Ein Melkroboter, 40 Kühe und ein 24-Stunden-Weidebetrieb. Kann das funktionieren? Ja es kann, und zwar einwandfrei! Der beste Beweis bietet der Milchwirtschaftsbetrieb von Doris und Peter Schmitz aus Untersteckholz BE. «Dank neuster Technik können Melkroboter und Weide erfolgreich kombiniert werden», sagt der Landwirt. Damit das System reibungslos funktioniert, sind drei Sachen entscheidend: Erstens ist es von Vorteil, wenn die Weideflächen rund um den Stall liegen; zweitens braucht es ein ausgeklügeltes Futterbau- und Weidemanagementsystem; und drittens, womöglich das Wichtigste, ist ein spezielles Selektionstor nötig, dass den Kühen Zugang zur Weide ermöglicht.
Eine Reise nach Irland
Der Milchproduzent für Emmentalerkäse liess sich am Anfang nur schwer vom Projekt überzeugen. «Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass dieses System auch bei uns funktionieren könnte und die Kühe alleine aus über 700 Meter Distanz nach Hause zurückkehren. Erst recht nicht, da wir ein Vollweidebetrieb mit saisonaler Abkalbung sind», blickt er zurück. Erst eine Reise zusammen mit Marcel Schwager, Verkaufsleiter von Lely Schweiz, nach Irland, wo schon über 100 Lely-Astronaut- Roboter in Kombination mit Vollweide melken, zeigten Schmitz die Möglichkeiten auf und wischten seine Zweifel weg. «Hier sah ich auf verschiedenen Farmen, dass dieses System – Melkroboter und Weiden – einwandfrei und äusserst effizient funktioniert. Warum also nicht auch bei mir zu Hause?», lacht Schmitz.
In drei Blöcke eingeteilt
Peter Schmitz hat seine Weideflächen in drei Blöcke A, B und C eingeteilt. Täglich erhalten die Tiere in jedem Block eine frische Portion Gras. Über das Selektionstor haben die Kühe Zugang zur Weide. Dabei werden nur diejenige Kühe zur Weide entlassen, die der Roboter bereits gemolken hat. Die Bereitstellung einer «Morgen-Weide» (A), einer «Nachmittags-Weide» (B) und einer «Abend-Weide» (C) bewirkt, dass die Kühe wieder alleine den Weg in den Stall zum Melkroboter und später auf eine neue, frische Weide finden. «Während der Vollweidezeit treiben wir nie Kühe zum Roboter», meint Schmitz erfreut und ergänzt: «Wenn das Weidemanagement stimmt, zieht das frische Weidegras genügend und das System würde sogar ohne Kraftfutter funktionieren.» Wie lange die Kühe auf der Weide bleiben und wie viel sie fressen, hängt von der Tageszeit und vom Wetter ab. Das Selektionstor als zentrale Stelle leitet den Tagesablauf so, dass die Tiere sich frei bewegen können, immer mit Zugang zur Weide. Dieses Weidesystem verlangt somit keinen Treibeaufwand und führt gleichzeitig zu einer hohen Flächennutzung. «Es ist wichtig, dass die angelegten Wege gut befestigt sind, damit die Kühe diese gerne benutzen», hält Peter Schmitz fest.
Noch nicht ausgelastet
Die Zuteilung der einzelnen Koppeln erfolgt so, dass die Kühe in zirka acht Stunden die Fläche abgegrast haben. Eine zu grosse Zuteilung würde dazu führen, dass die Tiere weniger motiviert sind, die Fläche zu wechseln, und somit auf der Koppel verweilen. Damit dieses System mit Vollweidebetrieb auch funktioniert, braucht es zusätzlich einen einwandfreien Futterbau. Und hier überlässt der Betriebsleiter nichts dem Zufall. Neben einer guten Grasnarbe gilt einem abwechslungsreichen Bestand die höchste Priorität beizumessen. «Wenn wir sehen, dass das Gras zu alt wird, machen wir einen Zwischenschnitt», sagt Peter Schmitz.
Seit gut einem Jahr werden die 40 Kühe, vorwiegend der Rasse Swiss Fleckvieh, von der Familie mit einem Lely-Roboter gemolken. Pro Kuh und Tag sind im Durchschnitt 2,2 Melkungen vorgesehen. Ende Laktation können die Melkungen tiefer sein. Anfangs Laktation steigen sie auf über drei Melkungen an. Da alle Kühe vom Januar bis Ende Februar abkalben wird der Roboter für sechs Wochen abgestellt. «Im Moment ist unser Roboter nur zu 50 Prozent ausgelastet. Ich bin mir sicher, wir würden mit diesem System auch 70 bis 80 Kühen schaffen, doch mit 50 bis 60 Kühen läuft es am besten», sagt der Landwirt. Ziel sei es, pro Jahr mit dem Roboter etwa 350 00 kg Milch zu melken. Laut Marcel Schwager gebe es in Irland Betriebe, die über 90 Kühe auf Vollweide mit einem Roboter melken.
«Der Roboter und die Vollweide haben mir eindeutig mehr Flexibilität gebracht und meine Einstellung zur Landwirtschaft stark verändert», so der Betriebsleiter. Trotz der Anschaffungskosten von rund 200 00 Franken für den Roboter und 10 00 Franken für das Selektionstor möchte man auf dem Hof Schmitz auf beides nicht mehr verzichten, denn die Arbeitsproduktivität hat sich massiv erhöht und zahlt die Investition problemlos zurück.
Peter Fankhauser