Jeder hat das schon mal erlebt: Wir lassen Lebensmittel über längere Zeit stehen und Geschmack, Farbe und Konsistenz verändern sich. Verantwortlich dafür sind Mikroben: Bakterien, Schimmelpilze oder Hefen. Man kann solche Bakterien aber auch gezielt einsetzen, um Lebensmittel haltbarer und leichter zu machen – zum Beispiel durch Fermentation.

Fermente sind Enzyme oder Mikroorganismen, die biologische Reaktionen in Lebensmitteln ermöglichen. Fermentierte Speisen sind leichter verdaulich und da das Gemüse weder erhitzt noch anderweitig verarbeitet wird, bleiben Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme lebendig. 

Bis zu einem Drittel der Lebensmittel, die weltweit gegessen werden, sind fermentiert. In unseren Breiten sind Sauerkraut und saure Gurken Klassiker. Doch es gibt verschiedene Arten der Fermentation. Bei Kohl und Joghurt kommt es zur sogenannten Milchsäuregärung. Bei alkoholischen Getränken werden Hefen eingesetzt, die den Zucker in Getreide und Früchten zersetzen.

Fermentieren war Standard

Lange Zeit war die Fermentation im Küchenalltag Standard. Doch dann kamen Konservendosen und Tiefkühler ins Spiel. Heute ist Fermentieren bei Foodbloggern, Spitzenköchen und in Gourmet-Shops wieder ein Thema. Es wird fermentiert, was das Zeug hält, von Antipasto bis Dessert. Das Motto der Fermentier-Fans, auch «Fermentos» genannt, heisst schlicht und einfach «Do it yourself», mach es selber. 

Die Goldformel beim Fermentieren lautet: Gemüse + Salz + Zeit. Das Resultat schmeckt unvergleichlich voll und aromatisch. Inzwischen sind auch Ärzte und Ernährungsberaterinnen auf den gesunden Ernährungstrend aufmerksam geworden. Fermentierte Lebensmittel sind gut für unseren Darm. Gerade die Darmflora hat enormen Einfluss auf Gesundheit. So steuern die in uns lebenden Darmbakterien rund 80 Prozent unserer Immunzellen und wirken auf unser seelisches Gleichgewicht. 

Pupsende Bakterien sind gut

Es blubbert, sprudelt und zischt: Wer ein Ferment ansetzt, lernt, dass es lebt. Die Biologin Barbara Hosfeld erklärt das auf ihrem Blog so: «Am Anfang der Fermentation ist über dem Gemüse normale Luft. Währen der Fermentation pupsen die Milchsäurebakterien ordentlich rum, deshalb wird die Luft immer schlechter. Mit fortschreitender Vergärung wird der Sauerstoff knapp und das ist gut so.

Denn ohne Sauerstoff können Schimmelpilz und schlechte Hefe auf der Oberfläche nicht wachsen. Es gilt also, das Glas so lange wie möglich geschlossen zu halten. Und wer es öffnet oder einen Gärtopf nutzt, der muss unbedingt darauf achten, dass alle Gemüsestücke von der Lake bedeckt sind, sonst entstehen Fäulnisbakterien.»

Drei Wochen sind ein grober Richtwert für die Gärung von Gemüse. Randen benötigen etwa vier Wochen, Gurken etwas weniger lang. Die meisten Fermente werden mit der Reifung besser und ausgewogener. Zum Start bedarf es keiner komplizierten Ausrüstung. Nur frisches Biogemüse oder ungespritztes Gartengemüse, Kräuter oder Früchte, Wasser, etwas Salz und einen Gärtopf, ein Bügel- oder Schraubglas. Für Anfänger sind ein und Zwei-Liter-Gläser ideal. 

Alles geht

Grundsätzlich eignet sich jedes Gemüse zum Fermentieren. Kürbis im Herbst, Kabis im Winter, Wurzelgemüse im Frühling, Peperoni und Gurken im Sommer. Festfleischiges Gemüse eignet sich besonders gut, da es während des Fermentationsprozesses weicher wird. Weicheres Gemüse oder Gurken werden leicht matschig. Das lässt sich verhindern: Entweder ein wenig mehr Salz verwenden, oder die Fermentierungszeit verkürzen. Oder ein Stückchen Meerrettich oder ein gerbstoffhaltiges Blatt (Kirschbaum, Eiche, Weinblatt) mit ins Glas geben. 

