Der Preisdruck auf den Märkten ist gross, das verdeutlichen die bäuerlichen Proteste der vergangenen Wochen. Hans Jörg Rüegsegger, seines Zeichens Berner SVP-Nationalrat und ehemaliger Präsident des Berner Bauernverbands, hat nun auf politischer Ebene einen Vorstoss an den Bundesrat eingereicht, um diesem Druck entgegenzuwirken. Rüegsegger will erreichen, dass Produzentinnen und Produzenten gegenüber der Abnehmerseite eine «Gegenmacht» aufbauen können und so eine echte Chance auf faire Preise erhalten.

Problematische Marktstrukturen?

«Die Mahnwachen der Bauernfamilien zeigen, dass in der Landwirtschaft ein grosser Unmut herrscht», stellt Hans Jörg Rüegsegger in der Begründung seines Vorstosses klar. Er betont, dass gemäss einer jüngsten Studie nicht weniger als 70 Prozent der Produzentinnen und Produzenten die aktuelle Situation an den Agrarmärkten nicht mehr hinnehmen wollen.

«Die heutigen Marktstrukturen mit den erheblichen Ungleichgewichten entlang der Wertschöpfungskette tragen wesentlich zum Preisdruck und den Einkommensproblemen der Landwirtinnen und Landwirte bei», so Rüegsegger. Die Ungleichgewichte seien dermassen angewachsen, dass die vielen Anbieter heute «im Wesentlichen den zwei Detailhandelsunternehmungen Migros und Coop gegenüberstehen, die rund 80 % Marktanteile haben», kritisiert der Berner Nationalrat. Deren Verhandlungsmacht und Wertschöpfungsanteile würden indes stetig zunehmen.

Rüegsegger verweist beispielhaft auf den Getreidemarkt, wo die eher klein strukturierten Getreideproduzenten heute den beiden «mit Coop und Migros liierten Grossmühlen mit einem Marktanteil von zwei Dritteln gegenüberstehen».

Auftrag an den Bundesrat

Hans Jörg Rüegsegger moniert, dass Migros und Coop jeweils einzeln gegenüber den meisten Produzentinnen und Produzenten m Sinn des Kartellgesetzes mindestens relativ marktmächtig seien. Massnahmen zum Aufbau einer «Gegenmacht» würden sich folglich als «unausweichlich» erweisen, schreibt Rüegsegger. 

Mit seiner Motion beauftragt der Berner nun den Bundesrat, im Landwirtschaftsgesetz eine Regelung für Kooperationsmöglichkeiten von Produzentinnen und Produzenten zu schaffen. Eine solche bestand bisher nach Kartellrecht nämlich nicht.

In der Begründung für seine Motion blickt Rüegsegger auch über die Landesgrenzen hinaus. In der EU würden den Produzenten bis zu einem Volumen von 33 % der gesamten Erzeugung gewisse kartellrechtlich unzulässige Kooperationsmöglichkeiten zugestanden. So hätten die Produzenten die Chance, gegen die hoch konzentrierte Abnehmerseite ein Gegengewicht zu bilden und eine echte Chance für die Erzielung angemessener Preise erhalten. 

Faire Märkte Schweiz begrüsst Vorstoss

Auch die Organisation Faire Märkte Schweiz kritisiert die Situation an den Agrarmärkten scharf. Umso mehr begrüst die Vereinigung Hans Jörg Rüegseggers Motion. Anbieterinnen und Anbieter sollten ihre Mengen und Preise koordinieren und angemessene Abnehmerpreise erzielen können, bekräftigt der Verein. Eine Bündelung des Angebots und mehr Marktmacht seien der Weg, den die Bauern gegen «das Preisdiktat der Grossverteiler Migros und Coop» einschlagen müssten.

Zudem verweist Faire Märkte Schweiz auf eine Motion der Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz. Sie fordert zusätzliche Massnahmen für mehr Markt- und Margentransparenz. Die Transparenz der Bruttomargen von der Produktion über Verarbeitung und Handel bis zum Konsum sei unerlässlich, zitiert Faire Märkte Schweiz. Dies soll in der Verordnung über die Marktbeobachtung im Landwirtschaftsbereich vorgenommen werden, worin das Bundesamt für Landwirtschaft verpflichtet werden müsse, Transparenz in der Preisbildung zu schaffen.