Im konkreten Fall stellte eine Bank 2019 beim Betreibungs- und Konkursamt Delsberg JU einen Antrag auf Grundpfandverwertung. Dieser betraf mehrere Parzellen eines landwirtschaftlichen Anwesens. Der Rechtsvorschlag des Eigentümers gegen den Zahlungsbefehl wurde aufgehoben und der Verkauf im November 2020 beantragt.
Die Ehefrau verlangte 2021, dass ihr ebenfalls ein Exemplar des Zahlungsbefehls zugestellt werde. Sie erklärte, dass sich die Betreibung auf ein gemeinsam bewirtschaftetes Gut beziehe. Betrieb und Familienwohnung könnten nur mit Zustimmung des Ehepartners verkauft werden.
Anwesen sei kein gemeinsamer Betrieb
Das Amt gab dem Antrag der Frau statt, die Bank reichte jedoch eine Beschwerde dagegen ein. Im August gab das Kantonsgericht der Bank recht. Es kam zum Schluss, dass das Anwesen nicht als gemeinsamer Betrieb eingestuft werden könne. Die Frage nach einer analogen Anwendung der für die Wohnung geltenden Regel stellte das Gericht nicht.
In einem am 9. November 2022 veröffentlichten Urteil hat das Bundesgericht die Frage beantwortet, ob der Gesetzgeber versehentlich keine spezielle Regel für die Betreibung eines gemeinsam bewirtschafteten Gutes aufgestellt hat, wie er es für die Familienwohnung getan hat.
Zentrale Frage der Wohnung
Die Verpflichtung zur Zustellung eines Zahlungsbefehls an die Ehepartner bei Betreibungen, die sich auf das Wohneigentum beziehen, trat 1997 in Kraft. Damit sollte der Schutz der Ehewohnung, auf das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz ausgedehnt werden. Diese Verpflichtung besteht jedoch nicht, wenn die Betreibung ein gemeinsames Unternehmen betrifft.
Nach Ansicht des Bundesgerichts handelt es sich bei dieser Auslassung nicht um eine Unachtsamkeit des Gesetzgebers. Vielmehr sollten alle Formen von Interessengemeinschaften zwischen Ehegatten ausgeschlossen werden, mit Ausnahme der Wohnung. Diese spiele für die Familie «eine vorrangige und lebenswichtige Rolle».