Aluminiumdosen: Auf den ersten Blick harmlos – auf den zweiten Blick auch, wenn sie am richtigen Ort entsorgt würden. Dies geschehe jedoch nicht konsequent, davon ist Familie Kissling überzeugt. Die Viehhalter aus Rickenbach ZH verloren dieses Jahr eine Kuh, die eine Aluminiumdose im Pansen hatte (siehe Bild).
Wie viele Tiere an den Folgen von Aluminiumdosen im Pansen verenden, ist unklar (wir berichteten). Fest steht aber, dass die aus dem Fenster geworfenen Aluminiumdosen und PET-Flaschen unter Viehaltern für Aufregung sorgen.
In diesen Ländern gilt existiert bereits ein Pfandsystem
Land | Einwegbehältnisse | Mehrwegbehältnisse |
Schweiz | Nein | Ja |
Spanien | Nein | Nein |
Deutschland | Ja | Ja |
Italien | Nein | Nein |
Frankreich | Nein | Nein |
Österreich | Nein | Teilweise |
Norwegen | Ja | Ja |
Schweden | Ja (seit 1885) | Ja |
Dänemark | Ja | Ja |
Finnland | Ja | Ja |
Gilt bald ein Pflichtpfand auf allen Getränkedosen- und flaschen?
Laut einer Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt gelangen in der Schweiz jährlich 5000 Tonnen Plastik in Böden oder in Gewässer. Im Jahr 2012 reichte Nationalratsmitglied Alois Gmür (CVP/SZ) eine parlamentarische Initiative gegen Littering ein. Durch die Einführung eines Pflichtpfands auf Getränkedosen und -flaschen solle dagegen vorgegangen werden. Der Nationalrat lehnte die Vorlage damals jedoch ab. Im Juni 2019 reichte Gmür erneut einen Vorstoss mit demselben Ziel ein. Nun berät sich die zuständige Kommission an der kommenden Herbstsession im September über die Forderung.
Was ist ein Vorstoss?
Jedes Ratsmitglied hat das Recht, Vorstösse oder parlamentarische Initiativen einzureichen. Mit einem Vorstoss können sie den Anstoss für Massnahmen oder für neue Rechtsbestimmungen geben, sowie Auskünfte oder Berichte verlangen. Die Einreichung muss jeweils während den Sessionen geschehen.
Namhafte Politiker von links bis rechts unterzeichneten den Vorstoss. Dies wird der Forderung zusätzliches politisches Gewicht verleihen. Detailhändler sind jedoch anderer Meinung. Auch wurde der Vorschlag in den vergangen Jahren von der Recyclingbranche verworfen. Sie wehren sich gegen die Einführung eines Pflichtpfandes und weisen darauf hin, dass das heutige Recyclingsystem bereits seit 30 Jahren mit geringen Kosten sehr gut funktioniere, sagt der Sprecher der IG Detailhandel Schweiz gegenüber dem Schweizer Nachrichtenportal Watson. Die Neustrukturierung des Systems würde Kosten in der Höhe von 290 Millionen Franken verursachen, heisst es beim Bundesamt für Umwelt (Bafu).
Klare Argumente dagegen
Auch der Verband Swiss Recycling sieht den «hohen Recycling-Komfort in der Schweiz bedroht», wenn ein Pflichtpfand eingeführt würde. So gäbe es keine Sammelorte mehr in den Quartieren, Büros oder Bahnhöfen und es wäre nur noch der Handel für die Rücknahme zuständig, warnt der Verband. Die Anzahl Sammelstellen würde von 100 00 auf 7000 sinken, heisst es bei Swiss Recycling. Ebenfalls befürchte man, dass nicht mehr, sondern weniger zurückgebracht wird und das Littering eher gefördert würde, so der Sprecher der IG Detailhandel Schweiz gegenüber «Watson».
«Trotz Pfand besteht das Littering-Problem»
Remo Linggi vom Verein PET-Recycling Schweiz zweifelt ebenfalls an der positiven Wirkung des Pflichtpfandes. «Das Littering-Problem könne so nicht gelöst werden», ist er überzeugt.
Der Verein setze sich unter anderem für die Sensibilisierung und Verbesserung der Recycling-Infrastruktur im öffentlichen Raum ein. Auch biete der Verein Aus- und Weiterbildungen im Bereich Recycling an und investiere in moderne Sortier- und Recycling-Anlagen. Er betont, dass so alle Akteure – ob Getränkehersteller, Handel oder Verwerter – ein Interesse am Recycling haben.
Minimum Ein-Franken-Pfand nötig
Umweltorganisationen befürworten ein Pflichtpfand, sofern damit eine höhere Recyclingquote erreicht werden könne. Um einen Lenkungseffekt zu erzielen, würden 50 Rappen pro Behältnis aber nicht ausreichen, sagt Jean-Claude Würmli, Geschäftsführer vom PET-Recycling Schweiz. «Wenn abends die Geschäfte schon geschlossen sind, würde kaum jemand seine Cola-Flasche vom Ausgang nach Hause nehmen, um sie am nächsten Tag ins Geschäft zu retournieren. Da wäre wohl mindestens ein Franken nötig», vermutet Würmli.
Recycling-Fakten aus der Schweiz
- Gemäss dem Bafu erreicht die Schweiz über alle Getränkeverpackungen hinweg eine Verwertungsquote von 93 %.
- Laut dem Bafu beträgt die Recycling-Quote bei PET-Flaschen 83 %, bei Alu-Dosen 92 % und bei Glasflaschen 94 % .
- In der Schweiz gibt es rund 100 00 Sammelstellen.
- Take-away-Verpackungen, Zigarettenstummel, Plastiksäcke und Zeitungen machen 83 % des Litterings aus.
- Die Schweizer PET-Verwertungsquote war früher, als es noch ein Pfand gab, tiefer als sie es heute ist.
- Laut der ETH Zürich sind die Littering-Zahlen trotz einer wachsenden Bevölkerung und mehr Unterwegsverpflegung jedoch stabil bis rückläufig.