Ein kleiner Biobetrieb mit wenig Fläche, aber intensiver Gemüseproduktion, funktionierender Direktvermarktung, Wärmeverbund, einem Rindvieh-Laufstall, einem grossen Wohnhaus und einem Stöckli: So etwas sucht derzeit niemand. Diese Erfahrung hat jedenfalls der derzeitige Betriebsleiter gemacht, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. «Als wir uns vor fünf Jahren zum ersten Mal mit der Hofübergabe befasst haben, dachten wir, das werde einfach», erinnert er sich. Mittlerweile hat er die Suche nach einem Nachfolger aufgegeben.
Gute Wertschöpfung
Der Landwirt schildert, wie er den Betrieb zuerst in Pacht übernommen und später gekauft, die teils marode Infrastruktur saniert (Wohnhausausbau, Bau Boxenlaufstall und Gemüsehalle mit Kühlräumen, grosse Folientunnel) und das Biogemüse als wichtigsten Betriebszweig aufgebaut hat. Lange gehörten auch Milchkühe dazu, heute noch Aufzuchtrinder. Das Betriebsleiterpaar bildete Lernende und Vorstudien-Praktikanten aus. Hinzu kamen saisonale Angestellte. «Wir konnten die Löhne immer bezahlen, haben einen hohen Umsatz und eine gute Wertschöpfung», sagt der Betriebsleiter, «es ist gut geworden.» Was den Absatz betrifft, sieht er den Hof auch dank eines Gemüseabos für die Zukunft gut aufgestellt. «Wir haben mit unserem Betrieb bewiesen, dass man mit einer kleinen Fläche überleben kann», so sein Fazit. Direktzahlungen hätten immer weniger als 5 Prozent des Umsatzes ausgemacht.
Eine innerfamiliäre Hofübergabe bot sich nicht an, auf ein Zeitungsinserat und eine Onlineausschreibung meldeten sich über zwanzig verschiedene Interessenten. Er habe neunmal seinen Betrieb gezeigt. «Es war gutes Wetter, wir hatten schöne Kulturen auf den Feldern – ich hätte vor vierzig Jahren bei einer solchen Gelegenheit sofort zugeschlagen.» Es sei Respekt spürbar gewesen vor dem, was die Familie aufgebaut hat. Doch es fehlte die Bereitschaft, es fortzuführen. Noch bevor es um finanzielle Belange gegangen wäre, hätten sich alle zurückgezogen, schildert der Landwirt. Dabei habe er seinen Nachfolgern finanziell entgegenkommen wollen, erklärt der Betriebsleiter. Etwa, indem der Wärmeverbund (eine AG) bei ihm bliebe oder eine Nutzniessung für das Stöckli vom Verkaufspreis zum Abzug gebracht werden könnte. Doch die Absagen kamen vorher – obwohl der Landwirt einigen Kandidaten die Übernahme durchaus zugetraut hätte, wie er sagt. Er und seine Frau hätten ihre Nachfolger zumindest in der Anfangszeit bei der Arbeit noch unterstützen können.
Wunsch nach Direktzahlungen
«Es fehlt heute die Bereitschaft, sich voll und ganz auf etwas einzulassen», glaubt der Biobauer. Er habe festgestellt, dass sich junge Bauersleute mehr Fläche und damit Direktzahlungen wünschten. Häufig gehöre auch eine Anstellung auswärts zur Wunschvorstellung, was sich mit seinem Betrieb in seiner heutigen Form nicht vereinbaren liesse. «Aber man könnte auf dem Hof zum Beispiel ein Green-Care-Angebot aufbauen», gibt er zu bedenken. Er hat selbst dreizehn Jahre lang Suchtbetroffene betreut, aber aus verschiedenen Gründen wieder aufgegeben.
«Wir dachten, das wird einfach.»
In jungen Jahren hätte er eine solche Gelegenheit gleich gepackt, meint der Biobauer.
Stärker auf Sicherheit bedacht
Er wirft der jungen Generation nicht Faulheit vor. Im Gegensatz zu ihm, der in seiner Jugend «vor nichts Angst hatte» und sich bereitwillig ins Abenteuer grosser Investitionen gestürzt habe, seien die Jungen heute aber stärker auf Sicherheit bedacht. Diese geben ihnen Direktzahlungen und ausserbetriebliches Einkommen, die unabhängig von Markt und Wetter fliessen. «In vielen anderen Berufen hat man ein deutlich geringeres persönliches Risiko, kann auch ein gutes Arbeitsleben und als Rentner gute Jahre haben», ist er sich bewusst.
Er und seine Frau hätten das Glück guter Gesundheit gehabt, um die intensive Arbeit stemmen zu können. «Das haben nicht alle.» Es sei schon eine gewisse Selbstausbeutung gewesen, «aber wir haben das gewollt und es so durchgezogen». Liquiditätsengpässe nach Investitionen inklusive, angesichts derer jeder Berater die Hände verworfen hätte. Dabei habe er aber durchaus noch anderes gemacht, betont der Landwirt, der im Militär, in einem Gesangsverein und in der Gemeindepolitik mitwirkte.
«Akzeptiere die Realität»
«Die unternehmerische Risikobereitschaft ist in der Landwirtschaft verloren gegangen», so da Fazit des Bio-Gemüsebauern. Es dominiere in allen Bereichen das Versicherungsdenken. Da mache er sich Sorgen um die Resilienz der Schweizer Landwirtschaft, die Zukunftsangst schlage bei vielen Jungen durch.
