Bei der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes ist der Nationalrat am Montag in mehreren wichtigen Punkten auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt. So erklärte er sich einverstanden, unter bestimmten Bedingungen Umnutzungen nicht mehr benötigter Landwirtschaftsgebäude zu Wohnhäusern zuzulassen.
Mit 110 zu 72 Stimmen bei drei Enthaltungen räumte der Nationalrat die entsprechende Differenz zur kleinen Kammer aus. Eine Minderheit der vorberatenden Kommission argumentierte ohne Erfolg, wenn die Kantone Zonen bestimmen könnten, in denen solche Umnutzungen erlaubt seien, laufe dies dem Ziel der Revision zuwider.
Der Vorschlag des Ständerats führe zu Druck auf die Landwirtschaft, kritisierte Minderheitssprecherin Priska Wismer-Felder (Mitte/Luzern). Unterstützung erhielt sie insbesondere von der Ratslinken. Martina Munz (SP/Schaffhausen) sprach von einem «Schicksalsartikel». Es drohe ein Einfallstor für eine weitere Zersiedelung.
Rösti: «Verbesserung der Gesamtsituation»
Umweltminister Albert Rösti hob dagegen hervor, das Gesetz verlange bei solchen Umnutzungen Kompensationsmassnahmen und eine Verbesserung der Gesamtsituation. Die Befürchtung, dass irgendwo plötzlich ein Wohnblock entstehe, sei vollkommen unbegründet. Rösti gab zu bedenken, dass es für Bauern es ein wichtiges zusätzliches Einkommen bedeuten könne, wenn sie ein zusätzliches Zimmer vermieten könnten. Der Umweltminister äusserte Unverständnis darüber, dass einige Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft die Bestimmung zu den Umnutzungen ablehnten.
Benjamin Roduit (Mitte/Wallis) gab zu bedenken, dass ohne die Bestimmung eine Situation drohe, in der Maiensässe einfach dem Zerfall überlassen würden.
Stabilisierungsziel im Zentrum
Einig sind sich die Räte auch darin, den Abriss und Wiederaufbau von in der Zeit vor 1980 gebauten Restaurants ausserhalb der Bauzone sowie deren Erweiterung zu erlauben. Der Nationalrat wollte eine solche Bestimmung zunächst nur für Hotels.
Die Vorlage betrifft das Bauen ausserhalb der Bauzone. Herzstück der Gesetzesrevision ist ein Stabilisierungsziel. Die Kantone müssen im Richtplan festlegen, wie sie ausserhalb der Bauzone die Zahl der Gebäude und das Ausmass der Versiegelung stabil halten wollen. Sie müssen dem Bund regelmässig Bericht erstatten und falls nötig Anpassungen vornehmen.
Umstrittene Abbruchprämien
Dass nicht mehr genutzte Bauten aus der Landschaft verschwinden, wollen die Räte mit Anreizen erreichen. Neu sollen die Kantone unter gewissen Voraussetzungen Abbruchprämien für solche Gebäude bezahlen. Der Nationalrat erklärte sich am Montag einverstanden, dass solche Prämien bei landwirtschaftlichen und touristischen Bauten auch bezahlt werden können, wenn ein Ersatzneubau erstellt wird. Eine Mehrheit des Ständerates hatte zuvor moniert, sonst drohten alte Gebäude einfach stehen gelassen zu werden.
Kurt Egger (Grüne/Thurgau) warb ohne Erfolg für einen Kompromiss: Er wollte eine Prämie bei Abriss und Neubau landwirtschaftlicher Gebäude, nicht aber, wenn die Bauten touristisch genutzt werden. Egger vertrat die Ansicht, wenn landwirtschaftliche Bauten in der Landwirtschaftszone ersetzt würden, sei dies zonenkonform. Bei touristischen Ersatzneubauten sei dies nicht der Fall. Mehr noch: Wer statt in der Landwirtschafts- in der Bauzone neu baue, werde unter Umständen benachteiligt.
Beschränkung aufs Berggebiet
Nicht an einen Standort gebundene Nutzungen ausserhalb von Bauzonen – zugunsten der wirtschaftlichen Entwicklung – will der Nationalrat weiterhin nur im Berggebiet erlauben. Laut dem Ständerat sollen sie dagegen im ganzen Land möglich sein.
Eine weitere noch bestehende Differenz betrifft das Aufstellen von Mobilfunkantennen. Das Geschäft geht zurück an den Ständerat.
Die Raumplanungsrevision ist zugleich der indirekte Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative. Ob die Initianten nach den jüngsten Beschlüssen des Parlaments zu einem Rückzug des Begehrens bereit sind, ist allerdings offen, wie mehrere Rednerinnen und Redner in der Nationalratsdebatte unterstrichen.