Im Januar hatte der Kanton Luzern das 167 Mio Franken teure Generationenprojekt «Hochwasserschutz- und Renaturierung Reuss» vorgestellt. Von Anbeginn sehr kritisch war die Landwirtschaft, wegen des hohen Landverbrauchs (siehe auch «BauernZeitung» vom 23. Januar, 27. März und 10. April). Bis Ende April lief die Vernehmlassungsfrist zum Projekt. Eingetroffen seien rund 60 Stellungnahmen, diese sollen geprüft und in einem Mitbericht dokumentiert werden, informierte der Kanton in einer Medienmitteilung letzte Woche.


Nur die Landbeanspruchung wird kritisiert


Alle seien für Hochwasserschutz, erklärt Albin Schmidhauser, Abteilungsleiter Naturgefahren im VIF, auf Anfrage der «BauernZeitung» zum Tenor der Stellungnahmen. Pauschale Kritik habe es von den betroffenen Landeigentümern und ihren Vertretern wegen der Landbe­anspruchung gegeben. «Fundamentalkritik gegen das gesamte Projekt oder Forderungen für grundlegende Projektänderungen wurde aber nicht geäussert.» Zur hohen Landbeanspruchung von rund 56 ha meint Schmidhauser, dass dieses für die Gerinneaufweitung, das heisst Verbreiterung der Reuss, nötig sei. «Das Land braucht es für den Hochwasserschutz, unabhängig von Massnahmen zur Renaturierung. Eine Aufstockung der Dämme oder Absenkung des Flussbetts ist nicht möglich.» Diese Flächen könnten nicht verringert werden.

Fehlende Kompensation für Kulturland

Der Kulturlandverlust war auch Teil einer Anfrage von Kan-tonsrat Patrick Meier, welche die Regierung nun beantwortete. Der Erwerb von Boden und Rechten für Hochwasserschutzprojekte beginne erst nach Erteilung der Projektbewilligung. Das sei im Fall der Reuss erst ab 2019 realistisch. Weil das Vorhaben an der Reuss aber sehr komplex sei, wurden vor einem Jahr im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Begleitplanung die Anliegen von Landwirten aufgenommen.

So soll frühzeitig eruiert werden, welche Bauern über den langen Realisierungszeitraum an eine Aufgabe oder Umstellung der Bewirtschaftung denken. Deren Land könne ganz oder in Teilen als Realersatz für die weiter wirtschaftenden Landwirte erworben werden, schreibt die Regierung. Die zuständige Dienststelle habe zudem den Auftrag erhalten, für das Reuss­projekt vorsorglich Land zu erwerben. Dem Vernehmen nach steht solches bisher aber nicht zur Verfügung.


Am Gesamtprojekt wird nicht gerüttelt


Im Rahmen der Vernehmlassung fanden bisher keine Gespräche mit involvierten Kreisen statt. Lediglich zur Klärung von Stellungnahmen für den geplanten Mitbericht sind demnächst aber solche vorgesehen, erklärt Albin Schmidhauser. Die An­liegen aus den Stellungnahmen würden nach Möglichkeit berücksichtigt, «sofern sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und mit den Projektzielen vereinbar sind.»

Am Projekt werde aber grundsätzlich festgehalten, ein Verzicht oder Änderungen von einzelnen Teilen seien nicht 
beabsichtigt. «Der Hochwasserschutz kann entlang des ganzen Flusslaufs nur mit der Realisierung aller Teilprojekte erreicht werden», schreibt die Regierung an Kantonsrat Meier.


Bauprojekt kommt vor das Volk


Der Mitbericht sei Teil des Auflagedossiers, die öffentliche Auflage des Reuss-Projekts ist im November 2015 vorgesehen. Da der Bund aufgrund der Koppelung des Hochwasserschutzprojekts mit Renaturierungsmassnahmen in Aussicht gestellt hat, 80 Prozent der Kosten zu übernehmen, bleiben dem Kanton noch 20 Prozent oder 33 Mio Franken. Gemäss üblicher Kostenaufteilungspraxis würde den Reuss-Gemeinden davon ein Beitrag von 20 Mio Franken bleiben. Weil die Bruttokosten für den Kanton aber über der Limite von 25 Mio Franken liegen, brauche es für dieses Bauprojekt sicher eine kantonale Volksabstimmung.


Interessengemeinschaft wird Projekt bekämpfen

Bedauern, dass der Kanton bisher den Kontakt nicht suchte, äussert Patrick Schmid aus Emmen. Er ist Präsident der

«IG für vernünftigen Hochwasserschutz».


«Das Wissen über den aktuellen Stand haben wir nur aus der Zeitung», erklärte Patrick Schmid. Bisher sei überhaupt kein Entgegenkommen gegenüber den Anliegen feststellbar. Falls der Kanton am Landverbrauch festhalte und auch am bisher tiefen Abgeltungspreis für beanspruchtes Land für öffentliche Zwecke, so werde die IG das Projekt zu verhindern versuchen, gibt sich Schmid kämpferisch.


Josef Scherer