Schon ab dem frühen Morgen wurden in ganz Deutschland Autobahnauffahrten von Traktoren blockiert. Im Laufe des Tages kam es zahlreichen Protestzügen, bei denen Traktoren durch die Städte fuhren. In Bayern meldete die Polizei vielerorts Verkehrsbehinderungen, etwa weil Strassen nur einspurig befahrbar waren oder Autobahnauffahrten blockiert wurden.
Unfall in Norddeutschland
In der Region Oldenburg in Norddeutschland kam es zu einem Unfall: Ein Autofahrer versuchte, eine Blockade auf einem Geh- und Radweg zu umfahren und erfasste dabei einen Protestteilnehmer, wie die Polizeidirektion Oldenburg mitteilte. Der Mann sei dabei schwer verletzt worden, so die Polizie. Der Unfallfahrer beging Fahrerflucht, wurde aber später von der Polizei angehalten.
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Auf der A81 bei Böblingen waren am 8. Januar 2024 nach Polizeiangaben in einer unangemeldeten Demonstration mehrere Traktoren auf der Autobahn unterwegs. Im Kreis Cloppenburg in Nordwestniedersachsen wurde eine Bundesstrasse von 40 Fahrzeugen blockiert. In Sachsen waren laut Polizei etwa im Raum Dresden einige Autobahnauffahrten nicht nutzbar.
Unterstützung mit Lastwagen
Unterstützt wurden die Landwirte von Speditionen, die gegen die Erhöhung der LKW-Maut protestierten. Am Brandenburger Tor in Berlin sammelten sich am frühen Morgen Protestteilnehmer mit rund 200 Traktoren und Lastwagen. In vielen Orten Deutschlands müssen sich Autofahrer, Schüler und Busfahrgäste auf starke Behinderungen einstellen. Mehrere Kultusministerien der Länder kündigten an, dass Schüler entschuldigt werden, sollten sie es wegen der Aktionen nicht zum Unterricht schaffen.
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«Es ist ein Wahnsinn, was hier alles los ist», sagt Landwirt Arno Molter aus Hessen. Er hätte nie gedacht dass es so viele Traktoren geben würde. «Auch ganz viele andere Unterstützer sind im Konvoi, wie Handwerker, LKW und und und.»
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Dranbleiben, aber ohne Anfeindungen
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte zu einer Aktionswoche aufgerufen, um gegen die Streichung von Subventionen für die Branche zu demonstrieren. Dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. Dass die Bundesregierung einen Teil ihrer Sparpläne zurückgenommen hat, reicht dem Verband nicht. «Wir wollen, dass die Menschen, die arbeiten und das Land am Laufen halten, eine Zukunft haben», sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied an einer Veranstaltung. Die EU bestehe zu 70 Prozent aus ländlichen Räumen, deren Rückgrat die Bauern seien.
Wirtschaftsminister Robert Habeck wandte sich in einer Video-Ansprache an die Bevölkerung. Darin zeigte er ein gewisses Verständnis für die schwierige Lage der deutschen Landwirtschaft, wandte aber mehr als die Hälfte der Redezeit dafür auf, vor der Vereinnahmung der Proteste durch Extremisten zu warnen. Eine Grenze werde überschritten, wenn «an Traktoren Galgen hängen» und in sozialen Medien «Umsturzfantasien» verbreitet würden. «Der gemeinsame Feind sind die Anti-Demokraten», sagte Habeck.
Geplante Kürzungen zurücknehmen
Der Bauernverband forderte erneut, die geplanten Kürzungen zurückzunehmen. «Die nehmen der Landwirtschaft die Zukunftsfähigkeit. Vor allem gefährden wir am Ende die gesicherte Versorgung mit heimischen, hochwertigen Lebensmitteln», sagte Rukwied im RBB-Inforadio. «Wir setzen darauf, dass bei der Berliner Regierung die Vernunft einkehrt und dass man diese überproportionale Belastung der Landwirtschaft zurücknimmt. Das ist unser Kernziel bei den Demonstrationen.»
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Das vergangene Jahr sei das erste seit Jahrzehnten gewesen, in dem die Unternehmensergebnisse etwa durch gestiegene Preise für Milch, Getreide und Fleisch «gepasst» hätten, sagte Rukwied. «Die Milchpreise sind mittlerweile eingebrochen. Wir hatten in der Spitze 60 Cent, jetzt sind wir wieder bei rund 40 Cent. Die Schweinepreise sind rückläufig. Insbesondere bei Getreide, bei Raps sind die Preise eingebrochen», sagte der Bauernpräsident.
In Kombination mit höheren Energiepreisen und den jetzt vorgeschlagenen Subventionskürzungen führe das zu einem Einbruch der Einkünfte bei den Landwirten um mindestens ein Drittel. «Und das ist nicht hinnehmbar», sagte Rukwied weiter.
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Regierung kritisiert Blockaden
Bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser stiessen die geplanten Blockaden auf Kritik: «Wer andere Menschen, die eilig zur Arbeit, zur Schule oder zum Arzt müssen, im Alltag blockiert, der sorgt in allererster Linie für Wut und Unverständnis», sagte die SPD-Politikerin der «Rheinischen Post». Legitimer Protest ende da, wo andere in ihren Rechten verletzt würden. Wie andere Politiker forderte sie die Landwirte auf, sich von Extremisten deutlich abzugrenzen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck wandte sich in einer Video-Ansprache an die Bevölkerung. Darin zeigte er ein gewisses Verständnis für die schwierige Lage der deutschen Landwirtschaft, wandte aber mehr als die Hälfte der Redezeit dafür auf, vor der Vereinnahmung der Proteste durch Extremisten zu warnen. Eine Grenze werde überschritten, wenn «an Traktoren Galgen hängen» und in sozialen Medien «Umsturzfantasien» verbreitet würden. «Der gemeinsame Feind sind die Anti-Demokraten», sagte Habeck.
Rukwied betonte im ZDF: «Aktionen, die Gewalt mit sich bringen, sind ein No-Go». Man habe die Landes- und Kreisbauernverbände darauf hingewiesen, dass sie friedlich demonstrieren sollen. Alle Demonstrationen seien angemeldet. Die Frage, ob er in Sorge sei, dass die Bauern von Rechtsaussen unterwandert würden, verneinte Rukwied. «Wir sind politisch unabhängig», sagte der Bauernpräsident. «Wir bringen unsere Anliegen mit Nachdruck zum Ausdruck, aber auf Basis der demokratischen Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.»
«Wir bringen unsere Anliegen mit Nachdruck zum Ausdruck, aber auf Basis der demokratischen Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.»
Bauernpräsident Joachim Ruckwied ruft bei der Demonstration zur Mässigung auf.
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Bahn will reagieren
Ab Mittwoch, 10. Januar 2024 kommt es für viele Pendler ganz dick: Dann will die Lokführergewerkschaft GDL unter anderem bei der Deutschen Bahn streiken. Der Ausstand soll bis am Freitagabend dauern. Erfahrungsgemäss könnten auch andere Bahnunternehmen betroffen sein, wenn zum Beispiel Mitarbeiter in den Stellwerken streiken. Die Bahn kündigte an, einen Eilantrag gegen den Ausstand beim Arbeitsgericht Frankfurt einzureichen.