Die Nutzung von stillgelegten, aber voll erschlossenen Bauernhöfen ist ein vielerorts heiss diskutiertes Eisen, das auch auf dem politischen Parkett immer wieder Anlass zu Diskussionen gibt. «Wir müssen diese vorhandenen Ressourcen nutzen, anstatt sie ungenutzt zu verschwenden», richtete Thomas Burgherr (SVP, AG) in der laufenden Frühlingssession einen Appell an die Nationalrätinnen und Nationalräte.
Sie debattierten über seine Motion «Mehr Freiraum beim Umbau landwirtschaftlicher Bauten», die es ermöglichen soll, vollständig erschlossene, stillgelegte Bauernhöfe zu Wohnzwecken zu nutzen. Die Motion, die im Herbst vom Bundesrat zur Annahme empfohlen wurde, schaffte es knapp durch den Nationalrat, nun geht sie weiter an den Ständerat.
Das Problem der ungenutzten Ressourcen
«Das aktuelle Raumplanungsgesetz (RPG) ist in Bezug auf das Bauen ausserhalb der Bauzonen nicht zufriedenstellend», schreibt Nationalrat Thomas Burgherr in der Begründung für seine Motion. Gemäss RPG dürfen Bauten und Anlagen, die nicht mehr zonenkonform verwendet werden, nicht mehr benutzt oder als Wohnhäuser umgenutzt werden. Weiter gelten nutzbare Bauten ausserhalb der Bauzone, welche nicht mehr zonenkonform sind, grundsätzlich als in ihrem Bestand geschützt. «Das ist doch eine Verschwendung und eine bevormundende Einschränkung», findet der Motionär.
«Damit schafft das RPG Hürden für ein sinnvolles Bauen in landwirtschaftlichen Zonen», schreibt Burgherr in seinem Motionstext. Die im Zuge des Strukturwandels aus der Nutzung genommenen Gebäude seien ungenutzte Ressourcen, viele davon seien aktuell vom Einsturz bedroht. Hier biete die aktuelle Gesetzgebung «keinen Gestaltungsraum, dass bestehende Bauten im ländlichen Raum zu zeitgemässen Bauten und zu vernünftigen Kosten umgebaut werden können», so Burgherr. «Wir brauchen eine Gesetzgebung, die es erlaubt, bestehende Bauten effizient, effektiv und zeitgemäss umzubauen.»
Entsprechend fordert Burgherr mit seiner im Juni 2023 eingereichten Motion den Bundesrat dazu auf, «Massnahmen und Gesetzesanpassungen einzuleiten, sodass das Volumen von stillgelegten Bauernhöfen, welche voll erschlossen sind, besser genutzt werden kann.»
Einwand blieb ohne Erfolg
Harsche Kritik am Vorstoss des SVP-Nationalrats übte Beat Flaach (GLP, AG). Für ihn ist die Motion ein «Zurück auf Feld eins», da es dieselbe Diskussion sei, die im Rahmen der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG 2) geführt worden sei. Auch warf er Burgherr vor, sich in der Motion bezüglich der betroffenen Gebäude relativ ungenau auszudrücken. «Es wird zu einer Spekulationstätigkeit werden, solche Bauernhäuser ausserhalb der Bauzone zu Wohnzwecken umzubauen, Villen, Mehrfamilienhäuser ausserhalb der Bauzone zu erstellen», warnte Flaach.
Der Bundesrat stellt sich in der Debatte indes hinter den Motionär. Es sei sinnvoll, das bestehende Gebäudepotential besser zu nutzen, sagte Umweltminister Albert Rösti im Parlament. Entsprechend widersprach er Beat Flaach in der Debatte offen: «Ich bin jetzt schon etwas erschrocken, Herr Nationalrat Flaach, dass Sie wieder von Villen gesprochen haben», so Rösti. Diese Diskussion hätten sie tatsächlich schon geführt. «Es geht nicht um Villen, es geht nicht um x Familienhäuser», betonte Rösti. In der Motion sei auch klar festgehalten, dass es um die Umnutzung von mit Strom, Strasse, Wasser usw. vollständig erschlossene Bauernhöfe gehe.
Ein äusserst knapper Entscheid
Burgherrs Motion ist einer der seltenen Fälle, in denen sich der Bundesrat für eine Annahme des Vorstosses ausgesprochen hatte. Die Motion Burgherr sei offener formuliert als bisherige Anträge in dieselbe Richtung, beschied der Bundesrat im vergangenen Herbst mit Verweis auf Anträge aus dem Sommer 2023. Ausserdem beziehe sich Burgherr im Unterschied zu anderen Vorstössen explizit auf stillgelegte Gebäude. Sein Vorstoss könne folglich angenommen werden, damit nach zusätzlichen Freiräumen gesucht werden könne, so der Bundesrat.
Dazu ist es nun zumindest in der grossen Kammer gekommen: Der Nationalrat fällte seinen Entscheid mit 95 zu 93 Stimmen bei vier Enthaltungen. Als Nächstes wird der Ständerat über den Vorstoss entscheiden.