Es sei ihr halbes Leben, "die andere Hälfte sind Familie und Betrieb". So umschreibt Pia Enz ihr Herzblut für Trachten. An die Anfänge kann sie sich gar nicht mehr genau erinnern. In der Bäuerinnenschule sei sie auf das traditionelle Gewand aufmerksam geworden und durch ihren Mann Hugo fand sie 1984 den Weg in die Trachtengruppe. "Dann erfuhr ich, dass meine Mutter im Estrich die alte Tracht einer Tante aufbewahrte", schildert die Giswilerin. Diesen Rock besitzt Pia Enz noch heute.

Tradition pflegen
Stolz nennt sie eine Werktags- und zwei Sonntagstrachten ihr Eigen. In ihrer Rolle als Trachtenberaterin weiss sie bis ins Detail, wie eine solche auszusehen hat. Ihr Leitfaden: "Möglichst wenig Veränderung." Nicht dass sich die sechsfache Mutter kategorisch gegen Neues wehren würde. Sie mag es einfach, Traditionen weiterzuführen: "Die Tracht hat tiefe Wurzeln, sie ist kein Modegag." Holland, Tschechien, Österreich, Deutschland: Der Obwaldner Tracht verdankt die 52-Jährige sogar Auftritte bis über die Landesgrenzen hinaus. Nicht zu übersehen sind die vielen Fotografien über dem Küchentisch: Pia Enz’ vier Töchter und zwei Söhne sind zwischen 19 und 29 Jahren alt und teilen allesamt ihre Faszination für Trachten. Gerne erinnert sich die Mutter an die aktivsten Zeiten, als die fünf Frauen der Familie im Kreis standen und einander beim Anziehen halfen. "Alles ging reihum, wenn sich eine umdrehte, mussten die anderen auch", lacht die aufgestellte Obwaldnerin.

Am liebsten selbst gemacht
Dass die Jugendlichen gemeinsam mit ihren Eltern in den Ausgang gehen, sei sehr speziell und wohl einzigartig, findet sie. Das Brauchtum verbinde eben Generationen. Die Trachtengruppe Giswil beispielsweise zählt viele junge Mitglieder. In ihrer Freizeit frischt die Bäuerin Zipfen und Hauben auf (siehe Kasten) oder fertigt ganze Gewänder. "Letzten Winter nähte ich drei kleine Sonntagstrachten für meine Enkel", erzählt sie begeistert und zeigt auch gleich Fotos der jüngsten Trachtenträgerinnen. Erst kürzlich häkelte sie eine Haube für ihre Tochter. Einen Stundenlohn gebe es nicht für solche Arbeiten, es zählt allein die Freude. "Wenn ich beim Zmittag auf die hungrigen Mäuler warten muss oder dann, wenn andere Velo fahren", findet Pia Enz Zeit für ihre Häkeleien.

Rare gemeinsame Freizeit
Auch ohne diese Handarbeiten ist der Alltag reich gefüllt, besonders im Sommer. Der Betrieb in Giswil umfasst zehn Hektaren, Familie Enz hält zehn Milchkühe, rund 16 Mastmunis sowie 20 Aufzuchttiere. "Ich mache alles ausser Mähen und Güllen", hält die Bäuerin fest. Ihr Tätigkeitsfeld erstreckt sich von der Versorgung der Rinder über Heuen bis hin zu Haushalt und Garten. "Wenn ich erst um fünf vor zwölf zum Kochen komme, gibts halt ein 'Starkstrom-Zmittag' statt mit viel Liebe", scherzt sie. In Sachen Ausbildung lässt sich Pia Enz nichts vormachen: Sie war damals mit 21 Jahren die jüngste diplomierte Bäuerin der Schweiz. Nach dem Haushaltslehrjahr absolvierte sie auf kürzestem Weg die höhere Berufsbildung. Die Büroarbeit überlässt sie heute aber gerne ihrem Mann Hugo: "Lieber häkle ich zwei Stunden, als dreissig Minuten am Computer zu sitzen", stellt sie klar. Ausser am Mittwoch, dann geniesst das Ehepaar Enz nämlich gemeinsam die Trachtentanzprobe.

ag

Die BauernZeitung Zentralschweiz und Aargau stellt in einer Serie die Trachten der Kantone Aargau, Luzern, Ob- und Nidwalden, Schwyz, Uri und Zug vor.