Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau an einer Herzkrankheit stirbt, ist dreimal so hoch wie bei Brustkrebs.» David Ramsay macht eine klare Ansage. Er ist selbstständiger Kardiologe und Spezialist für Herzinsuffizienz in Zug. «Man vergisst oft, dass die häufigste Todesursache der westlichen Welt Herzkrankheiten sind.»

Biologisch sind Frauen besser gegen krankhafte Veränderungen ihrer Arterien geschützt als Männer. Das verdanken sie nach heutigem Stand des Wissens ihren weiblichen Hormonen – bis zu den Wechseljahren. Danach nimmt diese Schutzwirkung ab, und mehr als die Hälfte der Frauen weist erhöhte Blutfettwerte auf. Diese liegen im Schnitt höher als bei gleichaltrigen Männern. 

Immer mehr Frauen pflegen jedoch schon in jüngeren Jahren einen Lebensstil, der demjenigen der Männer gleicht. Ganz besonders gilt dies auch für den Dauerstress durch Mehrfachbelastungen und für das Rauchen. 

Prävention ist die halbe Miete

Eine Herzinsuffizienz oder Herzmuskelschwäche ist laut Ramsay die letzte Station vor vielen Herzkrankheiten. Sie kann genetisch bedingt sein, durch eine undichte Herzklappe entstehen oder durch eine virale Infektion. Eine weitere Möglichkeit ist ein angeborener, unerkannter Herzfehler. 

Am häufigsten jedoch können die bekannten Risikofaktoren einen hohen Blutdruck und einen hohen ­Cholesterinwert auslösen: Rauchen, Stress, Übergewicht, Alkohol und mangelnde Bewegung. Sie sind oft in der Vorgeschichte dieser Herzerkrankung anzutreffen. Prävention steht beim Thema Herzgesundheit daher im Vordergrund.

«Prävention ist die halbe Miete – wir Kardiologen sind aber die einsamen Rufer in der Wüste. Wir predigen meist vergebens.» Oft bis zum ersten Herzinfarkt, erst dann seien die Menschen sensibilisiert.

Wer ein Problem mit der Blutversorgung des Herzmuskels hat, leidet an einer coronaren Herzkrankheit, der sogenannten Angina Pectoris, heute eine Volkskrankheit. Die Angina Pectoris gilt als Vorstufe zu einem Herzinfarkt. Die Durchblutungsstörung des Herzmuskels führt zu Sauerstoffmangel und dieser wiederum zu Schmerzen des Herzmuskels und einem Engegefühl im Brustkorb.

Zu den Anzeichen einer Angina Pectoris gehören beengende, beklemmende Schmerzen im Brustbereich mit Ausstrahlung in Arme, Kiefer, Hinterkopf und Rücken.

Typisch Frau

Frauen leiden auch an anderen Beschwerden: Atemnot, leichte Übelkeit und ein Druck im Oberbauch. «Das kann eine Magenverstimmung, aber auch eine handfeste Herzkrankheit sein.»

Bei Frauen würden sich bei einem Herzinfarkt oft andere Symptome als bei Männern zeigen, sie kämen daher meist auf Umwegen zum Kardiologen. «Ich schaue mir die Herzkranzgefässe genauer an, wenn jemand ein Risikoprofil erfüllt. Oder wenn mir eine Dame erzählt, dass sie ein paar Treppenstufen wegen Atembeschwerden nicht mehr schafft oder sich bei Anstrengung die Beschwerden verstärken.»

Gerade unspezifische Symptome wie Rückenschmerzen zwischen den Schulter-blättern oder Brustschmerzen während des Gehens, die beim Stehenbleiben verschwinden, können für den Facharzt ein Anzeichen für eine Angina Pectoris sein. 

Menopause und gebrochenes Herz

Bei Frauen gibt es unterschiedliche Faktoren, die zu einer Angina Pec­toris führen können: Neben den ­erwähnten wichtigen Gefahren gehören auch Depressionen und hormonelle Veränderungen wie die Menopause oder eine Schwangerschaft dazu. Frauen leiden zudem häufiger unter Depressionen; gepaart mit sozialer Isolation, steigt dabei das Risiko ebenfalls. 

Die Antibabypille erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Herzerkrankung dagegen nicht. Aber in Kombination mit Rauchen oder hohem Blutdruck ist sie ein Risikofaktor für Schlaganfall, Thrombosen oder Lungenembolien. Nach den Wechseljahren «holen die Frauen die Männer ein». Das Risiko ist gar bis zu dreimal grösser als bei Männern. 

Bei Frauen häufiger als bei Männern kommt das Broken-Heart-Syndrom vor, das «gebrochene Herz». Dabei hat das Herz einen engen Eingang und hinten eine ballonartige Form. Man vermutet heute, dass ein akuter Adrenalinausstoss für diese Veränderung verantwortlich ist. Häufig geht dem Broken-Heart-Syndrom der Verlust eines Partners oder ein grosser Ehestress voraus.

Schnell reagieren

Ein ungesunder Lebenswandel verursacht Cholesterinablagerungen, diedie Herzkranzgefässe allmählich einengen; der Durchgang für den Blutfluss wird allmählich knapp. Dann kommt es bei Anstrengungen, wenn unser Herz mehr leistet und der Sauerstoffbedarf im Herzmuskel steigt, zu einer Minderversorgung des schlagenden Herzens.

Es treten Brustenge und andere Beschwerden auf. Falls das Gefäss komplett verstopft, etwa wenn ein Blutgerinnsel entsteht, kommt es zu einem Herzinfarkt.

Bei einem Herzinfarkt werden die Herzmuskelzellen nicht mehr genügend mit Blut versorgt und gehen ­zugrunde. Bereits nach 90 Minuten sterben sie, dann ist mit bleibenden Schäden zu ­rechnen, wie etwa einer Narbenbildung. «Zeit ist Muskel», heisst es deshalb für Kardiologen und Notaufnahmen bei einem Herzinfarkt. Je schneller bei einem Infarkt reagiert werden kann, desto mehr vom Herzmuskel kann gerettet werden.

Nach einem Infarkt versucht man so rasch wie möglich, mit einem Katheter die Herzkranzge-
fässe zu öffnen, damit die Durchblutung des Herzens wieder besser läuft.

Weil Frauen nicht dieselben Symptome haben wie Männer, riskieren sie oft, später behandelt zu werden. Die Behandlung selber jedoch ist nicht anders als bei Männern. Und so sind dann Männer und Frauen am Ende wieder gleich: Den Weg in ein gesundes Leben müssen beide in ­Angriff nehmen. 

 

Webseiten zum Thema Herzgesundheit

www.swissheart.ch

Die Webseite der Schweizerischen Herzstiftung mit vielen nützlichen Informationen und Tipps

www.swissheartcoach.ch

Das Aufklärungs- und Coaching-Programm mit Herz-Kreislauf-Test.