Wir haben Glück, wir leben in einem funktionierenden Rechtsstaat. Wir leben im Rahmen der staatlichen Spielregeln. Die Politik legt sie fest, die Verwaltung setzt sie um und die Gerichte nötigenfalls durch. Wir Bauern haben in der Schweiz nebst unserem politischen Interesse auch in der Betriebsführung enge Berührungspunkte mit unserem Recht. So habe auch ich unsere Gesetze in meiner Ausbildung, meinen Tätigkeiten vor der Hofübernahme, meinen Ämtern und als Bauer aus unterschiedlicher Perspektive kennengelernt.
Zugegeben, mich fasziniert die Macht des Wortes und noch mehr die Frage der Deutungshoheit. Die zahlreichen rechtlichen Zielkonflikte sind ein Spiegel unserer Gesellschaft und so spannend wie herausfordernd. Gleichzeitig hat diese Juristerei auch für mich etwas Befremdendes. Es ist absurd, wie in der Suche nach der möglichst exakten Ausdrucksweise zuerst die Leserlichkeit und dann die Verständlichkeit verloren gehen.
Die vier Gesetze
Ich glaube, es sind hauptsächlich vier Gesetze, die unsere Landwirtschaft langfristig formen: Landwirtschaftsgesetz, Raumplanungsgesetz, Zollgesetz und Bodenrecht. Alle vier sind aktuell politisch in Bewegung. Mit der Agrarpolitik 2030 wird das Landwirtschaftsgesetz einmal mehr umgekrempelt werden. Das Raumplanungsgesetz wurde jahrzehntelang reformiert, und die Umsetzung des RPG 2 ist weiterhin alles andere als klar. Das Zollgesetz kam vor allem mit den Bilateralen, aber auch mit zahlreichen Freihandelsabkommen in Bewegung. Nach einer krisenbedingten Pause scheint auch diese Front wieder Fahrt aufzunehmen. Seit Jahrzehnten ist die unberührte Konstante das Bodenrecht. Nachdem unsere Verbände sich jahrelang dagegen gewehrt haben, die Büchse der Pandora zu öffnen, liegt nun auch hier ein Reformpaket auf dem Tisch, um das in den 80ern entwickelte Gesetz zu entstauben.
Wir haben Glück, wir leben in einer Demokratie. Wir können mitgestalten. Natürlich sind wir alle überfordert, deshalb brauchen wir Verbände, die einen guten Job machen. Auch ich bin hie und da mit unseren Vertretern nicht einverstanden und schon gar nicht immer glücklich mit dem erreichten Resultat. Trotzdem bin ich ein überzeugter Verfechter unseres Systems und ein Fan von unseren basisdemokratischen bäuerlichen Organisationen. Jeder kann sich in dieses Netzwerk einbringen und mit guten Argumenten Gehör verschaffen.
Zur Person
Christian Galliker ist Landwirt und Agronom FH. Er führt mit seiner Familie einen Biobetrieb mit Pouletmast, Ackerbau und Mutterkuhhaltung. Er ist Mitbegründer der Junglandwirtekommission Zentralschweiz.