Auch tierspezifische Daten wie zum Beispiel zu Bewegung, Fress- und Tieraktivität oder Vokalisation können mittlerweile mit einer Vielzahl von Sensoren erfasst werden, um die Gesundheit und das Wohl der Tiere fest im Blick zu haben.

Bei einem Melkroboter zum Beispiel wird das Melkgeschirr ohne jegliche manuelle Hilfe mit Erkennungssystemen auf Basis von Ultraschall, Laser und optischen Sensoren an das Euter der Kuh angesetzt. Hauptvorteile von Melkrobotern gegenüber konventioneller Melktechnik sind weniger körperliche Arbeit, grosse zeitliche Flexibilität, Einsparung von Melkzeit, umfangreiche Datenerfassung zur besseren Kontrolle der Tiergesundheit, verbesserter Komfort für Tier und Mensch und optimaler Herdenüberblick.

Diesen Vorteilen stehen allerdings relativ hohe Investitionskosten gegenüber. Dennoch entscheidet sich in Europa etwa ein Drittel aller Milchviehhalter, die heute neu in Melktechnik investieren, für die Anschaffung von Melkrobotern. Ein Melkroboter als voll automatisierter Melkstand schafft gegen 70 Kühe. Melkroboter überzeugen vor allem auch ob der grossen Zufriedenheit der Tiere beim selbstbestimmten Vorgang des "Sich-melken-Lassens".

Spracherfassung

Mehr und mehr kommen Bluetooth-fähige Messgeräte zum Einsatz. Speziell in der Tierhaltung werden damit von Tierwaagen oder Fieberthermometern die Daten direkt ins Smartphone transferiert.

Relativ neu ist die sprachbasierte Erfassung von Parametern. Entsprechend der Tierbeobachtungen oder der ermittelten Tiergewichte können Steuerungsbefehle per Spracheingabe direkt an den Tränkeautomaten gegeben werden. Alarmtiere werden per Sprachbefehl abgerufen, Kontrollergebnisse diktiert und vom System quittiert. Dank eines Headsets bleiben beide Hände für Kontroll- und Treibfunktionen in der Tiergruppe frei.

Dank fortschreitender Miniaturisierung werden technische Geräte zunehmend kleiner, gleichzeitig leistungsfähiger. Ein Sender zur Tieridentifikation (Monitoring) findet bereits in einer Kälberohrmarke Platz und begleitet das Tier über die gesamte Lebensdauer. Damit werden nicht nur die Tierortung im Stall und auf der Weide, das Gruppenmanagement und die Melkplatzerkennung unterstützt, auch die Reproduktions-Steuerung und die Tiergesundheit nutzen den Sender in der Ohrmarke.

Es steht in den Wolken ...

Zunehmend werden Daten in einer "Cloud" gespeichert, dies unter anderem mit dem Vorteil, dass der Betriebsleiter von unterschiedlichsten Standorten Zugriff auf seine Daten hat. Cloud-Lösungen erlauben es, die eigenen Daten mit einem oder mehreren Partner zu teilen.

Damit kann das betriebsinterne Datenmanagement mit jenem der gesamten Wertschöpfungskette vom Zuchtbetrieb bis zum Handel intelligent vernetzt werden. Was wiederum dazu führt, dass wirtschaftliche Daten (Energie- und Futterverbrauch, Haltungsbedingungen, Arzneimittelverbrauch) rückverfolgbar werden. Einzeltierbezogene Informationen sind dank lebenslangen "UHF-RFID"-Ohrmarken jederzeit verfügbar.

Allerdings gibt es auch hier noch viel Abstimmungsaufwand. Mit einem vernetzten Futtermanagement im Milchviehbetrieb könnten von der Datenverwaltung des Ernteguts, über die Futtermittelanalyse, die Rationsberechnung bis hin zur Futtervorlage alle Prozesse hinsichtlich Arbeitserleichterung und Qualitätssicherung verknüpft werden.

