Das Postauto von Brig nach Domodossola ist bis auf den letzten Platz von Wanderern besetzt. Es herrscht eine fröhliche Stimmung und jede und jeder erzählt über die Sitze hinweg, wohin der Ausflug heute führt.
Die Sennerei in Simpon-Dorf ist vielen ein Begriff: «Dort kann man das beste Joghurt kaufen.» «Die haben den besten Raclettekäse. Gemacht wird er von einer jungen Frau.»
Mit Milch arbeiten
Die junge Frau heisst Liliane Arnold, ist ausgebildete Milchtechnologin und arbeitet bei der Genossenschaftssennerei als stellvertretende Betriebsleiterin. «Ich wusste schon als kleines Mädchen, dass ich einmal einen Beruf erlernen wollte, der mit Milch zu tun hat», erzählt sie.
Landwirtin wäre eine Alternative gewesen, aber sie sei glücklich bei ihrer heutigen Tätigkeit. Diese biete ihr eine geradezu ideale Lebensgrundlage.
«Mein Beruf beinhaltet Fitness und Wellness zugleich. Dank dieser Stelle kann ich weiterhin in meinem Heimatort wohnen und begegne trotzdem vielen Leuten aus aller Welt.»
Im Dorf verwurzelt
Liliane Arnold ist Bauerntochter und im Dorf aufgewachsen. Es bedeutet ihr viel, dass sie ihre Familie ganz in der Nähe hat; so ist ihr direkter Vorgesetzter Felix Arnold ein Onkel. In ihrer Freizeit hilft sie oft ihrem Bruder Roman auf dem Landwirtschaftsbetrieb, den er vor fünf Jahren von den Eltern übernommen hat.
Auf die engen Familienbande angesprochen, meint Liliane Arnold lachend: «Diese Einstellung passt aus meiner Sicht zu einer Walliserin; wir fühlen uns in der Familie wohl und eingebunden.»
Zudem biete ihre Arbeitsstelle grosse Abwechslung: Ihr Arbeitstag beginnt morgens um sechs Uhr. Sie nimmt die Milch entgegen und labt sie ein.
Aus Milch wird Käse
Das heisst, die Milch wird erhitzt und bei 20 Grad wird ihr eine Bakterienkultur beigemischt, die für die optimale Säuerung im Käse sorgt. Bei rund 30 Grad kommt das Labenzym hinzu.
Schritt für Schritt geht die Verarbeitung weiter, bis der Käse der Molke entnommen und in runde Formen gegeben werden kann. Zwischendurch bedient Liliane Arnold immer wieder Kunden im Sennereiladen.
Glück trotz Umfall
Sie sei ein Glückskind, betont sie mehrmals im Gespräch, auchwenn ihr Berufseinstieg mit Hindernissen verlief. Zu ihrer grossen Freude fand sie damals mit 17 eine Lehrstelle bei der Augstbordkäserei im Walliser Ort Turtmann.
Doch im zweiten Lehrjahr verletzte sie sich den Arm bei einem Arbeitsunfall. Einige Zeit sah es so aus, als müsste sie ihren Traumberuf aufgeben. Der Arzt habe ihr verschiedene Varianten empfohlen, doch alle hätten mit «Büro» zu tun gehabt.
Das war so gar nicht nach Liliane Arnolds Geschmack, doch sie hatte tatsächlich Glück im Unglück: Obwohl sie längere Zeit körperlich nicht arbeiten konnte, absolvierte sie erfolgreich ihren Lehrabschluss.
Viel Landwirtschaft
Vor zwölf Jahren kam sie zurück in ihren Heimatort Simplon-Dorf. In der 330-Seelen-Ortschaft auf knapp 1400 Meter über Meer gibt es bis heute zehn Landwirtschaftsbetriebe.
Die sieben Milchbauern sind in einer Sennereigenossenschaft zusammengeschlossen und liefern rund 850 00 Liter Milch jährlich. Daraus produzieren drei Vollzeitangestellte rund 86 Tonnen Käse, wobei der Hauptteil auf Simplon Raclette AOP fällt.
Spezialitäten aus Simplon-Dorf
Daneben erzeugen sie weitere Spezialitäten wie Butter, Rahm, Ziger und Joghurt. Die Sennerei zahlt den Bauernfamilien einen fairen Milchpreis. Der dürfte höher sein als jener in der Deutschschweiz. Den genauen Betrag will Liliane Arnold nicht nennen, weil er jährlich variiere.
Die Genossenschaft zahlt einen Grundpreis. Ende Jahr werden Aufwand und Investitionen abgerechnet und ein eventueller Überschuss den Produzenten ausbezahlt. «Unsere Bauern erhalten zudem eine sogenannte Qualitätszahlung, die man mit den Bonuszahlungen bei den Banken vergleichen kann», lacht sie.
Handwerk zahlt sich aus
Über die Zukunft von Käsereiprodukten macht sich Liliane Arnold keine Sorgen. Sie ist überzeugt, dass ihr Handwerk nicht ausstirbt. «Die Konsumenten wollen wissen, woher die Produkte kommen und wie sie verarbeitet wurden.»
Zudem meint sie, dass Walliser AOP-Produkte eben eine Spur anders seien. Denn hier würden die Kühe besseres Gras fressen als in anderen Teilen des Landes. Im Wallis gebe es noch Blumenwiesen und wenn die Kühe drei Monate auf der Alp seien, sei ihre Wiese reich mit Kräutern gedeckt.
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