Seit Oktober 2019 müssen alle Tierärztinnen und Tierärzte ihren Antibiotikaeinsatz und die Abgabe auf Vorrat in einer Datenbank registrieren und erfassen. «Der Start mit der Antibiotikadatenbank verlief insgesamt gut», sagt Nathalie Rochat vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. «Die Rückmeldungen der Tierärzte waren meistens positiv. Auf Anregung werden sicher jetzt noch einige Sachen angepasst und das Benutzerportal noch benutzerfreundlicher gestaltet», verspricht Rochat. Was die neue Antibiotika-Datenbank der Tierärzte im Kampf gegen Antibiotikaresistenz bringt, erfährt man im Herbst dieses Jahres: Dann will der Bund erste Erkenntnisse präsentieren.

Alles einsehen können

Mit der Einführung einer nationalen Datenbank will man den Antibiotikaverbrauch bei den Betrieben und den Tierärzten überwachen. Die Verkaufsmengen, die Details zur Verschreibung, zu den Tieren und zum Halter sollen in der Datenbank aufgelistet werden. Jeder Nutztierhalter soll einsehen können, wie der eigene Antibiotikaeinsatz im Vergleich zu anderen Betrieben in der Schweiz ist. Ist der Einsatz dauerhaft zu hoch, könnte der Betrieb besucht, kontrolliert und beraten werden. Obwohl das Erfassen der Antibiotika in die Datenbank für alle Tierärztinnen und Tierärzte obligatorisch ist, machen zurzeit noch nicht alle mit. «Bis jetzt sind über 1000 registriert», hält Rochat fest. Die Gründe, dass einige wenige Tierärzte nicht mitmachen wollen, seien vielfältig: Von keinem Computer, bis hin zu aufwendig, sei alles dabei. «Das Heilmittelgesetz sieht hier ganz klar ein Obligatorium vor. Wer sich weigert, muss mit Konsequenzen rechnen», hält die BLV-Mediensprecherin fest.

Abwälzung sorgt für rote Köpfe

Dass nur die Landwirtschaft und nicht auch die Humanmedizin eine solche Antibiotikadatenbank führen muss, sorgt bei vielen Tierärzten und Landwirtinnen für rote Köpfe. Auch das der Aufwand für die Erfassung durch die Tierärzte die Bauern selber bezahlen müssen, stösst auf Unverständnis. Nicht zuletzt auch, da die verrechneten Kosten unterschiedlich und nicht vergleichbar seien. Zwischen zwei und zehn Franken schwanke jeweils die Gebühr für eine Erfassung. «Das ist eine privatrechtliche Angelegenheit», sagt Nathalie Rochat. Gemäss Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) steht es jedem Tierarzt frei, wie hoch er seinen Aufwand verrechnen will. «Die Beiträge errechnen sich durch den Zeitaufwand und den Stundenansatz, welche der Tierarzt oder die Praxis hat», sagt Patrizia Andina-Pfister, Tierärztin von der GST.

Der Verursacher trägt die Kosten

Nach ihren Informationen verrechnen viele Nutztierpraxen für diesen Aufwand fünf bis acht Franken pro Erfassung. «Spezialisten mit hohen Stundenansätzen verrechnen eventuell mehr», hält die Tierärztin fest. Dass die Landwirte für die Erfassung der Antibiotika alleine geradestehen müssen, findet sie dagegen nicht verkehrt. «Es ist ein verursacherbasiertes System. Idealerweise geht es den Tieren so gut, dass sie keine Antibiotika brauchen, dann entstehen auch keine Mehrkosten für den Landwirt», sagt sie. Für den Aufbau und den Betrieb der Antibiotika-Datenbank komme im Gegenzug der Bund auf, das heisst, die Steuerzahler. So sei die Datenbank auch eine Forderung der Gesellschaft. «Als 2014 über die Antibiotika-Datenbank im Parlament debattiert wurde, wurde entschieden, dass die Tierärzte die Einträge machen müssen und nicht die Landwirtinnen», weiss Patrizia Andina-Pfister noch. Den Vorwurf, dass sich die Tierärzte durch die Erfassung ein zusätzliches Einkommen generieren und unbedacht Antibiotika einsetzen könnten, lässt sie nicht gelten. «Nein, das Gegenteil ist der Fall. Das Ziel der Datenbank ist, die Antibiotika-Vielverbraucher herauszufiltern, aufseiten Tierhalter und Tierarzt», hält Patrizia Andina-Pfister ausdrücklich fest.

Einsatz überwachen

Mit der Einführung einer nationalen Datenbank will man den Antibiotikaverbrauch bei den Betrieben und den Tierärzten überwachen, um gezielt Massnahmen zur Verbesserung der Situation planen zu können. Die Verkaufsmengen, die Details zur Verschreibung, zu den Tieren und zum Halter sollen in der Datenbank aufgelistet werden. Ist der Antibiotikaeinsatz zu hoch, könnte der Betrieb besucht, kontrolliert und beraten werden. Um im Sinne der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR), die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig sicherzustellen, sei es notwendig, einen Überblick über alle Bereiche, also auch Einzeltiertherapien, zu erhalten. Nur so können Lücken und Probleme erkannt und gezielt informiert, geforscht und Massnahmen getroffen werden.

Nur im Notfall

In erster Linie gelte es jetzt, die sogenannten kritischen Antibiotika in der Tierhaltung zu ver-ringern; in den letzten Jahren konnte schon eine drastische Reduktion dieser Antibiotika in der Veterinärmedizin erreicht werden. Denn diese werden von der Weltgesundheitsorganisation als besonders wertvoll eingestuft und sollten nur im Notfall eingesetzt werden, wenn andere Antibiotika nicht mehr wirken, weil sich zu viele Resistenzen gebildet haben. Das heisst: Die Tiere in der Milch- und Fleischproduktion können immer weniger mit klassischen Antibiotika geheilt werden.