Riedholz Albrecht Dreier, dem Präsident der Zuchtkommission des Schweizerischen Freibergerverbands (SFV), war keine Enttäuschung anzusehen. Obwohl das mit Spannung erwartete Traktandum 9 sehr gut vorbereitet schien, und von Dreier fundiert vorgestellt wurde, lehnten die Delegierten den Vorschlag des Vorstands, frisches Blut in die Freibergerrasse einzuführen, ab. Trotz des hohen Verwandtschaftsgrads der Zuchttiere, wie sie der Verband in einer ausführlichen Arbeit darlegen konnte, wollten die Freibergerzüchter an ihrer Delegiertenversammlung in Riedholz SO am Dienstag von Warmblut in den Adern des einzigen Schweizer Pferdes, dem Freiberger, nichts wissen. Mit 63 gegen 53 Stimmen schickten sie eine Blutauffrischung bachab.
Kostendach fragwürdig
Die Gründe für die Ablehnung dieses Traktandums dürften vielfältig sein. Der Bündner Werner Keller beispielsweise stellte die Blutauffrischung an sich nicht infrage. Sollte diese aber mit «ausländischer Genetik» vorgenommen werden, sei man in der Genossenschaft Werdenberg klar dagegen.
Das letzte Schweizer Pferd mit ausländischem Blut in den Adern? Für einige Züchter undenkbar. Zumal sie davon ausgehen, dass die ohnehin schon bedrohten Linien wie R, D, P oder V komplett von der Bildfläche verschwinden würden. Die Zusicherung, dass im «Zuchtversuch» jederzeit die Notbremse gezogen werden könnte, reichte den Züchtern nicht aus. Auch nicht, dass die dafür vorgesehenen Hengste minutiös genau ausgesucht würden. Dass der Verband mit Kosten von rund 250 00 Franken für das Projekt rechnet, das Bundesamt für Landwirtschaft hingegen mit einer illion Franken, half dem Durchbruch des Vorhabens sicherlich auch nicht.
Die Freibergerzüchter bleiben derzeit zurückhaltend mit Veränderungen und belassen auch den Stationstest grossmehrheitlich unverändert. Vom Anliegen einiger jurassischer Pferdezüchter und jener, die sich einen «sportlicheren und feinfühligeren Typ wünschen», den Stationstest gar über Bord zu werfen, wollten die Delegierten in Riedholz nichts wissen. Die Konsultation im Vorfeld der Versammlung habe gezeigt, «dass die Züchter mit einer ganz grossen Mehrheit hinter dem 40-Tage-Test stehen», erklärte Stéphane Klopfenstein in seinen Ausführungen.
Besitzer darf nicht mehr
Obwohl man in der besagten Konsultation auch hätte davon ausgehen können, dass der «Wilkens-Index» fällt, wurde dieser nach einem ausführlichen Votum von Vorstandsmitglied Pierre Koller am Dienstag dennoch beibehalten. Dem Index wird Unverständlichkeit und schlechte Nachvollziehbarkeit vorgeworfen. Zudem wird die automatische Elimination eines Viertels der Hengste kritisiert. Die wichtigste Änderung am Stationstest wird künftig wohl sein, dass der Besitzer seinen Hengst nicht mehr selber vom Stationstest zurückziehen kann. Dies darf neu nur noch die Trainingsleitung entscheiden.
Die Delegierten hatten am Dienstag eine für den Freibergerverband übliche Mammutsitzung zu absolvieren. Langfädig und schwerfällig ging es ohne Pause durch die Änderungsvorschläge. Präsident Bernard Beuret führte das letzte Mal durch die Versammlung. Das wirtschaftliche Umfeld und die Schwierigkeiten in der sich die Pferdezüchter und die gesamte Landwirtschaft befänden, stimmen ihn nachdenklich. Seine Nachfolge konnte mit dem 65-jährigen CVP-Nationalrat Jean-Paul Gschwind von Courchavon JU sichergestellt werden. Gschwind stellte sich der Versammlung vor und versicherte: «Ich werde alles daran setzen, den Freiberger zu erhalten». Mit dieser Aussage hat er die Brisanz der Lage erkannt, ist doch aus den Unterlagen, die den Delegierten im Vorfeld zugestellt wurden, ersichtlich, dass die Anzahl Belegungen weiter massiv rückläufig sind.
Haefeli und Bielmann
Den Vorstand verliessen auch der Nordwestschweizer Heinz Mägli und der Westschweizer Roland Bovet. Für die beiden wegen Amtszeitbeschränkung aus dem Vorstand Austretenden, konnten Christof Haefeli, Matzendorf SO, und Hans Bielmann, St. Silvester FR, gewonnen werden.
Im Budget, das den Delegierten zwar unterbreitet, aber nicht zur Genehmigung vorgelegt wurde, sind für das Jubiläum in Balsthal SO 64 00 Franken vorgesehen. 20 Jahre jung ist der Freibergerverband heuer, der das gebührend und mit tatkräftiger Unterstützung der Pferdezuchtgenossenschaft Falkenstein und Umgebung feiern will.
20 Jahre ist es also her, dass sich die Züchter der einzigen Schweizer Pferderasse selbstständig auf den Weg machten. Damals unter Präsident Henri Spychiger und Vizepräsident Ernest Schlaefli, der später Präsident wurde. Bauern und aktive Freibergerzüchter an der Spitze des Verbands war das klar formulierte Ziel.
Heute, 20 Jahre später, wählen die Delegierten einen pensionierten Tierarzt, mangelns Alternative oder aus der Hoffnung heraus, er möge das schwierige wirtschaftliche Umfeld für die Züchter positiv beeinflussen können.
Simone Barth