Der kleine Biobetrieb wird jetzt voraussichtlich in der Nachbarschaft aufgeteilt. «Wir behalten einen Teil der Produktion und machen weiter, solange wir es können», so der Betriebsleiter. Es bestehe kein finanzieller Druck für ihn, den Hof verkaufen zu müssen. Die Altersvorsorge des Paares ist gesichert. «Ich akzeptiere die Realität und habe damit kein Problem», meint er zur gescheiterten Hofübergabe. «Aber ich finde es schade. Wir hätten gerne einem jungen, zupackenden Paar ermöglicht, diesen gut laufenden Betrieb zu übernehmen.»
«Betriebsauflösung ist keine Schande»
Haben Sie andere Fälle erlebt, in denen ein Betrieb keinen Nachfolger gefunden hat?
- Fehlende Wohnmöglichkeit für die Hofübernehmenden: Wenn die Hofabgebenden dort wohnen bleiben wollen und keine weitere Wohnmöglichkeit besteht.
- Grosse finanzielle Verschuldung: Wenn ein Betrieb sehr kapitalintensiv ist und der Verkehrswert sehr viel höher liegt als der Ertragswert (je nach Region sehr unterschiedlich).
- Hohe Spezialisierung: Zum Beispiel intensivere Gemüse- oder Schweinezuchtbetriebe sind eher unbeliebt. Oft müssen wegen Investitionen Betriebszweige zwingend weitergeführt werden. Die meisten Hofsuchenden möchten aber eine gewisse Freiheit bei der künftigen Betriebsführung. Bei sehr spezialisierten Höfen muss häufig ein grösseres Risiko eingegangen werden.
- Angestellte: Die grössere Verantwortung kann abschrecken.
- Sehr wenig Eigenland: Dies hat sicherlich auch mit dem aktuellen flächenbezogenen Direktzahlungssystem zu tun. Zudem ist es einfach ein grösseres Risiko, einen Betrieb mit viel Pachtland zu übernehmen, da die Übergabe des Pachtlands zuerst gesichert werden muss.
Ist die Sichtweise, dass es viele Interessierte und (zu) wenig Betriebe gibt, falsch?
Ich denke, im Vergleich dazu, wie viele Betriebe jährlich aufgegeben und wie viele als bestehende Einheit weitergegeben werden, sind es immer noch sehr wenige Betriebe, die für die ausserfamiliäre Hofübernahme verfügbar sind. Viele der Betriebe, bei denen das Wohnhaus abparzelliert und das Land verpachtet oder verkauft wird, könnten eine Grundlage für eine junge Bauernfamilie, ein Paar oder ein Kollektiv bieten. Daher würde ich sagen, es werden immer noch viel zu viele Betriebe aufgegeben, ohne vorher überhaupt abzuklären, ob es Interessenten gibt, die den Betrieb weiterführen würden.
Handkehrum ist es leider so, dass nicht für alle Betriebe unter den gewünschten Bedingungen der Hofabgebenden eine Nachfolge gefunden werden kann.
Was sagen Sie zu den Beobachtungen dieses Gemüsebauern bezüglich der jungen Generation?
Ich denke, ein Grossteil der jüngeren Generation ist sich der multiplen Krise der heutigen Zeit (Klimawandel, Kriege, Biodiversitätsverlust usw.) und den damit verbundenen Risiken bewusst und daher auch zurückhaltender und kritischer, sich lebenslänglich zu verschulden, als die Babyboomer-Generation.
Aber viele suchen genau deswegen nach konkreten Lösungen oder Handlungsspielräumen, dank derer sie auch in diesen ungewissen Zeiten etwas Positives bewirken können. Daher der aktuelle Trend der landwirtschaftlichen Ausbildungen.
Weiter gibt es im Vergleich zur älteren Generation zunehmend eine etwas andere Einstellung zur Work-Life-Balance: Viel und hart zu arbeiten ist okay. Aber dabei die eigenen Grenzen zu respektieren und auch mal Ferien zu haben, ist für die jüngere Generation auch wichtig. Diese Entwicklung ist sehr zu begrüssen.
Und man muss sich einfach bewusst sein, dass es viel Mut braucht, einen Betrieb zu übernehmen, der über mindestens eine Generation lang aufgebaut worden ist, und man keine Zeit hat, langsam in das Ganze hineinzuwachsen, wie das innerfamiliär oftmals der Fall ist. Das ist für die Hofabgebenden oftmals schwierig nachvollziehbar, da die meisten den Betrieb ihrer Eltern übernommen haben.
Was empfehlen Sie, wenn sich keine geeigneten Hofnachfolger finden lassen?
Zuerst versuchen wir, die Hofabgebenden auf alle möglichen Suchkanäle aufmerksam zu machen. Für uns spielt es keine Rolle, ob sie über unsere Hofplattform oder über ein Zeitungsinserat jemanden finden. Wichtig ist, alle Kanäle zu kennen, breit zu suchen und sich bewusst zu sein, dass es Jahre dauern kann.
Dann prüfen wir mit den Hofübergebern, ob es Kriterien gibt, an denen sie noch schrauben können (z. B. Wohnsituation oder Verkaufspreis). Es gilt den Spielraum auszuloten.Sind alle möglichen Wege und Optionen versucht worden, dann muss man die anderen Optionen wie Verpachtung oder Verkauf des Landes und der Gebäude angehen.
Wichtig dabei ist: Eine Betriebsauflösung ist keine Schande, und wir sagen diesen Hofabgebenden jeweils: «Schauen Sie, Sie haben es versucht, Ihren Betrieb weiterzugeben. Es hat sich leider unter diesen Umständen nichts ergeben, und daher können Sie nun auch mit gutem Gewissen andere Optionen wählen.»