Undine Westphal ist Schulimkerin an der Grund- und Stadtteilschule Hamburg-Bergstedt und hat mehrere Bücher geschrieben, zum Beispiel «Die Schulimkerei Planung-Aufbau-Betrieb» oder «Frauenpower am Bienenstock». Bei ihr steht nicht die Honiggewinnung im Vordergrund, sondern das Lebewesen Biene. Im März gab sie auf Einladung der Natur-Imkerin Alice Oberli in Rorschach am Bodensee zwei Einführungskurse in das Imkern.
Zwingende Meldepflicht
«Was wir heute machen, ist ein Kennenlernen der Biene», betont Undine Westphal. «Wir schnuppern nur. Danach seid ihr noch keine Imker, aber ihr könnt euch in etwa vorstellen, was euch erwartet.» Wer Bie-nen halten möchte, muss sich an die Spielregeln halten. Dazu gehört die amtliche Meldepflicht des Bienenstocks, um zum Beispiel die Ausweitung der Faul- oder Sauerbrut, eine sehr ansteckende Bienenkrankheit, zu bekämpfen.
«Die Biene ist ein Sonnentier», sagt die Referentin. Darauf ist bei der Standortwahl zu achten. Einen Bienenstock darf man auch nicht einfach verstellen, denn Bienen haben ihr GPS so genau eingestellt, dass sie Mühe haben, das Flugloch wieder richtig anzufliegen, wenn es auch nur um wenige Zentimeter verschoben wurde.
Eine kostspielige Sache
Bienen hält man nicht einfach nur so nebenbei. Bienen halten braucht Zeit. Anfang April bis Ende Juli ist die hohe Zeit der Bienenvölker. Da muss man im Abstand von sieben bis neun Tagen am Stock arbeiten. Wer imkern will, muss mit einem Startkapital von 2000 Euro rechnen. Eine Honigschleuder allein kostet gegen 600 Euro. Auch eine
Schutzkleidung gehört zum Imkern. Und dann braucht es einen grossen, trockenen Raum zum Lagern der Waben und Imkerutensilien, was man oft unterschätze. «Bienenhaltung kostet Kraft», sagt Undine Westphal. Denn die Zargen, die Rahmen mit den Waben, lassen sich nicht mit nur zwei Fingern heben.
Ein kurzes Leben
Wer imkert, sollte wissen, was Bienen für Insekten sind, wie sie leben, erklärt die leidenschaftliche Imkerin. Schnell wird klar: Biene ist nicht gleich Biene. Sie durchläuft während ihres Lebens verschiedene Stadien. Drei Wochen dauert es, bis die junge Biene aus dem Ei schlüpft. Dann arbeitet sie fast drei Wochen im Stock, putzt die Zellen, füttert die Maden, baut Waben.
Nur in den letzten zwei Wochen ihres fünf- bis sechswöchigen Lebens fliegt sie aus und sammelt Nektar. In diesem kurzen Leben kennen die Bienen keinen Schlaf, sondern nur kurze Ruhepausen. Sie arbeiten durch, Tag und Nacht.
Das Leben ist aber nur im Sommer so kurz, im Winter werden die Bienen ein halbes Jahr alt. Während der kalten Jahreszeit bilden sie eine Traube und produzieren durch Zittern der Flugmuskulatur Wärme, mit der sie die Traube intervallmässig aufheizen und so aktiv das ganze Volk durch den Winter wärmen. Bienen machen keinen Winterschlaf. Als Nahrung dient ihnen der Honig, den sie in die Waben eingelagert haben.
Aufeinander angewiesen
Die männlichen Bienen werden Drohnen genannt. Sie lassen sich von den Arbeiterinnen füttern. Ihr einziger Lebenszweck ist es, sich mit der Königin zu paaren. Jedes Volk hat eine einzige Königin. Sie legt im Sommer bis zu 2000 Eier pro Tag und steuert das Volk mithilfe von Geruchsstoffen, den Pheromonen, die sie ausscheidet.
Es ist wunderbar, wie im Bienenstock alles aufeinander abgestimmt ist und jede Biene weiss, was sie zu tun hat. Wer ein guter Imker werden möchte, sollte seine Bienen viel beobachten, rät Undine Westphal, «um gegenseitig voneinander zu lernen». Bienen leben im ständigen Austausch mit ihrer Umgebung. Um ihr Leben entfalten zu können, brauchen die Bienen eine natur- und wesensgemässe Haltung.
Die Biene ist heute mehr denn je auf den Imker angewiesen. Ohne ihn würden nur wenige Völker überleben. Der Imker bietet den Bienen ein Zuhause und schützt sie durch verschiedene Massnahmen vor der Varroamilbe, dem zurzeit grössten Feind der Bienen.
Michael Götz