlreichen Jungtieren das Leben. Dagegen überleben in wärmeren Wintern mehr Frischlinge. Auch die verfügbare Nahrung sei ausschlaggebend, hob Vetter hervor.

Wildschweine ernährten sich hauptsächlich von Bucheckern und Eicheln. In sogenannten Mastjahren, in denen Buchen und Eichen besonders viele Früchte trügen, gebe es für die Schweine Nahrung im Überfluss. Solche Mastjahre träten in unregelmässigen Intervallen auf und würden in den vergangenen Jahrzehnten immer häufiger. Gehe einem kalten Winter ein Mastjahr voraus, dann hätten die Tiere genug Energie für die Thermoregulation und die Population könne trotz der unvorteilhaften Temperaturen weiter wachsen, erläuterte der Wissenschaftler.

Erst wenn die durchschnittliche Temperatur im Winter einen bestimmten Schwellenwert erreiche, wachse eine Wildschweinpopulation in der nachfolgenden Saison. In südlichen Regionen sei dieser Schwellenwert höher als im Norden. «Diese regionalen Unterschiede haben mit dem Körperbau der Tiere zu tun. Wildschweine im Süden sind kleiner als jene im Norden. Das verändert das Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpervolumen und damit die Wärmeabstrahlung», erklärte Vetter.

Klein zu sein sei in der Kälte nachteilig, bringe aber in den heissen Sommern des Südens thermoregulatorische Vorteile. Die regional unterschiedliche Körpergröße der Wildschweine sei der Grund, warum das Populationswachstum überall in Europa trotz erheblicher Unterschiede in den Wintertemperaturen fast gleichzeitig begonnen habe.

AgE