Die Basis ist eine Salzlake. Das Salz verbessert die Konsistenz des Sauergemüses und ohne Salz würde das Eingelegte schnell verderben. Salz vertreibt unerwünschte Bakterien, es wird Säure produziert, die das Gemüse konserviert und den Geschmack prägt. 

Praktische Tipps

  • Das Gärgut muss immer von der Salzlake bedeckt sein. Hilfreich können Gewichte sein, die im (!) Glas auf das Gemüse gelegt werden und dafür sorgen, dass es immer ganz mit Lake bedeckt ist. Es gibt spezielle Keramikgewichte in Haushaltwarengeschäften zu kaufen – oder über www.wildfermente.de. Es eignen sich aber auch kleinere, mit Wasser gefüllte und gut verschliessbare Tiefkühlbeutel.
  • Wenn Sie das Gemüse kneten müssen, verwenden Sie am besten Einweg-Handschuhe.
  • Gewaschene Hände sind eine Selbstverständlichkeit, aber kein Desinfektionsmittel benutzen.
  • Im Idealfall sterilisieren Sie die Gläser vor Gebrauch: Abwaschen, heiss ausspülen und bei 140 Grad 15 Minuten im Backofen lassen. 
  • Kaltes Gemüse gehört in abgekühlte Gläser. Warme, nicht kochende Flüssigkeit können Sie in raumwarme Gläser füllen.
  • Bewahren Sie die Gläser bei Zimmertemperatur (18 bis 22°C) und im Dunkeln auf: im Keller, im Küchenschrank oder zugedeckt. Möglichst wenig bewegen.
  • Schraubgläser einmal täglich öffnen und «rülpsen» lassen. Dabei steigen Blasen an die Oberfläche.
  • Falls Gemüse obenauf schwimmt: Einfach wieder unter das Gewicht drücken oder rausnehmen. 
  • Solange die Gläser der Raumtemperatur ausgesetzt sind, «reift» der Inhalt weiter. Erst in der Kälte (Kühlschrank) stoppt die Geschmacksveränderung.

Weitere Informationen:

www.wildefermente.de

Der Blog der Biologin Barbara Hosfeld mit Tipps, Tricks und Rezepten

 

Kimchi - eingelegter Chinakohl

Zutaten

Für ein Glas von 1 bis 1½ Liter

1 Chinakohl, in etwa 5×5 cm grosse Stücke schneiden

3 bis 5 EL Meersalz; je nach Grösse des Kohls

2 Rüebli; in feine Streifen geschnitten (Julienne)

1 bis 2 Äpfel oder 2 Nashi-Birnen; entkernt, geschält, halbiert in dünnen Scheiben

1 bis 2 weisse Rettiche oder Daikon-Rettiche, geschält, geviertelt, in Scheiben

6 bis 7 Knoblauchzehen; geschält und fein gehackt

3 bis 4 EL Ingwer, fein gehackt oder gerieben

3 bis 4 EL Chilipulver (z. B. koreanisches Gochugaru) oder Chiliflocken

2 bis 3 EL Fischsauce (aus dem Asia-Shop)

2 Bund Frühlingszwiebeln, inklusive Grün, in 5 cm langen Streifen 

Zubereitung

1. Den Chinakohl in eine Schüssel geben und kräftig salzen.
Je nach gewünschtem Salzgehalt mindestens 1 Stunde, maximal
2 bis 2½ Stunden ziehen lassen.

2. Die Kohlstücke abwaschen. Dazu mehrmals Wasser in die Schüssel laufen lassen und wieder ab-
giessen, dann gut ausdrücken. Ein Stück probieren: Es sollte leicht salzig schmecken. 

3. Den Kohl in eine Schüssel geben und Rüeblistreifen, Apfel- und Rettichscheiben, Knoblauch und Ingwer untermengen. Das Chilipulver nach und nach bis zum gewünschten Schärfegrad zugeben und mit den Händen gut mischen. Fischsauce und  Frühlingszwiebeln zugeben. Die Mischung soll feucht sein – wenn sie zu trocken erscheint, sehr wenig Wasser zugeben.

