Auf dem Käse, an der Hauswand oder im Futter – Schimmel gibt es überall. Mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel beim Blauschimmelkäse ist er meistens unerwünscht. Das gilt auch für die Landwirtschaft. Denn egal ob Heu, Silage oder Getreide – grundsätzlich kann jedes Futtermittel betroffen sein.
Bereits in
geringer Menge schädlich
Tiere fressen verschimmeltes Futter ungern. Sie versuchen, befallenes Futter auszusortieren und fressen daher langsamer und weniger. Sichtbare Schimmelnester können aussortiert werden. Schwieriger wird es aber, wenn es um die sogenannten Mykotoxine geht.
Mykotoxine sind giftige, von Pilzen gebildete Stoffwechselprodukte. Sie können bei Mensch und Tier bereits in niedriger Konzentration eine toxische Wirkung auslösen. Krankheiten beim Menschen, die durch Pilzgifte hervorgerufen werden, sieht man heute aufgrund gesetzlicher Grenzwerte in Europa nur noch selten. In anderen Gebieten wie Afrika und Asien spielen diese Intoxikationen jedoch bis heute eine wichtige Rolle.
1000 Millionen Tonnen gehen jährlich verloren
Anders präsentiert sich die Situation bei Tieren, die noch verbreitet mit Mykotoxinen zu kämpfen haben. Nicht alle Tierarten reagieren gleich. Schweine z. . gelten als besonders empfindlich, während Wiederkäuer damit besser umgehen können. Ausserdem ist die Schädigung abhängig von der Kondition des Tieres und seinem Alter. Ein bereits geschwächtes Tier wird anfälliger auf Mykotoxine reagieren als ein gesundes. Befindet sich das Gift aber erst einmal im Körper, kann es alle wichtigen Organsysteme in einem Tier beeinflussen.
Über 300 Toxine werden in der EU regelmässig gefunden. Jedes Toxin wirkt anders. Unbestritten ist, dass sich der toxische Effekt verstärkt, wenn mehrere Mykotoxine im Mix auftreten. Die Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) schätzt, dass bis zu 25 Prozent der Weltproduktion von Nahrungsmitteln mit Mykotoxinen kontaminiert sind und pro Jahr etwa 1000 Millionen Tonnen an Nahrungsmitteln aufgrund von Mykotoxinbelastungen verloren gehen.
Unspezifische Krankheitsbilder
Mykotoxine sind also ein Problem, mit der sich der Tierhalter immer wieder konfrontiert sieht. Der Emrovit-Milchviehtag am letzten Freitag nahm das zum Anlass, und widmete sich diesen Pilzgiften. «In der EU kennen wir rund 10 00 verschiedene Schimmelpilze», erklärte Johanna Fink-Gremmels. Die gelernte Tierärztin ist Expertin in Sachen Mykotoxine und arbeitet heute an der Universität Utrecht in Holland. Mit rund 30 Jahren Berufserfahrung liess sie keine Fragen unbeantwortet.
In der Landwirtschaft seien es immer wieder dieselben Gifte, die von sich reden machten, führte Johanna Fink aus: Zearalenon (ZEN), Deoxynivalenol (DON), Ochratoxin A und vermehrt auch Aflatoxine. Das heimtückische an Mykotoxinen sei, dass sie unspezifische Krankheitsbilder hervorrufen würden. So würden eine verringerte Futteraufnahme oder eine verminderte Leistung als mögliche Symptome aufgeführt.
Zahlen würden zeigen, so Fink, dass in der EU zwischen 10 bis 15 Prozent des Einkommens wegen Mykotoxinen verloren gehen würden. Die nicht auf Anhieb sichtbaren Symptome seien für die Landwirtschaft schlimmer als akute Erkrankungen. Denn die Aufnahme von Mykotoxinen könne sowohl eine akute wie auch chronische Krankheit auslösen. Ein gutes Beispiel für Letzteres sei die chronische Atemwegserkrankung beim Pferd, wenn es über längere Zeit mit oft unsichtbar verschimmeltem Heu in Kontakt komme.
Das Verflixte dabei ist, dass Mykotoxine nicht sichtbar sind. Es gibt Schnelltests, mit deren Hilfe ein Landwirt die Mykotoxingehalte in seinem Futter messen kann. Ein grosses Problem sind dabei aber die sogenannten maskierten Mykotoxine. Diese maskierten Gifte heften sich an ein Zuckermolekül und können so nicht als Mykotoxin entlarvt werden. Ein solches ist das in der Landwirtschaft häufig vorkommende DON. Heute gibt es Tests, die auch diese messen, sie sind aber um einiges teuerer als die Schnelltests.
Vorbeugen ist erste Priorität
Es gibt zwei verschiedene Arten von Pilzen: Die Feld- und die Lagerpilze. Die erste Art geht bereits vor der Ernte auf das Getreide und ist nicht sichtbar, die anderen sichtbaren Pilze entwickeln sich erst später während der Lagerung. Mykotoxine zu verhindern ist äusserst schwierig. Und sind sie erst einmal da, bringt man sie kaum noch weg, denn Mykotoxine sind äusserst hitzeresistent und stabil. Vorbeugen ist deshalb erste Priorität. Durch die Wahl einer weniger anfälligen Sorte kann bereits eine vorbeugende Massnahme getroffen werden.
Auch die Fruchtfolge kann einen erheblichen Einfluss darauf haben, ob und wie sich ein Pilz entwickeln kann. Viel wichtiger seien aber die Umweltfaktoren, zeigte sich Johanna Fink überzeugt wie z.B. die Feuchtigkeit, Temperatur, aber auch die Konkurrenzflora.
Viele Landwirte seien der Überzeugung, durch eine gezielte Fusarienbekämpfung der Mykotoxinbildung zu unterbinden. «Das täuscht», stellte Johanna Fink klar. Das Problem sei, dass die Landwirte zum Teil zu gut in ihrer Arbeit seien. «
Wenn ein Landwirt zu akkurat ein Fusarium spritzt, dass der unerwünschte Pilz vollständig verschwindet, macht er gleichzeitig einem anderen Schimmel Platz, der sich dann auf der Pflanze ausbreiten kann», erläuterte die Professorin.
Pflugloser Anbau fördert Pilze
Ein Dorn im Auge ist Johanna Fink die Förderung des pfluglosen Anbaus in der EU. Pilze benötigen für ihr Wachstum Luft. Beim Pflügen werden Pilze von der Oberfläche in das Erdinnere verbannt. Die Luftzufuhr ist unterbrochen, der Pilz stirbt ab. «Aber auf der Mulch lebt es sich für ihn wunderbar», meinte die Expertin. Auf die Frage, ob und wie hilfreich Mykotoxinbinder sind, antwortete Fink: «Den idealen Mykotoxinbinder gibt es nicht, aber vorbeugen kann besser als heilen sein.»
Weitere Empfehlungen um Mykotoxinen vorzubeugen:
- Optimaler Erntezeitpunkt: Warme und feuchte Bedingungen zur Blütezeit fördern die Fusarieninfektion.
- Fruchtfolge beachten.
- Lagerung: Unter 17 Prozent Feuchtigkeit werden kaum mehr Mykotoxine gebildet.
- Reinigung des Ernteguts: Eine sorgfältige Reinigung (zum Beispiel Entstaubung) kann hilfreich sein.
- Einwandfreie Silagen und Dürrfutter produzieren.
Julia Schwery