Dafür müssten aber die unterschiedlichen Partner für Analytik, Beratung und Technik ihr spezifisches Fachwissen über die Drehscheibe des Herdenmanagement-Programms einbringen. In diesem Zusammenhang sind allerdings Datensicherheit und Datenhoheit - "wem gehören meine Daten" - noch weitgehend ungelöste Fragestellungen.

Rechtsicherheit im Umgang mit Daten

Mit der fortschreitenden Digitalisierung geht die Frage der Datenhoheit und Datensicherheit einher. Wem gehören die Daten, wer darf sie nutzen? Forderungen nach Rechtssicherheit stehen technische, wirtschaftliche und organisatorische Umsetzungs- und Nutzenfragen gegenüber. Aus Sicht der Landwirte sind Hersteller oder Dienstleister gefordert, die anfallenden betriebsbezogenen Daten in nutzbarer Form herauszugeben. Für eigene Zwecke darf ein Hersteller oder Dienstleister die Daten nur mit Einwilligung des Landwirts verwenden.

Nur kleine Brötchen

Daten machen - für sich alleine betrachtet - weder reich noch glücklich. Nur wenn die Analyse der erhobenen Daten eine Zeitersparnis mit sich bringt und letztlich zu besseren Entscheiden führt, hat man auch wirtschaftlich etwas davon. So setzt beispielsweise Cornelia Weltzien, Professorin für Technik und Pflanzenbau an der Technischen Universität Berlin, ein grosses Fragezeichen hinter den finanziellen Nutzen einer durch und durch digitalisierten Landwirtschaft.

"Der grösste Teil der Wertschöpfung durch die neue Technik liegt bei den Maschinen und nicht bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen," behauptet Weltzien. Um die Weiterentwicklung der Agrarprodukte positiv beeinflussen zu können, seien deshalb die Warenterminbörsen sehr viel schneller und direkter geeignet, als durch teilflächenspezifische Bewirtschaftungsmassnahmen Steigerungen im einstelligen Prozentbereich zu erreichen.

Vorteile digitaler Techniken sieht Weltzien aber durchaus im Faktor Zeitersparnis. Schlauer sein als der Nutzer selbst und ihm Antworten geben, bevor überhaupt Fragen gestellt werden. Als Beispiel wird der N-Sensor erwähnt, der während der Überfahrt den Pflanzenzustand analysieren, eine Massnahme empfehlen und diese auch sofort ausführen kann, in dem die optimale Dünger auf die entsprechende Teilfäche ausgebracht wird.

Fazit

Wie wird sich die Datenflut auf dem Feld und im Stall auf den Arbeitsalltag der Landwirte auswirken? "Digital Farming wird die Komplexität nicht erhöhen, sondern vielmehr die Entscheidungsfindung im landwirtschaftlichen Bereich präziser, intelligenter und einfacher gestalten - etwa beim Thema Dokumentation", sagt Adrian Percy, Leiter Forschung und Entwicklung der Bayer-Division Crop Science, und wirft einen Blick in die Zukunft: "In den kommenden zehn Jahren wird Digital Farming eine noch grössere Rolle in der Landwirtschaft einnehmen."

Viele, vielleicht sogar die meisten der beschriebenen Techniken haben in der landwirtschaftlichen Praxis noch nicht jene Verbreitung gefunden, die sich mancher Entwickler vorstellt. Die Digitalisierung schreitet aber weiter voran, die Möglichkeiten stellen längst keine Fiktion dar, sondern stehen für den Einsatz bereit.

Ziel dieser Techniken muss es jedoch sein, die landwirtschaftliche Produktion für den einzelnen Betrieb effizienter und für die Umwelt nachhaltiger zu gestalten. In diesem Punkt liegt dann die wohl grösste Herausforderung. Letztlich soll damit der Landwirt entlastet und nicht nur sein Geldbeutel zusätzlich belastet werden.

Roman Engeler, lid