Allein im letzten Jahr hat der Schweinefleischkonsum trotz brillantem Grillwetter gegenüber 2014 um nicht weniger als 3,7 Prozent oder 860 Gramm pro Person abgenommen. Zwar liegt man in der Konsum-Rangliste immer noch unangefochten an der Spitze der Fleischarten, aber die Tendenz ist klar. Grund genug für Situationsanalysen von Präsident und Geschäftsführer anlässlich der DV vom Mittwoch in Sarnen.
Verhaltensänderung und Einkaufstourismus
Die Branche hat zwei klare Trends gegen sich, der eine sind die Verhaltensänderungen im Konsum, Schweinefleisch gilt in der allgemeinen Wahrnehmung als weniger gesund als etwa Geflügel, das am boomen ist. Gleichzeitig wird der immer noch sehr solide Grenzschutz durch den Einkaufstourismus unterlaufen, wobei es keine klaren Zahlen gibt bezüglich der Quantitäten.
Einen einfachen Ausweg wird es nicht geben, darüber macht man sich bei Suisseporcs keine Illusionen. Unbestritten war in Sarnen, dass die Schweizer Produzenten bei aller Rationalisierung, die Produktivität hat in den letzten Jahrzehnten massiv zugelegt, im Preiskampf mit internationalen Schweinefleisch-Grossmächten nie wird mithalten können, wie Präsident Meinrad Pfister unterstrich.
"Wir müssen unser Profil schärfen"
Pfister ist überzeugt, dass sich die Schweizer Produktion abheben muss von der internationalen Produktion, damit sie eine Chance hat, zu bestehen, und den Mehrpreis zu rechtfertigen. "Wir müssen unser Profil schärfen", sagte Pfister vor den gut 100 Delegierten. Dazu gehört auch eine konsequente Umsetzung der Tierschutzmassnahmen, wie etwa die Inhalationsnarkose bei der Ferkelkastration.
Das gab Pfister Gelegenheit, einzelne schwarze Schafe zu rügen, welche mit ihrer Nachlässigkeit die Reputation der ganzen Branche gefährdeten. Er erwähnte ein Mitglied in der Ostschweiz, das kürzlich aufflog, weil der Schweinehalter 3400 Ferkel ohne Inhalation kastriert hatte.
"Öffnet die Stalltüren"
Auch Geschäftsführer Felix Grob appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Mitglieder: "Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir alle Versprechen aus der Basiskommunikation auch einhalten", unterstrich er. Dazu gehöre auch, dass man transparent sei bezüglich Haltung: "Öffnet die Stalltüren, zeigen wir, was wir tun", sagte Grob.
Erfreut hat Präsident Pfister festgestellt, dass Schweinefleisch in den letzten Monaten vermehrt positiv in den Schlagzeilen war. Trend- und Spitzengastronomen nehmen sich des Borstenviehs wieder lustvoll an. "Ohne Sau ist es nur halb so schön", zitierte er zum Beweis den mehrfach ausgezeichneten Koch Andreas Caminada. Und Felix Grob ergänzte, dass es schlicht wieder "sexy" werden müsse, das Schweinefleisch.
"Marktöffnung kommt auch im Fleischbereich"
In einem Referat anschliessend an die traktandierten Geschäfte erhielt der sonst eher Milch-fokussierte Markus Zemp, seines Zeichens Präsident von Branchenorganisation Milch (BOM) und Braunviehzuchtverband ein Referat, in dem er den Schweinehaltern die Auswirkungen der Liberalisierung im Milchmarkt aufzeigte. Selbst wenn das EU-US-Freihandelsabkommen TTIP nicht komme, rief er ihnen zu, dürfte sie sich keine Illusionen machen: Die Marktöffnung und damit zunehmender Druck auf die Preise komme unabhängig davon auch auf die Fleischbranche zu.
Er forderte die Schfweinehalter auf, nicht Illusionen zu bewirtschaften ("diese überlassen Sie besser den Leserbriefschreibern"), sondern Marktchancen zu nutzen. Diese sieht er in den typisch helvetischen Mehrwerten Natur, Berge, Ehrlichkeit, Produktesicherheit und Qualität. Allerdings, so warnte Zemp, der Weg sei sehr ruppig, solange die Schweiz derart klar höhere Produktionskosten habe als die ausländische Konkurrenz: "Wir haben ein Kostenproblem und nicht ein Preisproblem". Zu dessen Lösung würde er auch dem Schweizer Bauernverband ab und zu ein etwas offeneres Visier wünschen, so Zemp.
Adrian Krebs