Der Roggenanbau und die traditionelle Verarbeitung in der Dorfgemeinschaft erleben im Kanton Wallis derzeit eine Wiederbelebung.
Im Zentrum steht das Walliser Roggenbrot: Der seit 2014 bestehende rechtliche Herkunftsschutz für den Anbau, Verarbeitung und Deklaration (vgl. Kasten AOP/ IGP) war für den Erhalt und die Wiederbelebung des Bergackerbaus im Wallis existentiell.
Um die Kultur und das Brauchtum rund um das Roggenbrot zu bewahren, hatten Walliser Bauern, Müller und Bäcker die Initiative ergriffen, um "ihr" Roggenbrot mit dem AOP-Siegel zu schützen.
Von grosser Bedeutung ist zudem der rechtliche Schutz der Begriffe "Berg" und "Alp". Bei Lebensmitteln mit diesem Zusatz müssen die Rohstoffe zwingend aus dem Berggebiet stammen und zudem im Berggebiet verarbeitet werden (vgl. Kasten).
Bei Verarbeitung ausserhalb des Berggebiets ist der Hinweis auf die Herkunft der Rohstoffe zulässig. Für Alpprodukte gelten entsprechend noch stärkere Einschränkungen. Dies regelt eine entsprechende Bundesverordnung, zusammen mit den genauen Definitionen für Berg- und Alpgebiete.
Obwohl die vom Bund geschaffenen offiziellen Auszeichnungen in der Vermarktung eine untergeordnete Bedeutung spielen, ist er rechtlich Schutz wichtig. Viele regionale Vermarktungsaktivitäten und Sortimente des Detailhandels bauen auf dieser gesetzlichen Grundlage auf.
Rhonemühle garantiert Verarbeitung im Oberwallis
Eine wichtige Voraussetzung für den zukunftsfähigen Erfolg des Walliser Bergackerbau war und ist die Erhaltung der lokalen Mühlen-Kapazitäten vor Ort. Mit der in Naters bei Brig gelegenen "Rhonemühle AG" ist diese Voraussetzung gesichert.
Natürlich umfasst das Angebot der Rhonemühle das Vollsortiment eines zeitgemässen Müllereibetriebs. Die Rhonemühle des 21. Jahrhunderts ist ein technisch leistungsfähiger, den aktuellen hygienischen Anforderungen entsprechender und moderner Industriebetrieb.
Der Roggenverarbeitung misst das Unternehmen jedoch eine wichtige Bedeutung bei, wie sie im Unternehmensporträt betont: "Als Walliser Mühle haben wir uns auf die Verarbeitung von Roggen spezialisiert. Dieses gesunde und schmackhafte Produkt ist gleichzeitig auch ein Stück Walliser Kultur und Tradition."
Gemäss den im Walliser Roggen AOP-Pflichtenheft festgeschriebenen Vorgaben beliefert die Rhonemühle rund 60 Walliser zertifizierte Bäckereien.
Gemeinsame Pflege der Roggenkultur
Der Roggenanbau und die gemeinschaftliche Roggenbrotherstellung ist besonders im Oberwallis stark verankert und Teil eines überlieferten Kulturguts, namentlich im Goms oberhalb von Brig. Zeitweise waren die Getreidefelder hier jedoch fast ganz verschwunden.
In der "Genossenschaft Grafschaft Kultur" stemmen sich Einheimische und Touristen gegen den Trend und bauen gemeinsam Roggen an, mahlen Mehl und backen Brote. Um das Korn verarbeiten und lagern zu können, kaufte die Genossenschaft einen alten Stadel.
Der Zustand des jahrhundertealten Bauwerks mit seinen fast schwarzen Holzbalken war zwar noch erstaunlich gut. Dennoch regnete es durchs Dach, weshalb der Dachstock und das Schindeldach dringend ersetzt werden müssen.
Derzeit wird der Stadel im Rahmen eines Projekts der Schweizer Berghilfe für die zeitgemässen Bedürfnisse nutzbar gemacht. "Bei einem so alten Bauwerk geht das ins Geld", sagt Norbert Agten, der Projektverantwortliche der Genossenschaft.
"Wir sind sehr froh um die Unterstützung durch die Berghilfe", sagt Agten. Denn nur mit dem trockenen Stadel sei es möglich, vom Anbau bis zur Verarbeitung alles selbst machen und zudem diesen Kreislauf allen Interessierten aufzeigen zu können.
Roggen verbindet Einheimische und Gäste
Das Roggenbrot verkauft die Genossenschaft direkt an ihre Mitglieder im Dorf, aber auch über den Dorfladen an Feriengäste und Tagesausflügler.
"Wir könnten problemlos mehr verkaufen, als wir produzieren", sagt Norbert Agten und ergänzt den positiven Nebeneffekt des gemeinwirtschaftlichen Roggenanbaus: "Man kommt miteinander ins Gespräch und lernt sich besser kennen. Dies stärkt den Zusammenhalt im Dorf und auch die Zweitwohnungsbesitzer und Stammgäste werden integriert."
Für Maria Salzmann, eine der beiden freiwilligen Bäckerinnen, geht es aber nicht in erster Linie ums Produzieren: "Ich will eine alte Tradition lebendig erhalten und weitergeben. Und Spass machen soll es auch."
Schokoladenperlen aus Roggen
Einen innovativen Ansatz im Umgang mit dem Walliser Roggen zeigt die Bäckerei-Konditorei "Zenhäusern Frères SA" in Sion. Das Walliser Roggen-Brot AOP mit mehrfacher Auszeichnung stellt das Unternehmen natürlich schon aus Tradition her.
Der regionale Roggen bildet jedoch den Grundrohstoffe für eine ganze Sortimentspalette. Dies entspricht der Firmenphilosophie: "Wir schenken der Kreativität und der Innovation von regionalen Produkten ganz besondere Aufmerksamkeit. Das hat uns veranlasst, die Verwendung des Roggens neu zu interpretieren und zu modernisieren und daraus neue Produkte mit diesem Getreide zu entwickeln, wie Roggenperlen, Croustilles de Sion Roggen-Sticks."
Für die Entwicklung der Roggenperlen ist es der "Zenhäusern Frères SA" in Kooperation mit der "Moulins de Sion" gelungen, Roggenschaumkügelchen mit Milchschokolade herzustellen. Die Perlen wurden verfeinert, ein Name ausgewählt, eine schlichte und elegante Verpackung entwickelt, und Konsumenten-Tests durchgeführt. Dabei wurde stets das anspruchsvolle Pflichtenheft der Marke Wallis eingehalten.
Peter Jossi, LID