Auf dem Tisch des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) liegt ein Dokument, welches man am liebsten in Grossbuchstaben ausdrucken möchte. Unter dem Titel «Monitoring - Bauen ausserhalb der Bauzonen» zeigt der Standberichtbericht 2023 auf, was Vielen schon lange auffällt: Immer mehr Agrarland wird verbaut. «Die Situation ist dramatischer als bisher angenommen», schreibt «der Bund» als Reaktion auf die Veröffentlichung des Berichts im Mai sogar. Der Arealstatistik des Bundesamtes für Statistik zufolge würden demnach 36,4% der Siedlungsfläche ausserhalb von Bauzonen liegen. Das entspricht 119'175 Hektaren. Als Einordnung: Die Siedlungsfläche innerhalb der Bauzone beträgt 207'946 Hektare.
Hier sehen Sie ein grafisches Infoblatt des ARE zum Thema Gebäude ausserhalb der Bauzone
Strassen für die Landwirtschaft fallen stark ins Gewicht
Der Bericht erklärt den hohen Prozentsatz der Siedlungsfläche ausserhalb der Bauzone so: «Der hoch anmutende Anteil von gut 36% ist unter anderem eine Folge davon, dass in den ländlichen Räumen bzw. ausserhalb der Bauzonen die Erschliessung durch Strassen (u.a. für die Landwirtschaft) stark ins Gewicht fällt und verhältnismässig viel Fläche beansprucht.»
Die Kilometer summieren sich…
Auch 65% der Verkehrsflächen liegen ausserhalb von Bauzonen. Das ARE erklärt sich das so: «Das in der Schweiz vergleichsweise feinmaschige Netz von landwirtschaftlichen Erschliessungsstrassen, Auto- und Eisenbahnen, Überlandstrassen sowie Industrie- und Gewerbeareal beanspruchen ausserhalb der Bauzonen viel Fläche, da sich die Kilometer entsprechend summieren».
Jedes Jahr kommen 700 Hektaren Siedlungsfläche dazu
Das ARE räumt im Bericht ein, dass in den letzten Jahrzehnten schweizweit jedes Jahr über 700 Hektaren Siedlungsflächen ausserhalb der Bauzonen hinzugekommen sind. «Eine beachtliche Fläche, auch wenn der Wert in den letzten Jahren etwas tiefer lag als in den Jahrzehnten zuvor, wo die Siedlungsflächen teilweise jährlich sogar um mehr als 800 Hektaren zugenommen haben», stellen die Autoren das Wachstum in Relation.
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Landwirtschaftliche Gebäudeareale machen den Löwenanteil aus
Der grösste Anteil von Gebäudeareal ausserhalb der Bauzonen geht auf landwirtschaftliche Gebäude zurück. «Das Gebäudeareal ausserhalb der Bauzonen umfasst rund 36‘700 Hektaren. Weit über die Hälfte davon ist landwirtschaftliches Gebäudeareal, knapp ein Drittel ist Wohnareal», wie dem Bericht zu entnehmen ist. Es ist aber zu beachten, dass Ökonomiegebäude und Wohngebäude der Bauernfamilien auch als «landwirtschaftliches Gebäudeareal» betrachtet werden. «Das Wohnareal hingegen hat keinen direkten Bezug zur Landwirtschaft. Es handelt sich aber dennoch oft um ehemalige landwirtschaftliche Gebäude mit Wohnnutzung».
Landwirtschaftliche Gebäudeareale sind in den letzen 33 Jahren um 43% gestiegen
Im Bericht ist angemerkt, dass sich in den letzten 33 Jahren in der ganzen Schweiz hohe Zuwachsraten beim landwirtschaftlichen Gebäudeareal ausserhalb der Bauzonen feststellen lassen. «Prozentual gesehen sind diese Flächen um rund 43 Prozent gewachsen. Immerhin hat sich das Wachstum in der letzten Periode leicht abgeschwächt», so das ARE.
Auch bei der Kategorie Gebäudeflächen nehmen landwirtschaftliche Bauten am meisten Platz ein
Die Gebäudeflächen ausserhalb der Bauzonen haben in den letzten Jahrzehnten jährlich um gut 60ha zugenommen. Für die Flächenzunahme sind insbesondere – und in steigendem Masse – die landwirtschaftlichen Gebäude sowie – auf tieferem Niveau und in den letzten Perioden eher abgeschwächt – die Ein- und Zweifamilienhäuser verantwortlich.
Der Grund? Nachträgliche Meldungen und Gebäude werden «aufgeteilt»
Marco Kellenberger vom ARE vermutet einen der Gründe für den starken Zuwachs von nicht zonenkonformen Gebäuden in nachträglichen Gebäudemeldungen der Kantone und Gemeinden, die erst jetzt in der Statistik auftauchten, wie er gegenüber «dem Bund» erläutert. Zudem seien seit der letzten Erfassung in verschiedenen Fällen Gebäude «aufgeteilt» worden, weil es sich von der Definition her nicht um Einzelgebäude gehandelt habe. Kellenberger räumt aber ein, dass der Anstieg auch «auf reale Bautätigkeit» zurückgehen dürfte. Für Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz sind die neuen Zahlen in jedem Fall eine «Katastrophe», wie der Bund schreibt.