4. Die Mischung in saubere Gläser füllen. Mit einem Löffel gut festdrücken, damit keine Luft-
blasen entstehen. Im Idealfall bedeckt nun ein wenig Flüssigkeit den Kohl.

5.
Das Glas nicht bis zum obersten Rand füllen, da sich der Inhalt etwas ausdehnt. Ein Stück Klarsichtfolie zwischen Deckel und Glas legen und das Glas zuschrauben. Oder Bügelglas und – bei Bedarf – einen mit Wasser gefüllten Beutel verwenden.

7. Nach ein paar Wochen ist das Kimchi sauer geworden und damit genussbereit. Füllen Sie es zum Verschenken in kleine Weck- oder Bügelgläser ab. Bleibt ein geöffnetes Glas bei Raumtemperatur stehen, den Inhalt in zwei Tagen essen. Im Kühlschrank können die Gläser wochen- oder monatelang aufbewahrt werden. 

Kimchi ist ein Nationalgericht in Korea. Rezeptquelle: www.fraeuleinkimchi.com. Damit das Gemüse in der Lake bleibt, kann ein mit Wasser gefüllter Tiefkühlbeutel gute Dienste leisten. 

 

 

Rote Zwiebeln

Zutaten

Für ein 1 oder 1 ½ - Liter Glas:

1 lWasser

20 g Meersalz

500 g
Rote Zwiebeln, geschält 

1 TLSenfkörner

½ TL
Farbige Pfefferkörner

2Lorbeerblätter

1Gewicht oder Zip-Tiefkühlbeutel

Zubereitung

1. Das Wasser aufkochen, sofort das Salz beigeben und umrühren, bis es sich aufgelöst hat. Diese Lake
auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.

2. Zwiebeln in mitteldicke Scheiben schneiden. 

3. Die Gewürze zuerst ins Glas geben. Dann die Zwiebelscheiben drüber schichten. 

4. Mit einem Gewicht beschweren und mit der Salzlake auffüllen. Die Zwiebeln müssen komplett mit Lake bedeckt sein. Verschliessen und mit Datum beschriften. Etwa drei Wochen abgedunkelt bei Raumtemperatur fermentieren lassen.

Sie werden nicht die ganze Menge an Lake brauchen, nutzen Sie den Rest bei Bedarf für ein zweites, kleineres Glas.

 

 

Schnell fermentierte Tomaten 

Zutaten

Für ein 1 oder 1½-Liter-Bügelglas:

1 lWasser

35 gMeersalz

500 gsüsse Cherry-Tomaten

12-18Basilikumblätter

½ kleine Knoblauchknolle

1Zahnstocher

1Gewicht oder 1 Zip-Tiefkühlbeutel

Zubereitung

1. Das Wasser aufkochen, sofort das Salz beigeben und umrühren, bis es sich aufgelöst hat. Diese Lake auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.

2. Die Tomaten waschen und jeweils fünf Mal mit dem Zahnstocher einstechen. 

3. Abwechslungsweise mit den Basilikumblättern und den geschälten Knoblauchzehen in das Glas schichten.

4. Zum Schluss mit der Salzlake übergiessen. Die Tomaten unbedingt mit einem Gewicht beschweren. Sie müssen komplett mit Lake bedeckt sein. Das Glas verschliessen und mindestens fünf Tage bei Raumtemperatur und dunkel aufgestellt fermentieren lassen. 

5. Die fertig fermentierten Tomaten im Kühlschrank aufbewahren. Keine Sorge, wenn die Lake trüb wird.
Das muss so sein, dann hat sich genug Milchsäure gebildet.

 

 

 

 

Buchtipps

Kirsten & Christopher Shockey

Fermentieren Gemüse einfach und natürlich haltbar machen

Edition Löwenzahn, 376 Seiten

 

Freddie Janssen

Saures Rezepte für Pickles, Kimchi, Fermentiertes und mehr

AT Verlag, 144 Seiten

 

Mary Karlin

Das grosse Buch vom Fermentieren

Grundlagen, Anleitungen und 100 Rezepte

AT Verlag, 240 Seiten