Mit einem kurzen, leisen "Bssst" macht sich Pascal Brändle auf seinem Hof im thurgauischen Maischhausen vor dem Kälberstall bemerkbar. Schon kommen die neugierigen Kälblein zur offenen Stalltüre und beginnen, die ihnen zugestreckte Hand zu lecken.
Der grosse, kräftige Jungbauer lässt seine Kälber an seiner Hand nuckeln und erzählt, wie es dazu kam, dass er am vergangenen Neujahr, zusammen mit seiner Frau Patricia, den Hof seiner Eltern übernommen hat, obschon er als Schüler mit der Landwirtschaft noch wenig anfangen konnte und deshalb seiner grösseren Begeisterung fürs Holz folgte und Forstwart wurde.
Nein, mit Tieren habe er sich als Kind und als Jugendlicher nicht so gerne beschäftigt, viel lieber war ihm der Wald, das Holz, die harte Arbeit draussen, bei Schnee und Kälte. Die Eltern hatten sich schon fast damit abgefunden, dass keines ihrer vier Kinder den Hof übernehmen will und suchten nach Lösungen.
"Als ich mir dann die Situation mal genauer überlegte und die Möglichkeiten analysierte, hat es mir den Ärmel doch reingenommen", erzählt der 27-Jährige. Die Eltern hätten ihn aber nie gedrängt, erzählt er weiter. Eher sei es die Möglichkeit gewesen, seinen Erstberuf als Forstwart und die Landwirtschaft zu kombinieren, was ihn gereizt habe.
Vater ist vom Sohn angestellt
Er suchte einen Lehrbetrieb und begann die verkürzte Ausbildung zum Landwirt. Anschliessend absolvierte er die Winterschule, erlang das Diplom zum Landwirt mit Fachausweis und bildete sich schliesslich weiter zum Meisterlandwirt.
Als er nach dem auswärtigen Ausbildungsjahr auf den elterlichen Hof zurückkam, atmeten die Eltern auf und Pascal Brändle war fest entschlossen, auf den 1. Januar 2016 den Hof zu übernehmen. Mit dabei war seine Frau Patricia und Tochter Lia.
Die junge Familie war bereit, den 30 Hektaren grossen Hof, den Pascals Eltern während der vergangenen 32 Jahren mit Milchwirtschaft, Ackerbau und Hochstammobst aufgebaut hatten, zu übernehmen.
Die Eltern räumten das grosse Wohnhaus und zügelten in eine Wohnung in der Nähe. Während seine Mutter ihr Pensum als Religionslehrerin erweiterte, arbeitet der Vater mindestens noch bis zur Pensionierung in ein paar Jahren weiterhin als Angestellter beim Junior auf dem Hof.
Zwei Berufe sind für Landwirte ideal
"Eine gute Sache", findet das der Junior und ist um die langjährigen Erfahrungen seines Vaters froh. Ihn reut manchmal, dass er nicht zuerst den Beruf des Landwirts gelernt hat und erst später Forstwart wurde, sagt er heute. Er hätte so mehr Erfahrungen auf drei verschiedenen Lehrbetrieben.
Er findet es in der heutigen Landwirtschaft fast zwingend, dass Landwirte einen weiteren Beruf haben. Dass er heute sowohl als Landwirt wie auch als Forstwart als selbständiger Unternehmer tätig sein kann, sei ideale und das gelte es zu nutzen, ist er überzeugt.
Auswärts als Angestellter arbeiten wäre nichts mehr für ihn: "Ich liebe das Risiko, ich will von meiner Arbeit und meinen Produkten leben und eine Familie ernähren können." Dass er die unterschiedlichen Arbeiten auf dem Hof, im Feld und Stall und im Wald selber einteilen kann macht die Sache einfacher.
Trotzdem sollte er hin und wieder überall sein. Momentan ist das Obsten angesagt, Brennholzbestellungen kommen fast täglich rein, zugleich sollte aber an verschiedenen Orten das Käferholz (Holz das vom Borkenkäfer befallen ist) weggeschafft werden, um die Verbreitung zu stoppen.
Dem jungen Berufsmann ist bewusst, dass Arbeiten im Dienstleistungssektor je länger je mehr gesucht sind und Erfolg versprechen. Aber auch ein grosses Mass an Flexibilität abverlangen. Eine gesunde Balance zu finden sei eine Herausforderung, die er zusammen mit seiner Familie noch finden müsse.
Genügend Zeit für die Familie
Patricia Brändle ist ein Jahr jünger als Pascal und hat sich nach einer Ausbildung zur Bäckerin/Konditorin ebenfalls als Landwirtin mit Fachausweis und anschliessend zur Betriebsleiterin ausbilden lassen.
Heute hat sie ihre Freude an der Arbeit mit Hunden zum Beruf gemacht und gibt in ihrer alten Heimat in Mettmenstetten wie auch in Maischhausen Erziehungskurse für Hundehalter, Agility und Alltagstrainings.
Im Gegenzug haben sie die Direktvermarktung runtergefahren und den Christbaumverkauf aufgegeben. "Alles geht einfach nicht", ist sich der junge Berufsmann und Familienvater bewusst. Er möchte ansonsten den Betrieb so erhalten, wie er ist, seine Arbeit im Holz im selben Rahmen weiterführen und genügend Zeit für seine Familie haben.
Einen Lehrling auszubilden wäre eine Herausforderung, die er sich ebenfalls vorstellen könnte. Eine intakte Familie ist ihm ganz besonders wichtig, dafür will er sich auch in Zukunft einsetzen und er ist auch froh, dass die Übergabe von seinen Eltern an ihn und seine Frau so reibungslos gelaufen ist.
Gibt es für den engagierten Berufsmann auch noch ein Freizeitvergnügen? "Singen, jodeln, zurück mit der E-Gitarre in eine Band oder doch die Feuerwehr - ich habe mich noch nicht entschieden."
Ruth Bossert, lid