2022 wurden aus Unfallmeldungen 27 tödliche Unfälle von Personen erfasst, welche im landwirtschaftlichen Umfeld tätig waren. Damit liegen die Unfallzahlen mit tödlichem Ausgang leicht höher als im Vorjahr. Aus den von der Stiftung AgriSicherheit Schweiz agriss und der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL erhobenen Meldungen zeigt sich auch, dass jährlich eine weitaus höhere Zahl von Personen, welche in der Landwirtschaft arbeiten, Unfälle mit teilweise sehr schweren Verletzungen erleiden.
Da zu Unfällen aus der Landwirtschaft – insbesondere in Familienbetrieben – keine Meldepflicht besteht, wird die Unfallerhebung mittels Meldungen aus Medien- und Polizeiberichten sowie persönlichen Auskünften von betroffenen Betrieben oder Personen gemacht und es gibt eine Dunkelziffer.
Unfallrisiko ist hoch
«In der Landwirtschaft gibt es viele Gefahren und das Risiko zu verunfallen ist gross», erklärt Dominique Thiévent, Sicherheitsingenieurin und Fachverantwortliche der Unfallerhebungen bei der BUL. Knapp 1’100 Menschen sind seit 1996 infolge eines Arbeitsunfalls in der Landwirtschaft gestorben.
Eine langjährige Auswertung der BUL zeigt, dass über die Hälfte aller tödlichen Arbeitsunfälle im Umgang mit Maschinen und Fahrzeugen geschieht. Daneben bergen Holzerntearbeiten hohe Risiken und die Totholzproblematik der letzten Jahre hat diese Risiken laut BUL noch zusätzlich verschärft. Auch in Gebäuden unter anderem bei Stürzen aus der Höhe oder im Umgang mit Tieren lauert der Tod.
Aber auch bei den nicht tödlichen Unfällen rangiert die Landwirtschaft weit oben: Nach der Forstwirtschaft, dem Gartenbau und dem Baugewerbe liegt die Landwirtschaft punkto Anzahl Berufsunfälle auf 1’000 Vollbeschäftigte auf dem vierten Platz. «Daher ist es wichtig, die Gefahren mit geeigneten Massnahmen zu reduzieren», sagt Dominique Thiévent.
Schon geschnallt?
Seit Januar 2020 führt der Schweizer Bauernverband zusammen mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL und weiteren Partnern die Sensibilisierungskampagne «Schon geschnallt?» durch. Die Kampagne will den Einsatz von Sicherheitsgurten auf landwirtschaftlichen Fahrzeugen fördern und dadurch die Anzahl der Todesfälle bei Fahrzeugstürzen langfristig deutlich senken.
Mit Prävention zu mehr Sicherheit
So läuft die Kampagne «Schon geschnallt?» bereits seit 2020. Sie sensibilisert Fahrerinnen und Fahrer, den Sicherheitsgurt in landwirtschaftlichen Fahrzeugen konsequent zu tragen. In der Landwirtschaft war es lange üblich, sich nicht anzugurten. Erst seit 2018 müssen neu in Verkehr gesetzte Traktoren Sicherheitsgurte aufweisen. Tragen müssen Fahrerinnen und Fahrer diese von Gesetzes wegen nur auf der Strasse und bei einer Geschwindigkeit ab 25 km/h.
Die Empfehlung im Rahmen der «Schon-geschnallt»-Kampagne lautet aber, Sicherheitsgurte auch auf dem Feld sowie bei geringer Geschwindigkeit zu tragen und ältere Fahrzeuge nachzurüsten. Das Tragen von Sicherheitsgurten müsse zu einer Selbstverständlichkeit werden, heisst es von der BUL.
Daneben hat die BUL das Projekt «hofsicherheit.ch» lanciert: Das Projekt soll Familienbetriebe motivieren, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in ihrem Betrieb unter die Lupe zu nehmen und Präventionsmassnahmen umzusetzen – auch im Hinblick auf ältere Personen auf dem Betrieb.
Einerseits ist die Mitarbeit älterer Generationen im Familienbetrieb oft für alle Beteiligten wertvoll und eine Entlastung, andererseits war ein Drittel der im letzten Jahr tödlich verunfallten Personen im Pensionsalter. Daher seien auch Massnahmen wichtig, aufgrund derer ältere Personen sicher arbeiteten, sich korrekt schützten und keine unnötigen Risiken eingingen, heisst es von der BUL.
Hofsicherheit
Das Projekt «Hofsicherheit.ch» ist ein Angebot der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL für Schweizer Familienbetriebe. Ein Selbstcheck führt Schritt für Schritt durch die wichtigsten Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes auf dem Betrieb. In der Auswertung gibt es einen Überblick, wo der Betrieb in Sachen Sicherheit schon ganz gut dabei ist und in welchen Bereichen die Sicherheit noch verbessert werden kann.
Sicherheitsmassnahmen müssen praxisorientiert sein
Ein weiterer Präventionsschwerpunkt sei die Aus- und Weiterbildung sowie die Vermittlung von Fachwissen an Personen, die Waldarbeiten verrichten. So ist das neue Waldgesetz nach fünf Jahren Übergangsfrist letztes Jahr in Kraft getreten und verlangt, dass Personen, die im Auftragsverhältnis Waldarbeiten ausführen, über einen Holzerkursnachweis verfügen müssen.
Dieser Basiskurs in der Holzernte wird unter anderem vom Verband der Schweizer Waldeigentümer WaldSchweiz angeboten. Allerdings ist die Nachfrage aktuell so hoch, dass das Angebot diese noch nicht decken kann: Für das laufende Jahr sind alle Kurse bis auf ein paar Kurse im Oktober, November und Dezember bereits ausgebucht.
«Mit der Präventionsarbeit motivieren wir die Landwirtinnen und Landwirte nachhaltig zu sicherem Verhalten», erklärt Dominique Thiévent. Es gehe darum, praxisorientiert Massnahmen aufzuzeigen. «Sicherheitsmassnahmen umzusetzen, bedeutet Veränderungen im Betrieb zuzulassen und nicht jede und jeder ist sofort bereit, solche Veränderungen zuzulassen», ergänzt die BUL-Fachverantwortliche. In der Präventionsarbeit sei es darum eine Herausforderung und mitunter eine der wichtigsten Aufgaben, den Vorteil der Massnahmen aufzuzeigen, so dass die Umstellung nicht als Nachteil wahrgenommen werde.