AboGastbeitragDer Ausbau von lokalen Energiequellen macht SinnDienstag, 13. Februar 2024 Angefangen hat es mit ein paar Säcken Kartoffeln. Kartoffeln waren schon zu Vaters Zeiten eine Hauptkultur auf unserem Betrieb. Auf Anfrage haben wir sie auch schon immer direkt an Endverbraucher verkauft, allerdings neben mehreren Hundert Tonnen für den Grosshandel in vernachlässigbaren Mengen.

Mit der Umstellung auf Biolandbau im Jahr 2017 hat sich das grundlegend geändert. Die Anfragen wurden mehr. Auch andere Produkte wurden nachgefragt, die wir noch gar nicht hatten. Wir mussten uns entscheiden, ob wir richtig in die Direktvermarktung einsteigen wollten. Meine Frau wollte und ich nach anfänglichem Zögern auch. Und so ergab das eine das andere. Die Werbetafel neben der Kartoffelscheune reichte natürlich nicht mehr. Es musste investiert werden. Anfänglich in Verpackungsmaterial, Gläser, Taschen und vieles mehr. Der alte Kälberstall wurde in einen Hofladen mit Lager umgebaut. Der alte Kuhstall wurde entrümpelt und diente in der Zwischenzeit ebenfalls als Lager. Später mussten die Autos aus der Garage, diese wurde in einen lebensmitteltauglichen Verarbeitungsraum umgebaut. Weiter brauchte es Küchenmaschinen und Gefrierschränke. Eigentlich geht es noch immer so weiter, da auch die Produktpalette immer grösser wird. Klar hat die Coronazeit den Aufbau begünstigt. Der damalige Boom ist aber längst verflogen und das Wachstum ist inzwischen planbarer und beständiger geworden. Das bedingt allerdings intensive Kundenkontakte und Werbung. Aufhören liegt jetzt eigentlich gar nicht mehr drin. Aber das wollen wir inzwischen auch nicht mehr, im Gegenteil.

Die Arbeit dahinter ist enorm

Heute, sieben Jahre später, ist die Direktvermarktung zu einem bedeutenden Betriebszweig geworden. Wir dürfen inzwischen auch Bioläden, andere Hofläden und Restaurants beliefern. Neben Kartoffeln, Zwiebeln und Rüebli sind inzwischen rund 150 weitere Positionen auf der Produktliste, darunter auch wenige Spezialitäten von Partnerbetrieben. Abgehende Kühe vermarkten wir inzwischen alle selber in Form von Mostbröckli, Hamburgern, Hackfleisch, Brat- und Rauchwürsten. Ein Teil der Weiderinder geht als Mischpakete und Einzelstücke. Von den Schafen gibt es Lammfleisch, Felle und Wolle. Aus den Reben gibt es unsere Weine, Traubensaft und als Spezialitäten den eigenen Balsamico und den Weinessig. Aus dem Obstgarten Säfte und Schnaps. Wir bauen selber Gelb- und Braunsenf an, den wir weiter zu verschiedenen Senfspezialitäten verarbeiten. Sonnenblumenöl, teils verbunden mit Peperoncini, gehört zur Palette. Weiter haben wir Mehle von Urdinkel und Weizen sowie Haferflöckli im Angebot. Diese Aufzählung ist natürlich nicht abschliessend und wird es auch niemals sein.

Ist die Direktvermarktung eine Lösung zur Erhöhung der Wertschöpfung auf dem Hof als Alternative zu einem Nebenerwerb? Für die meisten Betriebe vermutlich nicht. Für uns selber passt es, wir haben die nötigen Voraussetzungen und vor allem viel Freude daran gefunden. Dazu gehören der Verkauf der eigenen Produkte zu selbst kalkulierten Preisen und der direkte Austausch mit den Konsumenten, um ihnen nicht nur die Produkte, sondern auch die Landwirtschaft im Allgemeinen näherzubringen. Klar ist aber auch, dass die Arbeit dahinter enorm ist. Es braucht geeignete Mitarbeiterinnen und Lohnverarbeiter wie Metzger, Müller und Kelterer sowie eine 7-Tage-Präsenz jede Woche. Dann muss ständig das Angebot und die Nachfrage ungefähr in Einklang gebracht werden. Das beginnt dann schon bei der Fruchtfolgeplanung.

Man muss punkten können

Das Wichtigste sind letztlich die Produktqualität und der Kundenservice, an die wir selber höchste Ansprüche stellen. Nur damit können wir punkten. Preislich können wir allenfalls bei unverarbeiteten Produkten mit den grossen Ladenketten mithalten. Bei uns wird keine Charge verkauft, die wir nicht selbst degustiert haben.

Der Einstieg in die Direktvermarktung muss gründlich überlegt werden. Es müssen viele Punkte stimmen. Soll sie ein wirkliches Standbein des Betriebes werden, sind grosse finanzielle und zeitliche Ressourcen erforderlich. Und es braucht einen langen Schnauf.

Zur Person
Konrad Langhart ist Biolandwirt und kommt aus Oberstammheim ZH. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.