Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs ist Silvia Eigenmann involviert in die Vorbereitungen zum «Bäuerinnen-Zmorge» am BBZ Arenenberg. Organisiert wird der Anlass von der Kommission «Frauen in der Landwirtschaft» des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL). Die Bäuerin ist Teil der
Berufsbildungskommission des Landwirtschaftsverbands und organisiert im Herbst den Standauftritt des VTL an der Berufsmesse Thurgau in Weinfelden TG mit. Hier informiert sie Jugendliche und Eltern über die Weiterbildung «Ernährung, Hauswirtschaft, Bäuerin». Und auch auf ihrem Biobetrieb findet sie stets eine Beschäftigung.
Zwei Dekaden biologisch
Silvia Eigenmann bewirtschaftet mit ihrem Mann Patrik seit 20 Jahren einen Biobetrieb, dessen Schwergewicht auf Milchwirtschaft und Hochstammobstbäumen liegt. Ihr Wohnort Schweizersholz im Kanton Thurgau liegt, eingebettet in hügeliger Landschaft, fernab vom Durchgangsverkehr. Vom Fenster in der Wohnstube fällt der Blick auf den Alpstein.
Die Landwirtin betont, dass ihre Familie mit den vier Kindern – zwei Söhne und zwei Töchter im Alter zwischen zehn und 19 Jahren bereichern das Haus Eigenmann – oberste Priorität geniesst. Inzwischen sind die drei Ältesten in Lehr- und Ausbildungsbetrieben und damit nicht mehr jeden Tag zuhause. Dies ermögliche es ihr, stundenweise einer ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Seit über einem Jahr ist Silvia Eigenmann Teil des Ladenteams in der «Chäshütte» der Molkerei Biedermann AG in Bischofszell TG, was ihr viel Freude bereitet. «Früher, als die Kinder noch klein waren, wollte und konnte ich nicht auswärts arbeiten», sagt die Bäuerin.
Zentrale Werte vermittelt
Es war ihr wichtig, die wertvollen Momente der kindlichen Entwicklungsschritte hautnah mitzuerleben. «Und ich versuchte, meinen Kindern Werte wie zum Beispiel das Familienleben und die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung zu vermitteln», bemerkt die vierfache Mutter. Silvia Eigenmann erlernte zuerst den Beruf der Kinderkrankenschwester. Nach der Geburt ihres ersten Kindes arbeitete sie eine Zeit lang noch in Teilzeit am Thurgauer Kantonsspital Münsterlingen weiter. Nach der Geburt des zweiten Kindes gab sie diese Beschäftigung auf. Heute schätzt sie ihre Verkaufstätigkeit in der «Chäshütte»: «Der grosse Unterschied zu meiner früheren Tätigkeit am Spital ist, dass ich hier keine belastenden Eindrücke mit nach Hause nehme», erzählt die Landwirtin rückblickend.
Motivation ist vorhanden
Vor 20 Jahren konnte Silvia Eigenmanns Ehemann Patrik den elterlichen Betrieb übernehmen – die Umstellung auf Bio erfolgte bereits 1994. Im vergangenen Jahr bot sich der Familie Eigenmann die Chance, einige Hektaren Pachtland von einem Betriebsleiter im Ort zu übernehmen, der altershalber sein landwirtschaftliches Wirken aufgab. Das zusätzliche Land und die Aussicht, dass der älteste Sohn Stefan in Bälde auf dem Betrieb mitarbeitet, geben dem Ehepaar eine motivierende Perspektive.
Stefan Eigenmann ist derzeit im zweiten Lehrjahr auf einem Biobetrieb und möchte nach seiner Ausbildung auf dem elterlichen Hof mittun. Das Betriebsleiterpaar hat die Arbeit so strukturiert, dass es diese ohne fremde Arbeitskräfte bewältigen kann. Ihren Hof führen die Eigenmanns derzeit noch kooperativ als Betriebsgemeinschaft zusammen mit dem Bruder der Bäuerin. Silvia Eigenmann hilft bei der Arbeit im Milchviehstall und im Sommer bei der Feldarbeit mit. Vor über zehn Jahren begann sie, sich mit Homöopathie für Nutztiere auseinanderzusetzen. «Bei Gesundheits- und Fruchtbarkeitsproblemen der Kühe probiere ich zuerst homöopathische Mittel aus der Stallapotheke.»
Unterstützung und Beratung
Silvia Eigenmann ist seit vier Jahren in der Kommission «Soziales» des Verbands Thurgauer Landwirtschaft engagiert. Es stimmte sie nachdenklich, als sie kürzlich Medienberichte über bäuerliche Suizide lesen musste. Sie sei sich bewusst, dass sich Bäuerinnen und Bauern oft scheuen und auch schämen würden, jemandem ihre Probleme anzuvertrauen. «In der Kommission ‹Soziales› bieten wir eine ‹offene Türe› und weisen auf zahlreiche Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten hin.» Den Weg in die Beratung müsse jedoch jeder selbst gehen.
Realistische Betriebsziele
Die engagierte Bäuerin findet es wichtig, dass Bäuerinnen und Bauern ihre Arbeitsbelastung kontrollieren und sich realistische Betriebsziele setzen. Auf ihrem Hof hat die Familie Eigenmann vor drei Jahren einen Melkroboter eingeführt. «Ich bin mir bewusst, dass Melkroboter noch nicht allgemeine Akzeptanz geniessen. Aber für uns bedeutet diese Technologie eine wesentliche Arbeitserleichterung.» Durch die flexiblere Ausgestaltung der Arbeitszeiten habe sich die Lebensqualität der Familie deutlich erhöht, sagt die Bäuerin.
Isabelle Schwander