BauernZeitung: Wie lautet Ihr Fazit nach einem Jahr Amtszeit?

ROBERT RAVAL: Da ich vorher nicht im Vorstand tätig war, musste ich mich zuerst einmal einleben. Die übrigen Vorstandsmitglieder haben mich sehr gut aufgenommen. Inhaltlich war es ein anspruchvolles Jahr. Wir beschäftigten uns intensiv mit dem Agrarpaket Herbst 2015 und der AP 2018–21. Auch mit der TVD und der Umsetzung der neuen Meldepflicht für Geflügel haben wir uns auseinandergesetzt. Ich habe im vergangenen Jahr enorm viel 
gelernt. Das Führen eines Verbands lässt sich nicht mit dem Führen eines Bauernhofs vergleichen.

Sie sind seit 30 Jahren Geflügelproduzent. Was raten Sie einem Landwirt, der in die Pouletmast einsteigen will?

RAVAL: Zuerst einmal sollte er sich gut informieren. Passt die Pouletmast wirklich zu mir und zu meinem Betrieb? Früher hatten viele Landwirte die Meinung, dass alles, was die Knie-höhe nicht erreicht, keine «richtigen» Tiere sind (lacht). Das hat sich heute sicherlich geändert. Gleichzeitig muss aber auch die Familie hinter dem Betriebszweig stehen. Hilfreich ist es, sich mit der Pouletmast vertraut zu machen, bevor er sich für die nächsten 20 bis 25 Jahre bindet. Ratsam ist es, vorgängig einen Betrieb zu besuchen und sich von einem erfahrenen Betriebsleiter die Abläufe zeigen zu lassen.

Welche Voraussetzungen sollte er mitbringen?

RAVAL: Er sollte bereit sein, sich zu binden. Denn für Abwesenheiten eine gute Vertretung für die Betreuung der Mastküken zu finden, ist nicht immer  einfach. Auch das Know-how ist nicht so breit gesät. Neben den persönlichen müssen natürlich auch die finanziellen Voraussetzungen vorhanden sein. Ob man einen neuen Stall bauen will, ist nicht immer entscheidend. Ob man es finanziell auch kann, das ist die zentrale Frage.

Wie gross sind die Startinvestitionskosten?

RAVAL: Das variiert je nach Grösser der Halle bzw. Hallen. Man geht von einer Spannweite zwischen 600'000 Franken bis zu rund einer Million aus. Aber natürlich ist man nach oben offen.

Wo sehen Sie die grössten Schwierigkeiten?

RAVAL: Das sind verschiedene Punkte. Zum einen ist die richtige Standortwahl eine Herausforderung. Aber auch die Sicherstellung der Finanzierung und das Baubewilligungsverfahren sind Hürden, die der Landwirt vorgängig überwinden muss.

Stellen Sie kantonale Unterschiede bei Bewilligungen von neuen Pouletmastställen fest? Sprich, gibt es Poulet-freundlichere Kantone als andere?

RAVAL: Es gibt 26 Kantone und daher 26 verschiedene Auflagen. Was sich aber beobachten lässt, ist, dass Kantone mit einer hohen Tierbesatzdichte wie z.B. der Kanton Luzern oder Thurgau eher zurückhaltend sind. Gleichzeitig kenne ich verschiedenen Projekte beispielsweise im Kanton Bern, bei dem der eine von der Eingabe bis zur Realisierung acht Monate brauchte, der andere seit mehreren Jahren auf eine Zusage wartet. Das A und O ist die saubere Vorabklärung mit den Nachbarn, der Gemeinde und dem Kanton.

Ihre Vision ist ein Inlandanteil bei der Geflügelproduktion von 75 Prozent. Heute sind wir bei rund 55 Prozent. Bis wann soll dieses Ziel erreicht werden?

RAVAL: Das hängt von den Konsumenten und den Verarbeitern ab. Bislang konnten wir die jährlich zunehmende Produktionsmenge problemlos unterbringen. Wir streben ein konstantes, aber solides Wachstum an.

Geflügel ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Welche Vorkehrungen trifft die Branche, um nicht in ähnliche Miseren wie andere Schweizer Landwirtschaftsbranchen hineinzurutschen?

RAVAL: Wir haben natürlich den Vorteil, dass man erst einen Stall realisieren kann, sobald die Abnahme geregelt ist. Die Abnehmer und Verarbeiter regeln mit den Produzenten die Produkiton. Ich glaube, dass ist das Kern­element des Erfolgs der Branche. Mit dieser Regelung halten wir Mass und produzieren auch wirklich nur das, was vom Markt gefragt wird.  Im Vergleich beispielsweise zu einem Kartoffelbauern verteilt sich bei uns das Risiko besser. Gibt es ein schlechtes Kartoffeljahr, ist es für den Produzent gelaufen. Mit acht Umtrieben bei der Pouletmast fällt eine schlechtere Herde weniger stark ins Gewicht, und in der Regel folgt dann wieder eine gute.   

Interview joy