Schüpfen Sie haben ihren Entscheid bis heute nicht bereut: Hans und Käthi Egger aus Schüpfen BE haben im Januar 2016 nach einer sechsmonatigen Bauphase ihren neuen Milchviehlaufstall mit 63 Boxen (deren 38 sind mit Kühen belegt) beziehen können. «Sicher war es für viele in unserem Umfeld unverständlich, dass wir es in der aktuellen Milchkrise wagten, in einen neuen Stall zu investieren», sagt das Betriebsleiterehepaar. Für Eggers war klar, wenn eines ihrer Kinder die Zukunft in der Milchwirtschaft sieht, dann wollen sie diesen Schritt unternehmen.
Mitten im Dorf
Nicht nur die gesicherte Hofnachfolge war ein Grund für den Neubau. Das Bauernhaus der Familie Egger liegt mitten im Dorfkern und im Laufe der letzten Jahre bekamen sie den Baudruck rund um ihren Hof zu spüren. 2013 befasste man sich ernsthaft mit dem Gedanken, einen neuen Laufstall ausserhalb des Dorfes zu realisieren. Sohn Michael, damals 15-jährig, skizzierte eifrig Zeichnungen und Pläne, wie der Stall einmal aussehen sollte. «Für uns war es wichtig, dass wir bei einer Realisation die Arbeitsabläufe möglichst einfach gestalten und wir uns trotz Neubau nicht noch Mehrarbeit zumuten», hält Hans Egger fest. Mit der Firma Moser Stalleinrichtungen aus Amriswil TG konnte die Familie Egger ihren Traum erfüllen.
Finanzierung im Vordergrund
Natürlich stehen bei einem Neubau immer die Finanzierung und die Tragbarkeit im Vordergrund. «Bei unserem Projekt rechneten wir mit einem Milchpreis von 50 Rappen. Wir sind dabei nicht ans Limit gegangen», sagen Hans und Käthi Egger. Somit sei noch etwas Spielraum vorhanden, sollte der Milchpreis einige Rappen sinken. Bei einem Bauvorhaben sei es zudem wichtig, dass man sich vorgängig nicht für eine Baufirma entscheide. «Das Einholen von Offerten ist ein Muss, denn die Preisspannen sind recht gross.»
Keine Hindernisse
Die Baueingabe, die Abklärungen hinsichtlich der Finanzierung und die Behördengänge liefen einwandfrei. «Es wurden uns keine Steine in den Weg gelegt.» Zwei Einsprachen konnten rasch geklärt werden. Auch für den von der Gemeinde vorgeschlagenen Standortwechsel war man hinterher dankbar. Im Juli 2015 war Spatenstich: Die Maurerarbeiten hat Christian Ramseier aus Aeschlen BE übernommen. «Hervorragende Arbeiter, die dank ihres zügigen Werkens die Bauzeit und somit auch die Kosten massiv senken konnten», freut sich Hans Egger. Es sei von Vorteil, wenn man Spezialisten einbeziehe, die wüssten wie man einen Stall baue. «Ich oder mein Sohn Michael waren immer auf der Baustelle. Somit konnten wir offene Fragen schnell abklären und es wurden keine Fehlentscheidungen getroffen», sagt der Betriebsleiter. Nur einen Tag brauchte man für die ganze Aufrichtung.
Bei einem Neubau sei darauf zu achten, dass Arbeitsabläufe möglichst einfach gestaltet werden und nicht trotz neuem Stall plötzlich mehr Arbeit anfällt als vorher. Daher wurde der Mistplatz so platziert, dass man nicht zuerst immer mit der ganzen Karre um den Stall herumreisen muss. Oder: Die Kälberbuchten und das Wasser für das Reinigen der Stiefel kamen in der Nähe des Melkraumes zu stehen. Beim Rundgang wird ersichtlich: Der Stall ist einfach und sehr zweckmässig gebaut. Die Frontseite steht offen und nur an drei Seiten steht eine Wand. Auffallend ist die frische Luft, die im Stall zirkuliert. Die drei Boxenreihen, eine steht draussen überdacht, werden von den Kühen gerne belegt. Die Kühe sind trotz Laufstall sehr sauber und es herrscht eine ruhige Atmosphäre. «An der Futterachse haben wir uns mit dem Fanggitter ein wenig Luxus gegönnt», lacht Hans Egger. So werden die Kühe jeweils nach dem Melken einige Zeit darin eingesperrt, damit jede Kuh in Ruhe fressen kann und nicht dauernd von dominanten Kühen vertrieben wird. Die unterste Schicht der Boxen ist mit verrottetem Kuhmist gefüllt und das oberste Drittel jeweils mit frischem Stroh. Oberhalb der Boxen ist kein festes Nackenrohr installiert, sondern bewegliche Bänder sorgen für ein freies Aufstehen.
Von hinten gemolken
Gemolken wird von hinten in einem 2x6-Boumatic-Fischgräten-Melkstand der Firma Hans Liechti in Signau BE. Obwohl die Kühe während des Melkens kein Kraftfutter bekommen, sei der Durchlauf mühelos. «Für uns kam nie ein Melkroboter in Frage. Erstens melke ich zu gerne und zweitens: Das Technische liegt mir nicht so», gibt Hans Egger zu. Und zudem hatte die ganze Familie Respekt vor zu vielen Störungen. «Ich habe keine Lust, in der Nacht immer wieder nach dem Rechten zu sehen.» Mit dem neuen Stall ist die Familie mehr als zufrieden. «Auch die ältesten Kühe fanden sich sofort darin zurecht und wir mussten deswegen keine abtun. Wir würden wieder genauso bauen», ist der einhellige Tenor am Küchentisch.
Peter Fankhauser