Die gewaschenen und eingeweichten Sojabohnen schimmern goldgelb, wenn man die einzelnen Bohnen mit Daumen und Zeigefinger zusammendrückt, quietscht es leicht. Auf Knopfdruck kullern die Bohnen in die Maschine, die nebenan steht. «Das ist die Milchkuh», erklärt Jörg Helbling (59), während des Rundgangs im zürcherischen Rüti. Bis vor ein paar Monaten gehörte die Tofufabrik Noppa AG ihm und seiner Frau Noppa (38), einer Chinesin mit thailändischen Wurzeln. Die beiden haben die Firma während der vergangenen elf Jahre aufgebaut. Seither ist der Betrieb stets gewachsen. Mittlerweile produzieren 15 Angestellte jährlich zwischen 300 und 400 Tonnen Tofu, Tendenz steigend.
Nur ein Teil kommt aus Schweizer Produktion
Die biologisch angebauten Sojabohnen kommen nur zu einem Teil aus Schweizer Produktion. Sie werden auf einer Fläche von 130 bis 150 Hektaren produziert. Nötig wäre mehr als doppelt so viel, um den Schweizer Markt abzudecken. Was nicht in der Schweiz produziert wird, muss aus Ungarn und Österreich zugekauft werden, alles in Bioqualität. Auch wenn Helbling gute biologisch angebaute Soja aus China zur Hälfte des Schweizer Preises einkaufen könnte, kommt das für ihn nicht in Frage. Auch aus den USA und Südamerika importiert er keine Biosoja zur Tofuherstellung.
Die Produktion erinnert an eine Käserei
In diesem Frühling entschieden sich Jörg und Noppa Helbling, ihre Firma zu verkaufen. «Wir hatten ein Wachstum von mehr als 50 Prozent und merkten je länger je mehr, dass wir diese hohe Expansion nicht mehr länger alleine verkraften konnten.» Nach der Prüfung diverser Angebote entschieden sie sich für die unabhängige Orior-Gruppe. Mit dem Verkauf wurde das Unternehmen Noppa Fredag AG, eine Tochterfirma der Orior-Gruppe. Seither arbeiten Noppa und Jörg Helbling im Product Management und der Produktentwicklung als Angestellte im Unternehmen mit.
In der Produktion, die eher an eine Käserei erinnert als an eine Halle, mahlt die «Milchkuh» die Sojabohnen und erhitzt den daraus entstandenen Brei auf über 100 Grad Celsius. Im nächsten Arbeitsschritt wird das Feste vom Flüssigen getrennt. Das Okara, das ist der feste Brei, wird als proteinreiches Viehfutter den Landwirten in der Umgebung abgegeben. Die Flüssigkeit hingegen ist das wertvolle Gut, aus dem der Tofu entsteht. Helbling nennt den nächsten Vorgang «der magische Moment».
Die Sojamilch wird in Stahlkesseln aufgefangen und sobald ein Mitarbeiter das Pulver Nigari – das ist ein Meersalzprodukt – hinzuschüttet, koaguliert die Sojamilch und wird augenblicklich dick. Das Vorgehen ist ähnlich wie bei der Käseherstellung, nur gibt es hier keinen Kuhkäse, sondern einen Tofukäse.
Die Qualität steht im Vordergrund
Nun wird die weisse, wabbelige Masse in bereitgestellte Schalen, ausgekleidet mit einem weissen Leinentuch, gepresst. Später wird die Schale gestürzt und die feste Masse, vergleichbar mit einem rechteckigen, weissen Puddingklotz, wird mit einem Messer in Scheiben geschnitten. Bis das Grundprodukt fertig ist, dauert es ungefähr zwei bis drei Stunden, erklärt Helbling. Er gerät ins Schwärmen ob seinem Produkt, er rühmt nicht nur die Geschwindigkeit der Herstellung und ernährungsphysiologische Vorteile, sondern auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten: «Aus einem Kilo Soja stelle ich dank dem Vorquellen der Bohnen rund eineinhalb Kilo Tofu her.»
Ein hochwertiger Tofu sei schön sämig und fast geschmacksneutral. Die Qualität erreiche man mit der Musse und deshalb lasse man dem Produkt auch seine Zeit, sagt Noppa Helbling während sie mit einem grossen Messer gleich grosse Stücke schneidet. «Uns ist die Qualität das Allerwichtigste.» Helbling nennt die Kreativität und die Neugier den Schlüssel zum Erfolg. «Tofu ist die ideale Trägersubstanz für sehr viele Aromen, und deshalb bietet er uns idealste Voraussetzungen, unsere Kreativität auszuleben», erklärt er und zeigt auf panierte, geschnetzelte, geräuchte, frittierte und marinierte Tofustücke.
Convenience Food liegt im Trend
Es bestehen kaum Grenzen, sagt Jörg Helbling und seine Frau Noppa erwähnt als Beispiel die Plätzchen mit der Cornflakes-Panade oder führt uns zu einem Mitarbeiter, der eben dabei ist, den zerkrümelten Tofu mit Quinoa zu mischen. «Das gibt ein wunderbares Produkt, das vor Gesundheit nur so strotzt und keine Konservierungsstoffe benötigt», erzählen die beiden. Obwohl Helblings den Tofu nicht eigentlich als Fleischersatz sehen, werden auch Würste produziert und sogar Pasteten. «Die Nachfrage ist vorhanden, weshalb sollen wir uns denn da verweigern?»
Drei Viertel des Tofus wird nach wie vor als weisser Power-Klotz verkauft. Der Rest wird auf unterschiedliche Art und Weise weiterverarbeitet. Ganz im Trend vom Convenience Food, das immer mehr Leute im Kaufregal wünschen. Mehr als 50 verschiedene Produkte werden fabriziert. Die Möglichkeiten seien noch lange nicht ausgeschöpft, ist Jörg Helbling überzeugt. Die meisten Produkte werden in Rüti fixfertig verarbeitet, andere werden in Betrieben der Orior-Gruppe zum Verkauf veredelt. Abnehmer sind die beiden Grossverteiler, der ganze Biomarkt, verschiedene Detailhändler und vermehrt die Gastronomie.
Ruth Bossert
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