Eine hartnäckige Erkältung mit lästigem Reizhusten, verspannte Muskeln nach einem Fehltritt oder einseitigem Arbeiten. Unsere Grossmütter wussten sich in solchen Fällen mit Wickeln und Kompressen zu helfen. Diese sanfte Art der Schmerzlinderung ist heute wieder gefragt.
«Sowohl bei Muskelverspannungen wie auch bei Husten und Bronchitis helfen Wickel oder Kompressen mit Wärme», sagt Vreni Brumm, diplomierte Pflegefachfrau, Erwachsenenbildnerin und Co-Autorin des Buches «Wickel und Kompressen».
Heiss oder temperiert?
Bei warmen Wickeln oder Kompressen sollte unterschieden werden, ob sie «heiss» verwendet werden sollen, das heisst mit Temperaturen von etwa 39 bis 41 Grad. Oder «temperiert», das bedeutet etwa 28 bis 35 Grad. «Hat eine Person eine eingeschränkte Körperwahrnehmung oder keine Möglichkeit sich mitzuteilen, wie zum Beispiel ein Säugling oder ein sehr betagter Mensch, sollte zwingend eine temperierte Anwendung durchgeführt werden», so die Wickelexpertin.
Dies gelte auch bei Beschwerden, die keine Hitze vertragen und für schwangere Frauen. Denn bei heissen Wickeln besteht immer die Gefahr von Verbrennungen. «Vor allem beim Einsatz von heissem Wasser oder bei Kartoffelwickeln kommt das immer wieder vor», sagt Manuela Tanner, Drogistin und Inhaberin der Drogerie Aeberhard in Bad Zurzach. Sie empfiehlt nebst Wickeln, die ein fundiertes Wissen voraussetzen, auch sanfte Wärmetherapien wie Bettflaschen, erwärmte Kirsch- oder Traubenkernkissen oder Wärmepflaster. «Wärme wirkt allgemein entspannend auf den ganzen Menschen.»
Je nach Beschwerden kann durchaus auch Kälte angezeigt sein. «Bei akuten Schmerzen wie Verstauchungen, Prellungen, Blutergüssen oder bei akuten Gelenkentzündungen ist Kälte sinnvoll. So werden Schmerzen und Entzündungen gelindert, Wärme abgeleitet und Schwellungen vorgebeugt», sagt Vreni Brumm.
Rechtzeitig aufhören
Kälteanwendungen sollen nur so lange belassen werden, wie sie als angenehm kühlend empfunden werden. Sonst wirken sie gegenteilig und führen zu einer Symptom- und/oder Schmerzverstärkung. «Dies ist auch dann der Fall, wenn ein Quarkwickel zum Beispiel bei akuten Halsschmerzen zu lange belassen wird», sagt die Wickelexpertin.
Zur Erstbehandlung ist es hilfreich, einen Kühlbeutel aus dem Kühlschrank während maximal 20 Minuten auf die schmerzende Stelle zu legen. «Den Kältebeutel zwingend vorher in ein Tuch wickeln», sagt Manuela Tanner. Denn bei Kälte kann es durch einen zu direkten und langen Hautkontakt zu Unterkühlungen kommen, die ähnliche Symptome haben wie Verbrennungen.
Ob im einzelnen Fall Kälte oder Wärme angebracht ist, kann nicht generell beantwortet werden. Das individuelle Empfinden des Patienten steht an oberster Stelle. Beide Fachfrauen weisen darauf hin, dass es wichtig ist, den Empfänger des Wickels gut zu betreuen und zu beobachten. «Ich bin überzeugt, dass die Wirkung massgeblich unterstützt wird, wenn sich jemand Zeit nimmt und sich um die Person kümmert», sagt Vreni Brumm. Fühlt sich der Empfänger während der Behandlung unwohl, sollte die Anwendung umgehend entfernt werden. Dasselbe gilt, wenn sich erste Anzeichen von Allergien oder Unverträglichkeiten zeigen.
Sowieso sind Wickel und Kompressen unter bestimmten Umständen nicht angebracht. «So bei allen akut medizinischen Problemen wie unklaren Bauchschmerzen oder Herzbeschwerden», sagt Vreni Brumm. Auch bei akuten Venenentzündungen oder nach Operationen ist auf Wickel und Kompressen zu verzichten. Sollten sich nach längeren Anwendungen die Beschwerden nicht bessern, sollte ebenfalls ein Arzt oder eine medizinische Fachperson beigezogen werden.
Temperierte Kompresse mit Johanniskrautöl
Wann anwenden: Bei Muskelverspannungen und Nervenschmerzen ohne akute Entzündungen.
Material: Johanniskrautöl (selber gemacht oder aus der Drogerie), Baumwolltuch oder Gazewindel, Plastikbeutel, Wärmflasche, Holzbrett, Rohwolle oder vorgewärmtes Baumwolltuch, Fixationsmaterial.
So geht es: Ein Esslöffel Johanniskrautöl auf ein Baumwolltuch verteilen. Das Tuch in den Beutel legen. Kompresse zwischen der Wärmeflasche und dem Brett erwärmen. Aus dem Beutel nehmen und auf ein Stück Rohwolle legen. Wenn die Temperatur angenehm ist (am besten auf der Innenseite des Unterarms testen), auf die gewünschte Körperstelle legen und fixieren.
Dauer: Die Kompresse darf bei guter Verträglichkeit mehrere Stunden belassen werden. Sie kann auch ein zweites Mal verwendet werden. Halten Sie die behandelte Stelle mit Rohwolle warm.
Kühle Kompresse mit Quark
Wann anwenden: Bei akuten Halsschmerzen, Gelenkentzündung oder stumpfen Sportverletzungen.
Material: Windeleinlagen aus Viskose, Haushaltpapier, Magerquark, Watte und Fixationsmaterial.
So geht es: Auf ein Haushaltpapier oder eine Windeleinlage gibt man ein bis zwei Esslöffel Magerquark (nicht direkt aus dem Kühlschrank). Ein Päckchen falten und auf die be-troffene Stelle legen. Tuch zum Auffangen der Flüssigkeit darüberlegen.
Dauer: Kompresse entfernen, sobald sie nicht mehr als kühlend empfunden wird. Darf wiederholt werden.
Buchtipp
Vreni Brumm, Vreni und Madeleine Ducommun-Capponi:
«Wickel und Kompressen. Alles Wissenswerte für Selbstanwendung und Pflegepraxis» AT Verlag, 224 Seiten, Fr. 32.90
Weitere Informationen:
www.vrenibrumm.ch
www.wickel.biz