80 bis 100 Millionen kg weniger Milch wird Hochdorf nach 2026 verarbeiten, dies als Folge der verkleinerten Kapazitäten für die Pulverherstellung. «Diese Menge wird den Schweizer Milchmarkt nicht destabilisieren», gibt Reto Burkhardt, Leiter Kommunikation bei den Schweizer Milchproduzenten (SMP) Entwarnung. «Tendenziell nehmen die produzierte Milchmenge und die Anzahl Milchkühe im Land ab», gibt er zu bedenken.
Keine Milchlieferanten direkt betroffen
Eine Trendumkehr sei nicht absehbar. Daher ist Reto Burkhardt zuversichtlich, dass es eine Lösung für die Milch geben wird, die bisher nach Hochdorf geflossen ist. Da Hochdorf sich über Milchhandelsorganisationen eindeckt, sind keine Milchlieferant(innen) direkt betroffen. «Es ist an den Handelsorganisationen, neue Kanäle zu finden», hält man bei SMP fest. Man habe das nun eingetretene Szenario auf dem Radar gehabt.
«Es ist an den Handelsorganisationen, neue Kanäle zu finden»
Schweizer Milchproduzenten (SMP) über die Zuständigkeiten.
Es muss nicht Pulver sein
«Im Pulverbereich gab es Überkapazitäten, das muss man beachten», sagt Reto Burkhardt. Daher habe auch deinvestiert werden müssen. Die Milch müsse aber nicht zwingend zu Pulver werden, fährt er fort: «Es geht darum, in jedem Moment ausreichende Kapazitäten zu haben, um alle Milch nutzen zu können.» In anderen Bereichen sei die Wertschöpfung aber interessanter und Schweizer Milchpulver habe im Weltmarkt immer einen schweren Stand gehabt.
Immerhin kam der Schritt der Hochdorf-Gruppe nicht ganz überraschend. Bis Ende 2026 ist noch etwas Zeit. «Trotzdem muss die Zeit bei den Produzenten genutzt werden, damit kein Marktdruck entsteht und neue Kanäle erschlossen werden können», appelliert SMP-Direktor Stephan Hagenbuch. Vieles hänge natürlich von der weiteren, generellen Marktentwicklung ab.
Emmi wird nicht alle Milch nehmen
Die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) liefern bereits seit einem Jahr nicht mehr an Hochdorf. Das erklärt Carol Aschwanden, Mitglied der ZMP-Geschäftsleitung im SRF-Regionaljournal. Stattdessen geht die Milch der ZMP an Emmi. Diese macht auf Anfrage der BauernZeitung klar, aus heutiger Sicht nicht alle freiwerdende Milch von Hochdorf übernehmen zu können. «Diese Frage ist aber nicht so einfach zu beantworten», heisst es bei der Medienstelle von Emmi. Einen Einfluss werde die im Jahr 2026 produzierte Milchmenge haben. Insgesamt schätzt Emmi, dass die Schweiz genügend Verarbeitungs-Kapazitäten hat. Die Grenzen würden allerdings bei den saisonalen Schwankungen mit hohen Mengen im Frühling bereits heute regelmässig erreicht.
In die Milchpulverproduktion investieren
«Emmi wird auch in Zukunft Schweizer Milchpulver produzieren», versichert Sprecherin Cornelia Stupf. Um ihren Kunden eine Schweizer Alternative bieten zu können, gebe es Pläne, weiter in die Produktion von Milchpulver zu investieren. Damit diese Herstellung allerdings attraktiv wird, müsse die aktuell «extrem grosse Differenz» zwischen dem europäischen und dem schweizerischen Milchpreisniveau deutlich sinken. Dieselbe Herausforderung stelle sich für die Milchwirtschaft auch beim Käse, was der Grund für den hohen Importdruck sei.
«Emmi wird auch in Zukunft Schweizer Milchpulver produzieren.»
Emmi-Sprecherin Cornelia Stupf
Schokolade braucht Milchpulver
Während es für die Milchproduzenten bzw. -händler in erster Linie darum geht, dass ihre Milch in irgendeiner Form genutzt werden kann, braucht die Schweizer Schokoladenindustrie explizit Milchpulver. Nach Auskunft des Verbands Chocosuisse verarbeitet sie pro Jahr rund 20'000 t Milchpulver bei der Herstellung von Schokolade, die zum grössten Teil exportiert wird. «Eine Konzentration des verkleinerten Milchpulver-Angebots in der Schweiz werden wir kritisch beobachten», sagt Chocosuisse-Direktor Urs Furrer auf Anfrage der BauernZeitung. Wenn Standard-Milchpulver mit den benötigten Mengen, Qualitäten und Konditionen in der Schweiz nicht verfügbar ist, müsse gezwungenermassen auf importiertes Pulver ausgewichen werden.» Sonst sei der Produktionsstandort für Schweizer Schokolade in Gefahr, schliesst Furrer. «Allerdings gibt es ohne Milch und Zucker aus der Schweiz keine Swissness für die Schokolade», tönt es aus dem Hause SMP.
Acht Liter flüssige Milch
Milchpulver ist nichts anderes als Frischmilch, ist bei der Branchenorganisation Schweizer Milchpulver (BSM) zu lesen. Für ein Kilo Vollmilchpulver braucht es rund acht Kilo flüssige Milch. Das bedeutet, mit Pulver können grössere Milchmengen in kurzer Zeit haltbar gemacht werden. Neben den drei Standardprodukten Vollmilch-, Magermilch- und Molkepulver unterscheiden sich weitere Pulvervarianten vor allem durch den Eiweissgehalt. Die bekanntesten Einsatzbereiche für Milchpulver sind Schokolade, Kindernährmittel und Glacen.