«Dem Bund ist bewusst, dass die Berglandwirtschaft unter erschwerten Bedingungen lebt», hielt Christian Hofer am 30. März 2023 in Cazis fest. Der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) war an die Mitgliederversammlung des Bündner Bauernverbandes eingeladen worden, um über die Auswirkungen der zukünftigen Agrarpolitik auf das Berggebiet zu referieren.
Viele Erwartungen von beiden Seiten
Die Agrarpolitik ist laut Christian Hofer immer eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft. So erwartet diese Vielfalt, hohe Qualität und tiefe Preise. Während die Landwirtschaft ihrerseits Erwartungen hat, beispielsweise faire Preise, ein vergleichbares Einkommen, Wertschätzung, Verständnis und konsequente Konsument(innen).
Manche der Erwartungen decken sich, bei anderen entsteht bekanntlich ein Spannungsfeld. Was das Berggebiet betrifft, sind etwa die Einkommen immer noch eher tiefer als im Flachland, doch ging die Entwicklung in den letzten 30 Jahren in eine positive Richtung. Es sei ökonomisch notwendig und gehöre zum Auftrag des Bundes, Berg- und Sömmerungsgebiete zu unterstützen, so Hofer.
Etwa, indem die Produktionsgrundlagen gestärkt werden. So gingen beispielsweise 2021 rund 62 Prozent der Investitionskredite ins Hügel- und Berggebiet. Weiter fördert der Bund eine höhere Wertschöpfung, welche etwa mit Regionalmarken und Ursprungsbezeichnungen wie AOP zu erreichen ist. Dazu kommen Projekte zur regionalen Entwicklung (PRE), welche gezielt bestimmte Gegenden fördern.
Die Rahmenbedingungen verändern sich in verschiedener Hinsicht: Hofer nannte den Klimawandel als einer der grössten zukünftigen Herausforderungen für die Landwirt(innen).
Es braucht viel Infrastruktur
Eine längere Vegetationsperiode, kritische Erwärmung, Verbreitung von Schädlingen sind einige der Folgen des Klimawandels. Um damit umgehen zu können, müsse auch Infrastruktur bereitgestellt werden, für Sömmerungsgebiete beispielsweise Zugang zu Wasser aus Stauseen.
Christian Hofer sieht zudem Grenzen bei der Globalisierung. Es sei zunehmend eine Regionalisierung internationaler Wertschöpfungsketten beobachtbar. Zudem sprach er die Entwicklung neuer (digitaler) Technologien an, welche zur Schonung der Ressourcen beitragen können.
Für die zukünftige Agrarpolitik bedeute dies, so Hofer, das Berggebiet weiterhin zu stärken, etwa indem Regionen und Projekte für die wirtschaftliche Entwicklung gefördert werden. Dabei sei auch in Randregionen die Möglichkeit zur Digitalisierung konsequent zu nutzen.
«Produkte aus Berggebieten haben einen hohen Anerkennungsgrad.»
Christian Hofer, BLW-Direktor.
Eine Diversifizierung ist oft möglich
«Produkte und Dienstleistungen aus dem Berggebiet haben eine hohe Anerkennung und können oft mit mehr Wertschöpfung vermarktet werden», so Hofer. «Dies lässt sich nutzen.» Oftmals gebe es auch die Möglichkeit der Diversifizierung, beispielsweise, in dem man mit touristischen Angeboten auf ein weiteres Standbein setzt.
Dabei sei es wichtig, Selbstverantwortung zu übernehmen. Trotz den hohen gesellschaftlichen Erwartungen an die Landwirtschaft gebe es Gestaltungsraum. «Es gilt, Chancen zu packen und entsprechend den Rahmenbedingungen das Beste aus dem Betrieb zu machen», so der BLW-Direktor.
Wechsel im Vorstand
Peter Marugg aus Jenaz hatte nach acht Jahren im Vorstand des Bündner Bauernverbands seinen Rücktritt bekannt gegeben. «Mit ihm geht ein ganz Grosser», würdigte ihn Präsident Thomas Roffler. Marugg habe sich insgesamt über Jahrzehnte im Verband engagiert. Zudem habe er sich als Pionier der Mutterkuhhaltung stark für diese eingesetzt.
Als Nachfolger wurde wiederum ein Kandidat aus der Agrischa Region Prättigau-Davos gesucht. Zur Verfügung stellte sich der Davoser Cyril Graf. Der Landwirt und Unternehmer ist unter anderem Präsident des Bauern- und Landwirtschaftsverbandes Davos und Mitglied des Organisationskomitees der Agrischa 2024, die in Grüsch stattfinden soll. Die BBV-Mitglieder wählten Graf einstimmig zum neuen Vorstandsmitglied.